Begehrte und teure Entwickler
Der Dekra-Arbeitsmarkt-Report bestätigt, was viele Unternehmen täglich erleben: Softwareentwickler werden überall händeringend gesucht, häufig erst nach längerer Zeit gefunden und in der Regel fürstlich bezahlt. Gutes Social-Media-Marketing hilft beim Rec
So gut wie jedes Unternehmen sucht Softwareentwickler. Das kostet, denn die Begehrten verdienen überdurchschnittlich, wie eine Veranstaltung der COMPUTERWOCHE zeigte.
Die COMPUTERWOCHE lädt regelmäßig Personalverantwortliche ein, um den Erfahrungsaustausch zu pflegen. Im Juli war es wieder so weit: Im Mittelpunkt eines „Business Breakfast“stand eine Dekra-Studie zum Arbeitsmarkt für Softwareentwickler. Die Analyse von knapp 14.000 Stellenanzeigen hatte ergeben, dass Entwickler gleich nach Elektrikern und Elektroinstallateuren die am häufigsten gesuchten Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind. Mehr als jedes dritte IT-Jobangebot richtet sich an Entwickler, im Bereich der IT-Berufe sind sie am stärksten gefragt, sagte Dekra-Berater Peter Littig.
Bei ihren Erwartungen an die Bewerber machen die Unternehmen trotz der Knappheit keine Zugeständnisse. Ein Informatikstudium fordern 83 Prozent, auch die IT-Ausbildungsgänge stehen hoch im Kurs. Umworben sind auch Bewerber mit einem Ingenieurstudium. Vor allem Elektroingenieuren eröffnet die Softwareentwicklung eine vielversprechende Berufsperspektive. Zudem wünschen sich viele Firmen Berufserfahrung in ihrem Fachgebiet (42 Prozent). Bei gut einem Drittel der Stellen kommen nur Bewerber zum Zug, die schon seit vielen Jahren in der IT arbeiten.
Programmieren, testen und implementieren
Das Aufgabenprofil formulieren die Stellenanzeigen ganz klar: Die meisten Softwareentwickler sollen für ihren neuen Arbeitgeber programmieren, validieren und testen. Weitere Aufgaben sind: Software implementieren, integrieren, warten und anpassen. In gut einem Drittel der Stellenanzeigen sollen Entwickler als Softwarearchitekten arbeiten oder Anforderungsanalysen erstellen. Als Programmiersprachen erwarten die Unternehmen Kenntnisse in Java (40 Prozent) und C++ (38 Prozent). Ausdrücklich genannt werden zudem Soft Skills wie Teamfähigkeit, Kommunikationsstärke, Eigeninitiative, Selbständigkeit und strukturiertes Denken. Dekra-Mann Littig merkte kritisch an, dass in den Stellenangeboten fast immer ein Hinweis auf Lernbereitschaft und -fähigkeit fehle: „Wir müssen uns immer schneller auf neue Themen einstellen, Lernfähigkeit wird aber selten genannt.“
Entwickler auf Jobsuche haben vor allem in der IT-Industrie, dem Maschinen- und Fahrzeugbau sowie in der Elektroindustrie große Chancen. Die Arbeitgeber locken mit flexiblen Arbeitszeiten, Weiterbildung, attraktiven Sozialleistungen sowie Gesundheits- und FitnessAngeboten. Eine besonders wichtige Rolle spielt das Gehalt, wie eine exklusive Analyse von knapp 6000 Gehaltsdaten von Softwareentwicklern durch Compensation Partner ergab. Die Zahlen, die COMPUTERWOCHE-Ressortleiter Hans Königes den anwesenden Personalverantwortlichen präsentierte, hatten es in sich. Bewegen sich Frontend-Entwickler mit einem Einstiegsgehalt von jährlich 40.400 Euro noch im üblichen Rahmen, müssen die Unternehmen für Backend-Entwickler von Anfang an tiefer in die Tasche greifen: Auch ohne Berufserfahrung verdienen Backend-Entwickler im Mittel 52.200 Euro. Nach 15 Jahren driften die Gehälter dieser beiden Entwicklergruppen noch stärker auseinander: Während der Frontend-Experte dann rund 54.500 Euro kassiert, liegt das Jahresgehalt des Backend-Entwicklers bei rund 72.700 Euro.
Teuer für die Firmen und lukrativ für die Spezialisten wird es, wenn die Entwickler Personal
verantwortung übernehmen. Obwohl viel über gleichwertige Karriereperspektiven für Fachund Führungskräfte diskutiert wird, hat Führungsverantwortung nach wie vor starke monetäre Auswirkungen: Eine Leitung lohnt sich bereits, wenn das Team nur aus einem bis drei Mitarbeitern besteht – dann steigt das Salär auf durchschnittlich 105.500 Euro im Jahr. Zählen 16 bis 30 Mitarbeiter zum Team, stocken viele Firmen das Jahresgehalt noch einmal um rund 10.000 Euro auf.
Staunten die Anwesenden bei diesen Zahlen schon nicht schlecht, wich einigen Mittelständlern die Farbe aus dem Gesicht, als Königes ihnen erklärte, dass die gezahlten Gehälter in München noch höher ausfallen. Liegt das durchschnittliche Einkommen eines berufserfahrenen Backend-Entwicklers in Deutschland bei 61.200 Euro, kann er in München mit 75.000 Euro Jahresgehalt rechnen.
In München verdienen Entwickler am besten
„München ist für IT-Experten ein lukrativer Arbeitsort. Hier verdienen Fachkräfte im Median rund 75.000 Euro und Führungskräfte über 130.000 Euro“, erläutert Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner. Das gelte für alle Branchen: „IT-Fachkräfte verdienen auch in kapitalschwächeren Branchen attraktive Gehälter. So liegt ihr Einkommen in sozialen Einrichtungen oder dem Einzelhandel beispielsweise bei über 60.000 Euro im Jahr.“Natürlich ist dabei zu berücksichtigen, dass München ein teures Pflaster ist und die Menschen mehr verdienen müssen, um ein ähnlich angenehmes Leben zu führen wie anderswo.
Wer noch über die Berufswahl nachdenkt, sollte eine IT-Fachausbildung in seine Überlegungen einbeziehen, wie Böger aus den Statistiken schließt: „Das Erlernen von IT-Wissen zahlt sich aus und es muss nicht unbedingt immer ein Studium sein: IT-Fachkräfte mit Ausbildungshintergrund liegen im Median bei über 55.000 Euro, studierte Master-Absolventen beziehen im Laufe ihrer Karriere rund 65.000 Euro.“
Die Unternehmen müssen sich nicht nur auf höhere Gehälter, sondern auch auf eine monatelange Suche nach Experten einstellen. Ein Manager erzählte, dass sein Team sogar ein ganzes Jahr nach einem Data Scientist fahndete und den Vertragsabschluss schließlich ausgiebig an einer Hotelbar feierte.
Recruiting bei Datev: Kicker und Plätzchen
Unternehmen investieren viel in Social Media und Employer Branding. Ein moderner WebAuftritt, eine starke Präsenz auf Twitter und schöne Bilder auf Facebook und Instagram sollen helfen, talentierte IT-Experten zu finden. Stefan Scheller von Datev gab einen Einblick, was sich sein Unternehmen einfallen lässt, um an guten IT-Nachwuchs zu kommen. Der Jurist arbeitet seit 19 Jahren für das Nürnberger Softwarehaus und bezeichnet sich als „bunten Hund“, der schon als Rechtsanwalt, Trainer bei McDonalds und Hochzeitsfotograf seine Brötchen verdient hat. Seit einigen Jahren bloggt er erfolgreich unter Persoblogger.de, bei Datev kümmert er sich heute als Fachberater um Personal-Marketing und Employer Branding.
Um den Firmennamen bekannter zu machen, organisiert Datev Crypto-Rallyes auf Messen, Grill-Events in einem der firmeneigenen Innenhöfe, verschenkt grüne Bademäntel auf Musikfestivals oder sponsert kurzfristig ein Kickerturnier an der Hochschule in Nürnberg. Um Kontakte zu Studierenden zu knüpfen, verteilten Praktikanten selbstgebackene Plätzchen an Informatikstudenten.
Der richtige Umgang mit Kritik auf Kununu
Wie viele andere Unternehmen präsentiert sich auch Datev auf dem Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu.de von seiner Schokoladenseite mit Firmenprofil und schönen Bildern. Doch frustrierte (Ex-)Mitarbeiter sowie abgewiesene Bewerber hinterlassen dort auch lange, kritische Kommentare.
Während viele Unternehmen solche öffentliche Kritik ignorieren und nicht darauf reagieren, geht Scheller den unbequemen Weg. Er erzählte, dass er sich abends mitunter noch an den Rechner setzt und den Kritikern eine persönliche Antwort schreibt. Darin geht er konkret auf die Vorwürfe ein und versucht manches zu erklären. Durchaus räumt er auch Fehler seines Unternehmens ein. Mit seiner ehrlichen, direkten Art erarbeitet er sich den Respekt der Kritiker. Nicht selten beginnt so eine Konversation, die hilfreich für beide Seiten ist.
„Man muss es schaffen, da zu sein, authentisch und ansprechbar zu sein“, empfiehlt Scheller. Auch wenn der Arbeitsvertrag unterschrieben ist, sollten Unternehmen sich nicht entspannt zurücklehnen, denn dann beginne erst die eigentliche Personalarbeit. Datev bezeuge den neuen Mitarbeitern mit einem „On-Boardingoder Welcome Day“Wertschätzung und erleichtere ihnen den Einstieg ins Unternehmen, wie Scheller berichtet.