Das Social Web birgt Risiken
An diese Regeln müssen sich Unternehmen halten.
Soziale Netzwerke wie Instagram, Facebook, Xing, LinkedIn & Co. sind weder aus dem privaten noch dem beruflichen Alltag wegzudenken. Arbeitgeber und Mitarbeiter sollten einige Grundregeln beachten, wenn berufliche Aspekte eine Rolle spielen – sonst ist das Risiko groß, sich vor dem Arbeitsrichter wiederzusehen.
Drei Viertel der deutschen Bevölkerung gehen täglich online. Dabei weist Facebook mit seinen 32 Millionen Nutzern in Deutschland eine besonders große Reichweite auf. Aber auch Instagram mit 15 Millionen sowie Xing als das führende berufliche Netzwerk im deutschsprachigen Raum mit 16 Millionen Nutzern sind beliebte Social Networks, die täglich mit neuen Daten, Bildern und Informationen gefüllt werden. Dabei können die sozialen Netzwerke neben der zwischenmenschlichen Interaktion ebenso als Informationsquelle für jedermann über alles und jeden genutzt werden.
So können sich auch Arbeitgeber ohne Weiteres Informationen über ihre Arbeitnehmer verschaffen und deren Bilder ansehen. Möglicherweise diskriminieren sie Bewerber aufgrund dessen oder ziehen Rückschlüsse, die in einem Arbeitsverhältnis Streitigkeiten und Rechtsprobleme nach sich ziehen können.
Zuerst einmal stellt sich die grundsätzliche Frage: Ist der Arbeitgeber überhaupt berechtigt, die Profile seiner Arbeitnehmer anzuschauen, zu kritisieren und von privaten Postings auf das Berufsleben Rückschlüsse zu ziehen? Oder stellt das eine Verletzung der Arbeitnehmerrechte dar?
Trotz Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gibt es nach wie vor keine ausreichenden Regelungen zum Datenschutz des Arbeitnehmers. Dieser Zustand wird von vielen Seiten kritisiert. Der Gesetzgeber hat zwar umfangreiche Neuerungen zum Datenschutz durchgesetzt, aber er hat es versäumt, verbindliche Regeln für die entscheidenden
Probleme des Beschäftigtendatenschutzes zu normieren.
Eine wichtige Rolle spielen soziale Netzwerke bereits vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses, wenn es um die Bewerberauswahl geht. Regelmäßig werden Daten des Jobsuchenden aus Quellen im Internet zu dessen Beurteilung herangezogen. Auch wenn es eine Rechtsgrundlage gäbe, die es dem potenziellen Arbeitgeber untersagen würde, sich im Vorhinein im Internet über einen Bewerber zu erkundigen, wäre die Umsetzung in der Praxis nicht möglich. Würde der Bewerber eine Absage aufgrund eines dem Arbeitgeber missfallenden Postings erhalten, wäre es im Normalfall nicht nachweisbar, dass sich der potenzielle Arbeitgeber genau deswegen gegen ihn entschieden hat.
Heute gilt: Es stellt keinen Eingriff in die Privatsphäre dar, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern bei Instagram & Co. folgt. Wenn der Angestellte seine Daten, Bilder und Postings öffentlich zugänglich macht, muss ihm bewusst sein, dass nicht nur Freunde und Bekannte von diesen Informationen Kenntnis erhalten. Grundsätzlich ist die Mitgliedschaft in privat genutzten Netzwerken dem Privatleben des Arbeitnehmers zuzuordnen.
Von einem pflichtbewussten Beschäftigten kann jedoch erwartet werden, dass er auf offensichtlich unangemessene und besonders polarisierende Darstellungen seiner Person, die in direktem Zusammenhang mit der Beschäftigung zu sehen sind, auf den sozialen Plattformen zum Schutz des Unternehmensimages verzichtet. Je nach Ausmaß der Veröffentlichungen steht es dem Arbeitgeber frei, angemessene arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen.
Andererseits umfasst die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers nicht die persönliche Lebensgestaltung des Beschäftigten. So können Angestellte nicht dazu verpflichtet werden, Unternehmensinhalte über private Accounts zu liken oder zu teilen. Auch kann der Arbeitgeber nicht fordern, dass das Unternehmen im privaten Profil erwähnt wird, da dies eine Einschränkung der Arbeitnehmerrechte darstellen würde.
Sonderfall Xing und LinkedIn
Anders verhält es sich bei berufsorientierten Netzwerken wie Xing oder LinkedIn. Eine Mitgliedschaft auf diesen Plattformen kann eine Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses darstellen. Allerdings gilt auch hier der Schutz der personenbezogenen Daten, die somit die Grenzen des Weisungsrechts des Arbeitgebers aufzeigen.
Gehören die Pflege und der Auftritt des Unternehmens zum Aufgabenbereich des Arbeitnehmers, hat er sich an die vorgegebenen Inhalte und die Richtlinien des Betriebs zu halten, vorausgesetzt, es gibt welche. Entscheidend ist auch die Frage, ob die in sozialen Netzwerken dokumentierten Äußerungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers, welche den Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen beleidigen, bedrohen oder unwahr sind, auch zu einer Abmahnung oder sogar Kündigung ohne vorherige Abmahnung führen können.
Freie Meinungsäußerung hat Grenzen
Der Arbeitnehmer darf die strafrechtlichen Grenzen grundsätzlich nicht überschreiten. Dies gilt sowohl für Äußerungen in Social Networks als auch in der realen Welt. Dabei kann er sich auch nicht auf den Schutz seines privaten Accounts berufen, wenn er seine Postings allgemein zugänglich gemacht hat. Auch das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung erreichen hier ihre Grenzen.
Der Beschäftigte kann nicht dazu aufgefordert werden, sein gesamtes Privatleben auf das Ansehen des Arbeitgebers abzustimmen. Dennoch unterliegt er den Grenzen des Rücksichtnahmegebots, welches bei strafrechtlich relevanten Äußerungen überschritten wird. Grundsätzlich ist er zu Verschwiegenheit und Loyalität verpflichtet. Dies gilt nicht erst seit der Erfindung der sozialen Netzwerke. Betriebsgeheimnisse dürfen seit jeher nicht preisgegeben werden. So enthält jeder professionelle Arbeitsvertrag eine Klausel zu den Konsequenzen bei unberechtigter Weitergabe von Betriebsgeheimnissen. Diese Vorschriften wirken ebenso bei der Veröffentlichung solcher Angaben auf sozialen
Plattformen. Hier kann der Verstoß des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber noch gravierender sein, da die Äußerung in der Regel eine höhere Reichweite hat.
Social-Media-Richtlinien im Arbeitsvertrag
Die neuen Medien bieten auch im Arbeitsrecht keinen rechtsfreien Raum. Aufgrund der nach wie vor unklaren Rechtslage kann den Arbeitsvertragsparteien jeweils nur empfohlen werden, Maßnahmen zu treffen, die Missverständnissen und Konflikten vorbeugen.
So kann der Arbeitgeber sogenannte SocialMedia-Guidelines in den Arbeitsvertrag aufnehmen. Diese Regeln sollten für sämtliche Angehörige des Unternehmens gelten und neben der Positionierung der Firma in sozialen Netzwerken Datenschutzhinweise und auch die Nutzung des Internets am Arbeitsplatz beinhalten. Sollte ein Betriebstrat bestehen, muss dieser der Einführung der Social-Media-Richtlinien zustimmen. Das Unternehmen sollte eindeutig die Vorgaben zum Internet-Auftritt in Bezug auf Sprache, Inhalt und Form der Präsentation kommunizieren. Arbeitgeber sollten auch auf notwendige Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter achten. Grundlagen zum Thema allgemeines Persönlichkeitsrecht, Meinungsfreiheit, Urheber- und Markenrecht sowie zu den aktuellen Datenschutzbestimmungen sollten vorhanden sein.
Der Arbeitnehmer sollte sich vor dem Anlegen eines Profils in einem sozialen Netzwerk darüber bewusst werden, dass potenziell jeder allgemein zugängliche Daten einsehen und daraus Rückschlüsse ziehen kann. Somit sollte sich jeder vor der Veröffentlichung überlegen, was er preisgeben möchte. Auf den Plattformen kann die Sichtbarkeit der Daten und Postings explizit eingestellt werden. So kann jeder weitestgehend für sich entscheiden, wie viel er der Öffentlichkeit zugänglich machen möchte.