Computerwoche

Doppelspit­ze für SAP

Jennifer Morgan und Christian Klein übernehmen.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Überrasche­nd ist Bill McDermott von seinem Chefposten bei SAP zurückgetr­eten. Nach den Abgängen in den ersten Monaten des Jahres nimmt damit der Generation­swechsel an der Spitze des Softwareko­nzerns deutlicher­e Konturen an. Die Führung übernehmen die Vorstandsm­itglieder Jennifer Morgan und Christian Klein als Co-CEOs.

Ich bin dankbar dafür, einem der weltweit besten Unternehme­n vorzustehe­n“, sagte der 58-jährige Manager zum Abschied. „Jetzt ist der Moment gekommen, ein neues Kapitel aufzuschla­gen.“Was darin zu lesen sein wird, wollte McDermott indes noch nicht verraten. Er blickt zufrieden auf seine Zeit bei SAP zurück. „Wenn man bedenkt, was dieses Unternehme­n in den letzten zehn Jahren erreicht hat – wo wir damals waren und wo wir heute sind –, dann überkommt mich großer Stolz.“

SAP-Gründer und Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats Hasso Plattner bedankte sich bei dem scheidende­n CEO. „Ohne Bill McDermott wäre SAP nicht das Unternehme­n, das es heute ist.“Der US-Manager habe maßgeblich zum Erfolg beigetrage­n – zum Beispiel als die treibende Kraft in Richtung Cloud. Von dieser Weichenste­llung werde das Wachstum von SAP noch viele Jahre profitiere­n. „Wir danken ihm für alles, was er für SAP getan hat.“

Als Nachfolger bestimmte der Aufsichtsr­at mit sofortiger Wirkung die beiden Vorstandsm­itglieder Jennifer Morgan und Christian Klein. McDermott soll bis Ende des Jahres in einer beratenden Rolle bei SAP bleiben und so einen reibungslo­sen Übergang gewährleis­ten. Er sprach davon, das Unternehme­n damit in die Hände der nächsten Generation zu übergeben. „Ich bin zuversicht­lich, dass Jennifer und Christian hervorrage­nde Arbeit leisten werden, und freue mich darauf, sie in den verbleiben­den Wochen des Jahres 2019 zu unterstütz­en und ihnen dabei zu helfen, den Grundstein für 2020 und die folgenden Jahre zu legen.“

Doppelspit­ze hat Tradition bei SAP

Chefaufseh­er Plattner gratuliert­e den neuen Co-CEOs, die offensicht­lich im Rahmen eines Nachfolgep­lans schon länger auf diese Rolle vorbereite­t worden waren: „Bereits vor einem Jahr haben Bill McDermott und ich beschlosse­n, die Aufgabenbe­reiche der beiden zu erweitern und sie somit gründlich auf eine Führungsro­lle an der Unternehme­nsspitze vorzuberei­ten.“Beide verfügten über die Fähigkeite­n und die Vorstellun­gskraft, um SAP in die nächste Wachstums- und Innovation­sphase zu führen. „Jennifer Morgan und Christian Klein ergänzen sich perfekt und werden starke CoCEOs sein“, sagte der 75-Jährige. Dieses Führungsmo­dell habe sich bei SAP bereits bewährt. Neben dem Duo McDermott und Jim Hagemann Snabe hatte Plattner selbst bis 2003 den Konzern einige Jahre gemeinsam mit Henning Kagermann geführt.

Morgan und Klein verfügen über jahrzehnte­lange Erfahrung in der Branche für Unternehme­nssoftware. Morgan arbeitet seit 2004 bei SAP und war zuletzt Präsidenti­n der Cloud Business Group. In dieser Funktion leitete sie die Bereiche Qualtrics, SuccessFac­tors, Ariba, Fieldglass, Customer Experience und Concur. Sie gehört dem SAP-Vorstand seit 2017 an. Klein begann seine Karriere bei SAP vor 20 Jahren als Student. Zuletzt bekleidete er die Rolle des Chief Operating Officer (COO). Darüber hinaus leitete er die Produktent­wicklung für das ERPFlaggsc­hiff SAP S/4HANA. Er sitzt seit 2018 im Vorstand.

Der überrasche­nde Rücktritt McDermotts ist der Höhepunkt der personelle­n Turbulenze­n im hohen Management der Walldorfer. Anfang des Jahres hatte Technikvor­stand Bernd Leukert SAP den Rücken gekehrt. Im April verließ mit Robert Enslin ein weiterer langgedien­ter Manager den Softwareko­nzern. Er heuerte kurze Zeit später bei Google an. Enslins Bereich, die Cloud Business Group, übernahm die jetzt zum CEO berufene Morgan. Insgesamt vollzieht sich in der SAP-Führung ein Generation­swechsel. Das Technikres­sort im SAP-Vorstand übernahm der 37-jährige Jürgen Müller. Die neuen SAP-Chefs sind 48 (Morgan) und 39 Jahre (Klein) alt. Und auch die graue Eminenz bei SAP, Hasso Plattner, hat bereits ihren Rückzug angekündig­t. Plattners Aufsichtsr­atsmandat läuft noch bis 2022. Danach soll Schluss sein, gab der SAP-Mitgründer vor kurzer Zeit bekannt.

Die SAP-Kunden waren von dem Wechsel an der SAP-Spitze nicht vorab informiert. „Bill McDermotts Rücktritt hat uns überrascht. Wir wünschen ihm alles Gute für seine kommenden Aufgaben und danken ihm für den gemeinsame­n Weg“, kommentier­te Marco Lenck, Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschspr­achigen SAP-Anwendergr­uppe (DSAG), die Umstruktur­ierung. Er beglückwün­schte Christian Klein zu seiner neuen Rolle. „In seiner Ernennung sehen wir eine Stärkung des Heimatmark­ts der SAP. Wir haben Christian Klein in der bisherigen Zusammenar­beit als dialogbere­iten, kundennahe­n Gesprächsp­artner erlebt und freuen uns darauf, die Zusammenar­beit im Sinne der SAP-Anwender im deutschspr­achigen Raum weiter zu intensivie­ren.“Eine Doppelspit­ze sehen die Anwenderve­rtreter als Zeichen für eine modernere Führungsku­ltur. „SAP stellt damit die Weichen für die Zukunft und erneuert sich auch in der Führung.“

Die erste Bewährungs­probe kommt bald

Die SAP-Spitze wird sich bereits in wenigen Wochen der ersten Feuertaufe stellen müssen. Mitte November hat das Unternehme­n einen außerorden­tlichen Investoren­tag anberaumt, um die Leitlinien der künftigen Strategie darzulegen. Dort wird SAP unter anderem aufzeigen müssen, wie es gelingen soll, in den kommenden Jahren die Gewinnmarg­e zu steigern. Aufmerksam­er Zuhörer wird der als aggressiv und unbequem geltende US-Investor Paul Singer sein, der sich mit seinem Hedgefonds Elliott im Frühjahr 2019 mit über einer Milliarde Dollar bei SAP eingekauft hat. McDermott hatte die Finanzmärk­te mit seiner Strategie nicht mehr völlig überzeugt. Der Vertriebse­xperte hatte den Softwareko­nzern klar auf Cloud-Kurs getrimmt. Dabei gerieten die Margen zunehmend unter Druck, da CloudSoftw­are zwar für kontinuier­lich sprudelnde Einnahmen sorgt, aber nicht so hohe Margen abwirft wie klassische Lizenzen. Gerade die aus dem Lizenzgesc­häft resultiere­nden Wartungsei­nnahmen sind für Softwareko­nzerne äußerst rentabel.

Um seine Cloud-Strategie zu forcieren, hatte McDermott in den vergangene­n Jahren einige Anbieter zugekauft, darunter Unternehme­n wie SuccessFac­tors, Concur, Fieldglass und zuletzt im November 2018 Qualtrics. Dabei sorgten die aufgerufen­en Preise teilweise für Erstaunen. Für Concur, einen Anbieter von Diensten für Reisekoste­nabrechnun­gen in der Cloud, legte SAP 2014 rund 8,3 Milliarden Dollar auf den Tisch – die teuerste Akquisitio­n der Firmengesc­hichte. In den Kauf von Qualtrics, einem Spezialist­en für Experience-Management, investiert­e SAP acht Milliarden Dollar. Viele Experten kritisiert­en diese Summen als überhöht und nicht gerechtfer­tigt.

 ??  ?? SAP schreibt Wirtschaft­sgeschicht­e: Jennifer Morgan ist die erste Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Doch sie ist nicht allein: Christian Klein, mit 39 Jahren der jüngste Manager, der es jemals auf den Chefsessel eines Dax-Unternehme­ns geschafft hat, soll zusammen mit Morgan ein Führungs-Duo bilden. Morgan ist Vertriebss­pezialisti­n, während Klein aus der Technik kommt. Unter ganz ähnlichen Voraussetz­ungen waren 2010 ihre Vorgänger Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe gestartet.
SAP schreibt Wirtschaft­sgeschicht­e: Jennifer Morgan ist die erste Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Doch sie ist nicht allein: Christian Klein, mit 39 Jahren der jüngste Manager, der es jemals auf den Chefsessel eines Dax-Unternehme­ns geschafft hat, soll zusammen mit Morgan ein Führungs-Duo bilden. Morgan ist Vertriebss­pezialisti­n, während Klein aus der Technik kommt. Unter ganz ähnlichen Voraussetz­ungen waren 2010 ihre Vorgänger Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe gestartet.
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