SAPs Business Technology Platform vereint Business-Services und Plattform-Services
Operationale mit Experience-Daten zu verknüpfen war schon auf der diesjährigen Sapphire das große Thema des scheidenden SAP-Chefs Bill McDermott (siehe Seite 8). Die Business Technology Platform positioniert SAP nun als intelligente Datendrehscheibe zwischen den Datenwelten.
Serverless-Computing-Dienst hat SAP nicht im Programm. Andere Services der Cloud-Anbieter baut SAP selbst in das eigene Cloud-Portfolio ein, beispielsweise für die Authentifizierung von Nutzern. Allerdings konkurriert SAP auch mit AWS, Google und Co., wie Rothermel einräumt. Das betrifft beispielsweise Bereiche wie Machine Learning. Grundsätzlich ziehen die Walldorfer eine Trennlinie zwischen Infrastruktur-nahen Diensten, die sie nicht selbst erbringen möchten und gerne den Cloud-Providern überlassen, sowie Business-relevanten Services, die eher direkten Prozessbezug haben. Hier positioniert sich SAP mit eigenen Angeboten und steht damit im Wettbewerb mit seinen Cloud-Partnern.
Mit der neuen Stoßrichtung in Richtung Cloud hat sich einiges beim Softwareanbieter aus dem Badischen verändert, berichtete Rothermel. Zwar folge die SAP Cloud Platform mit ihrer Microservices-Architektur den altbekannten Prinzipien der Service-orientierten Architekturen (SOA). Technisch sehe es in der Cloud jedoch ganz anders aus. Von der SAP-eigenen Middleware und Integrationstechnik Netweaver aus der On-Premise-Welt stecke nichts mehr in der Cloud-Lösung. Auch die Art und Weise, wie Software entwickelt und ausgerollt wird, hat sich grundlegend gewandelt, so Rothermel. Dabei habe man durch die zahlreichen Cloud-Zukäufe der vergangenen Jahre einiges gelernt. Während SAP früher seine Software per DVD-Stapel oder Download zu den Kunden gebracht habe, kümmerten sich heute die eigenen DevOps-Teams um den Betrieb der SAP-Systeme in den verschiedenen Clouds. Dabei seien die Entwickler stärker motiviert, dass alles funktioniere, konstatierte der SAP-Mann mit einem Schmunzeln. Schließlich wolle keiner am Wochenende herausgeklingelt werden, weil die Software nicht mehr läuft. Cloud-ready zu sein sei aber auch eine Aufgabe für die Kunden. Schließlich gelte es, deutlich schneller getaktete Update- und ReleaseZyklen mitzugehen. Dabei wolle SAP jedoch darauf achten, nicht zu schnell zu sein und seine Kunden nicht zu überfordern, sagte CTO Müller. So offeriere der Konzern den Anwenderunternehmen in bestimmten Bereichen, in denen SAP Updates im Wochenrhythmus ausspielt, diese zu sammeln und dann konsolidiert in einem vierteljährlich getakteten Turnus zu implementieren.
Die Ankündigungen SAPs, seine Integrationsanstrengungen zu forcieren und auch an den Preismodellen zu arbeiten, wird auf Anwenderseite begrüßt. Wiederholt hatten Vertreter der Deutschsprachigen SAP-Anwendergruppe (DSAG) in den vergangenen Jahren gefordert, der Softwarehersteller müsse seine Produkte besser miteinander verknüpfen. Gerade hin
sichtlich der Integration der verschiedenen Cloud-Zukäufe in den SAP-Softwarekosmos, der Harmonisierung von Datenmodellen und flexiblerer Lizenzmetriken mahnte die User Group Verbesserungen an. „Die Stoßrichtung stimmt“, kommentierte Steffen Pietsch, Technikvorstand der DSAG, die jüngsten Ankündigungen. SAP nehme die Sorgen und Anliegen seiner Kunden wahr und arbeite an Lösungen. Den Ansatz, die Integration auf die CloudPlattform zu verlagern, findet Pietsch richtig. Eine Migration des ERP-Kernsystems in die Cloud komme zwar für die meisten Anwender zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht in Frage. Erweiterungen würden jedoch vielfach über die Cloud angegangen.
„SAP hat verstanden, dass sie mehr für Integration tun müssen“, konstatierte auch Frank Niemann, Vice President Enterprise Apps & Related Services bei teknowlogy PAC. Dafür habe aber nicht nur der Druck der Anwender gesorgt. Auch der SAP-Vertrieb dürfte ein gesteigertes Interesse an einer besseren Integration der verschiedenen Produkte haben. „SAP hat in den vergangenen Jahren viel Geld in Zukäufe investiert.“Nun gehe es darum, mit einer besseren Integration die Geschäfte anzukurbeln. Darüber hinaus müsse sich SAP aber auch darum kümmern, seine Produkte für die Anwender leichter konsumierbar zu machen, so der Analyst. Bisher habe sich das Go-toMarket zu sehr auf einzelne Produkte bezogen. „Das sollte sich ändern“, sagt Niemann. Vielmehr gelte es für SAP, einen integrierten, eher lösungs- beziehungsweise End-to-End-Prozessorientierten Ansatz zu entwickeln.
Tatsächlich scheint sich der Softwarekonzern neben dem Fokus auf die technische Plattform auch wieder stärker auf sein Prozess-Knowhow besinnen zu wollen. Die Nähe zu den Anwendern und die detaillierte Kenntnis ihrer betriebswirtschaftlichen Abläufe hatten die Walldorfer groß gemacht. In einem Whitepaper, in dem die SAP ihre strategischen Ansprüche gegenüber der eigenen Klientel beschreibt, ist die Rede davon, „Innovationen in die intelligente Suite einzubetten, um Kunden einen Mehrwert out of the box bieten zu können“. Es gehöre zu SAPs obersten Prioritäten, Kunden nicht nur einen Satz von Anwendungen, sondern auch eine Reihe von intelligenten und vernetzten Geschäftsprozessen über alle Fachabteilungen hinweg liefern zu können. Integration und Innovation in die intelligente Suite werde die Kundenzufriedenheit und die Akzeptanz von SAPs Fachanwendungen weiter erhöhen, so die Hoffnung der Walldorfer.
Analytics wird fest eingebaut
Dazu beitragen sollen neben der Out-of-theBox-Integration der dafür benötigten Funktionen auch zusätzliche, fest in den Anwendungen verdrahtete Tools wie beispielsweise Embedded Intelligence oder Embedded Analytics. Erst im September hatte SAP das neueste Release seiner Analytics Cloud angekündigt. Darin enthalten seien Erweiterungen für komplexe Analysen, Unternehmensplanung, ein Analysedesigner sowie eingebettete Analysen, hieß es. SAP Analytics Cloud soll auch in SAP-SuccessFactors- und SAPS/4HANA-Lösungen integriert werden. Darüber hinaus bietet SAP Anwendern zusätzliche Möglichkeiten, mehr Aufgaben zu automatisieren. Dafür seien vorkonfigurierte Funktionsblöcke für Robotic Process Automation (RPA) fest in Anwendungen wie S/4HANA integriert. Das betrifft beispielsweise Fachbereiche wie das Finanzwesen oder den Vertrieb, aber auch bestimmte Branchen wie Professional Services oder das produzierende Gewerbe. SAP spricht an dieser Stelle von Building Blocks, mit deren Hilfe Anwender intelligente RPA-Workflows bauen könnten.
Technikchef Müller kündigte an, grundsätzlich mehr Intelligenz in die SAP-Anwendungen bringen zu wollen. So arbeitet der Hersteller beispielsweise an dem Tool „Spotlight“, das Prozesse mit hohen manuellen Anteilen automatisch identifizieren soll. Mit Hilfe eines anderen Werkzeugs sollen sich im nächsten Schritt RPA-Bots mehr oder weniger automatisiert generieren lassen. Darüber hinaus forciert SAP die Entwicklung von Machine Learning (ML). Mehr als 200 Cases seien bereits live und könnten über einen ContentMarktplatz bezogen sowie in Anwendungen integriert werden, bekräftigte der SAP-Vorstand auf der TechEd.