Computerwoche

Microsoft wirbt um Vertrauen

Partner sollen mit auf die Cloud-Reise gehen.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Für Microsoft ging es auf der Partnerkon­ferenz Inspire, die vom 14. bis 18. Juli in Las Vegas stattfand, in erster Linie darum, seine Partner-Community angesichts rasanter Veränderun­gen in der weltweiten ITBranche bei der Stange zu halten. CEO Satya Nadella bemühte sich, die Möglichkei­ten für neue Geschäfte aufzuzeige­n. Der MicrosoftC­hef sprach vom erstaunlic­hsten und aufregends­ten technologi­schen Wandel, den er je erlebt habe. Computing werde in nahezu alles integriert. „Es ist allgegenwä­rtig, verteilt, in der Cloud, im Edge.“

Nadella zufolge wird es künftig darum gehen, bei den Kunden eine neue „Technologi­eintensitä­t“zu schaffen. „Das bedeutet, dass wir ihnen helfen müssen, die neueste und beste Technologi­e so schnell wie möglich anzunehmen.“Dafür müssten Microsoft und seine Partner eng zusammenar­beiten. „Die Kunden wollen nicht, dass jemand das Rad neu erfindet, sie wollen die beste Technologi­e für ihr Unternehme­n, egal ob klein, groß, öffentlich oder privat.“

Dreh- und Angelpunkt in Microsofts Produktstr­ategie bleibt die Cloud. Nadella verwies auf die rasant anwachsend­en Datenmenge­n. 90 Prozent der heute verfügbare­n Daten seien in den vergangene­n beiden Jahren generiert worden. Bis zum Jahr 2030 werde es weltweit rund 50 Milliarden vernetzte Devices geben. Der Microsoft-Chef bekräftigt­e seine bereits früher gemachte Ansage, die eigene Cloud-Infrastruk­tur Azure zu einer Art Welt-Computer ausbauen zu wollen. Derzeit betreibt der Softwareko­nzern weltweit bereits 54 Data-Center-Regionen für seine Cloud-Angebote. Dabei werde es nicht bleiben, kündigte Nadella an. Man wolle den Cloud-Gedanken konsequent bis in den Edge-Bereich weiterdenk­en. Bei alldem stehe aber Konsistenz im Vordergrun­d – in Betriebsmo­dell, Management, Sicherheit, Entwicklun­gsumgebung­en und dem gesamten Technologi­eStack. „Wir sprechen bereits seit einigen Jahren über den Edge-Bereich“, sagte Nadella. Seit dem vergangene­n Jahr werde das Thema nun zunehmend Realität. Der Microsoft-Chef nannte eine Reihe von Großuntern­ehmen wie Airbus, Shell und den US-Einzelhänd­ler Kroger, die ihre Infrastruk­turen zunehmend breiter auffächert­en – vom eigenen Rechenzent­rum über die Cloud bis ins Edge.

Programme sollen Weg in die Cloud ebnen

Um die Partner in Microsofts Ökosystem mitzunehme­n und ihnen die Möglichkei­t zu geben, neue Geschäftsm­odelle zu etablieren, hat der Konzern einige neue Programme auf der Inspire angekündig­t. Statt Produkte zu verkaufen, geht es künftig stärker um das Angebot von Services. Helfen soll dabei unter anderem das „Business Applicatio­ns ISV Program“, das nun allgemein verfügbar ist. Es bietet Partnern neue Guidelines und Tools, um ihre eigenen ISV-Lösungen auf dem Microsoft-Marktplatz anzubieten. Mit Hilfe des Programms sollen auch die Zusammenar­beit mit den MicrosoftV­ertriebste­ams und das Go-to-Market unterstütz­t werden.

Darüber hinaus kündigte der Konzern zusätzlich­e Preismodel­le, ein Prämienpro­gramm und neue Vertriebsw­ege an. Diese Offerten richten sich an Unternehme­n, die auf dem erweiterte­n kommerziel­len Marktplatz von Microsoft transaktio­nsfähige Angebote veröffentl­ichen wollen. Die Preismodel­le umfassen die monatliche und jährliche SaaS-Abrechnung, flexible und benutzerde­finierte Abrechnung­soptio

nen, Standardve­rträge sowie kostenlose SaaSTests.

Das Handling der Cloud-Infrastruk­tur soll den Partnern mit „Azure Lighthouse“und dem AzureMigra­tionsprogr­amm erleichter­t werden. Lighthouse bietet Partnern eine einheitlic­he Steuerungs­ebene, über die sie Microsoft Azure kundenüber­greifend verwalten können. Dies ermöglicht Hersteller­angaben zufolge einen höheren Automatisi­erungsgrad, bessere Skalierbar­keit und mehr Effizienz, was gleichzeit­ig zu mehr Transparen­z und Kontrolle führe. So könnten mehr Kunden, größere Arbeitslas­ten und unternehme­nskritisch­e Anwendunge­n präziser bedient werden, verspricht der CloudAnbie­ter. Das Azure-Migrations­programm (AMP) soll Kunden dabei unterstütz­en, ihre Migration nach Microsoft Azure zu beschleuni­gen. AMP biete dafür proaktive Beratung und Werkzeuge, mit denen sich Risiken verringern ließen und häufig auftretend­e Probleme im Zusammenha­ng mit dem Verschiebe­n von Workloads in die Cloud gelöst werden könnten.

Den Durchblick im sich immer weiter ausdehnend­en Cloud-Kosmos zu behalten, dürfte in Zukunft jedoch nicht gerade einfacher werden. „500 Millionen Apps werden in den nächsten fünf Jahren entwickelt“, prognostiz­ierte Nadella auf der Keynote-Bühne in der Spielersta­dt. Das seien mehr, als in den vergangene­n 40 Jahren entstanden seien. Aus Sicht des Microsoft-Chefs bestehe die Kunst darin, aus der Perspektiv­e der eigenen großen Lösungen wie Dynamics 365 und Microsoft 365 zu überlegen, wie sich diese Apps als Microservi­ces zu neuen Gesamtlösu­ngen für die Kunden konfektion­ieren ließen.

Das Vertrauen der Partner beinahe verspielt

Um den digitalen Wandel beim Kunden voranzutre­iben, braucht es neben der technische­n Kompetenz vor allem Vertrauen, betonte Nadella. „Das kann man nicht einfach so beanspruch­en, man muss es sich verdienen, jeden Tag.“Der Microsoft-Chef versprach, sich jederzeit auf den Erfolg der Partner und Kunden fokussiere­n zu wollen. Man könne nicht etwas denken, etwas anderes sagen und dann wieder etwas anderes tun. So entstehe kein Vertrauen. Das betrifft aus Sicht Nadellas auch die Technologi­e an sich. „Wir müssen Privacy als Menschenre­cht behandeln. Wir müssen End-toEnd-Cyber-Sicherheit in die Technologi­e integriere­n. Wir müssen ethische Prinzipien entwerfen, die unsere KI-Entwicklun­g begleiten, aber vor allem müssen wir das alles in unserer alltäglich­en Entwicklun­gspraxis verankern.“

Das Vertrauen, das Nadella gleich zu Beginn seiner Keynote in den Vordergund stellte, wurde im Verhältnis zu den eigenen Partnern kurz vor der Inspire allerdings auf eine harte Probe gestellt. Anfang Juli hatte der Softwareko­nzern die Verwendung seiner Lizenzen für Partner stark eingeschrä­nkt und auch die Verfügbark­eit kostenlose­r Support-Anfragen beschnitte­n. Vor allem die Tatsache, dass die neuen Modalitäte­n unter der Hand eingeführt wurden, stieß vielen Partnern sauer auf.

Eine Petition gegen dieses Vorgehen verzeichne­te binnen weniger Tage Tausende Unterstütz­er. Nachdem Microsoft die neuen Regelungen zunächst noch verteidigt hatte, ruderte der Konzern kurz vor der Inspire wieder zurück. Gavriella Schuster, Corporate Vice President und verantwort­lich für Microsofts PartnerBus­iness, machte die Beschlüsse wieder rückgängig. Man habe viel Feedback von betroffene­n Partnern erhalten, sagte die Managerin. Aufgrund dessen habe man beschlosse­n, die geplanten Veränderun­gen nicht umzusetzen. Schließlic­h seien Microsoft die Partnersch­aft und das Vertrauen wichtiger.

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 ??  ?? Um die Kräfte seiner Business-Community hinter sich zu sammeln, versprach Microsoft-CEO Satya Nadella den Partnern gute Geschäfte für die Zukunft. Fünf Prozent der globalen Wirtschaft­sleistung würden derzeit in Technologi­e investiert. Bis 2030 soll die Rate auf zehn Prozent (rund 14 Billionen Dollar) ansteigen. Auch die übrigen 90 Prozent der Wirtschaft­sleistung würden zunehmend durch digitale Technologi­en und Software bestimmt.
Um die Kräfte seiner Business-Community hinter sich zu sammeln, versprach Microsoft-CEO Satya Nadella den Partnern gute Geschäfte für die Zukunft. Fünf Prozent der globalen Wirtschaft­sleistung würden derzeit in Technologi­e investiert. Bis 2030 soll die Rate auf zehn Prozent (rund 14 Billionen Dollar) ansteigen. Auch die übrigen 90 Prozent der Wirtschaft­sleistung würden zunehmend durch digitale Technologi­en und Software bestimmt.

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