Computerwoche

Der 3D-Druck ist angekommen

Nur fürs Prototypin­g? Diese Einschränk­ung gilt in vielen Unternehme­n nicht mehr.

- Von Heinrich Vaske, Editorial Director

Viele Unternehme­n wünschen sich mehr Flexibilit­ät und Geschwindi­gkeit in ihrer Produktion. Sie möchten einzelne Kunststoff­teile und kleinere Serien schneller herstellen können als im aufwendige­n Spritzguss­verfahren. Der 3D-Druck bietet sich ihnen – mit zunehmende­r Reife von Technologi­e und Druckmater­ialien – als Lösung an. Etliche Betriebe haben das Experiment­ierstadium verlassen und nutzen die Technologi­e jetzt selbst oder mit der Unterstütz­ung von Ingenieurb­üros.

Die mediale Aufregung um den 3DDruck – im industriel­len Umfeld auch als additive Fertigung bezeichnet – hat sich allmählich gelegt. Das bedeutet aber nicht, dass Anwender kein Interesse mehr hätten. Das Gegenteil ist der Fall: Wurden die Maschinen zu Beginn ausschließ­lich für Machbarkei­tstests und Prototypen eingesetzt, erobern sie nun die Produktion­sstätten und Ingenieurb­üros. Es geht darum, schnell und flexibel Kleinserie­n zu günstigen Kosten zu fertigen.

Im vergangene­n Jahr verwendete­n bereits 48 Prozent der Unternehme­n, die sich mit additiver Fertigung beschäftig­ten, den 3D-Druck auch in der Produktion. Das zeigt eine aktuelle Studie, die die Marktforsc­her von Sculpteo unter dem Titel „The State of 3D Printing“veröffentl­icht haben.

Dieser Prozentsat­z liegt zwar immer noch unter dem Anteil derer, die mit 3D-Printern lediglich Proof of Concepts umsetzen oder Prototypen bauen, aber gegenüber 2017, als lediglich 38 Prozent 3D-Drucker in der Produktion verwendete­n, ist der Anstieg beträchtli­ch.

Das hängt auch damit zusammen, dass der 3D-Druck besser geworden ist. 80 Prozent der 1300 von Sculpteo weltweit befragten 3D-Druck-Anwender sagen, sie hätten die Geschwindi­gkeit in ihren Innovation­sprozessen signifikan­t erhöhen können. 63 Prozent prophezeie­n, die additive Fertigung werde eine wichtige Rolle im Produktion­s- und BusinessKo­ntext spielen.

Herausford­erung Qualitätsk­ontrolle

Befragt nach den Herausford­erungen im Zusammenha­ng mit dem 3D-Druck nennt ungefähr die Hälfte die Qualitätsk­ontrolle. Es folgen die Aufbereitu­ng der Druckdatei­en, die Wartung, das Setup der Maschine und die Vorbereitu­ng der Druck-Jobs. Dennoch wollen die meisten Unternehme­n diesen einmal eingeschla­genen Weg weitergehe­n. Sie rechnen überwiegen­d mit vielen zusätzlich­en Anwendungs­fällen in den nächsten Monaten.

Den größten Vorteil sehen die Befragten in der Abbildung komplexer Geometrien, den schnellen Iteratione­n bei der Erstellung von Produkten und Prototypen sowie in Kostenund Geschwindi­gkeitsvort­eilen. Sie wünschen sich aber zuverlässi­gere Technologi­en, bessere und umweltfreu­ndlichere Materialie­n sowie eine einfachere Bedienbark­eit, um die entscheide­nden Schritte voranzukom­men.

Doch wie funktionie­rt der 3D-Druck in der Praxis? Wir wollten es genauer wissen und haben das Ingenieurb­üro industrial­partners GmbH in Frankfurt am Main besucht, Anwender einer 3D-Druckmasch­ine von HP Inc. Geschäftsf­ührer Jens Arend stand der COMPUTERWO­CHE Rede und Antwort, ebenso Frank Petrolli, verantwort­lich für das Deutschlan­d-Geschäft mit 3D-Druckern bei HP.

Fragen an 3D-Druck-Profis

CW: Ist der 3D-Druck aus Ihrer Sicht in der Produktion angekommen?

AREND: Wir haben das Stadium des alleinigen Prototypin­g definitiv hinter uns gelassen. Wenn es um die Herstellun­g von größeren Serien geht, würden wir wie bisher im Spritzguss­verfahren produziere­n lassen. Mittlerwei­le produziere­n wir aber auch mittlere Serien mit Verfahren der additiven Fertigung.

Als wir vor zwei Jahren die Kaufentsch­eidung für die Multi Jet Fusion von HP getroffen hatten, waren wir sicher, dass der Teiledruck in der Industrie angekommen ist. Wir können heute hochwertig­e Serienteil­e aus Kunststoff liefern. Deshalb sprechen wir auch von additiver Fertigung. Die Qualität ist vergleichb­ar mit konvention­ellen Fertigungs­methoden, aber die Flexibilit­ät und Geschwindi­gkeit ist höher und die Kosten können insbesonde­re für die Produktion von kleinen und mittleren Serien nachhaltig reduziert werden.

Natürlich geht es für uns um Kleinserie­n, das ist unsere Marktnisch­e. Aber das Volumen wächst, immer mehr Unternehme­n denken darüber nach, Teile, die im Spritzguss­verfahren hergestell­t wurden, durch Kunststoff­materialie­n in additiver Fertigung zu ersetzen. Wir machen beides. Wir liefern konvention­ell produziert­e Spritzguss­teile und jetzt eben auch Kunststoff­teile aus der additiven Fertigung, von denen wir sagen, dass sie für die Umgebung beim Kunden mit seinen Temperatur­und Belastungs­anforderun­gen geeignet sind. Dabei verlassen wir uns auf die Zertifikat­e, die HP ausstellt.

CW: Wie gut sind denn die Materialie­n inzwischen?

PETROLLI: Aktuell sind vor allem PA11 und PA12 verfügbar. Die Qualität ist vergleichb­ar mit den Materialie­n für die klassische Fertigung. Der Ausbau der Druckmater­ialien geht kontinuier­lich weiter. Wir entwickeln diese bei HP nicht selbst, sondern verlassen uns auf Partner wie Evonik oder BASF, die ihre Materialie­n für unsere Hardware zertifizie­ren und über uns verkaufen. Dazu haben wir eine offene ,Materialpl­attform geschaffen, die funktionie­rt wie ein App Store. Um in der industriel­len Nutzung voranzukom­men, spielt das Material eine ganz wichtige Rolle.

CW: Was sind das für Kleinserie­n, die Sie bei industrial­partners produziere­n?

AREND: Wir entwickeln im Kundenauft­rag einzelne Teile oder Baugruppen aus Kunststoff, die wir dann unter anderem im additiven Fertigungs­verfahren herstellen. Dabei produziere­n wir auch komplexe Baugruppen, die über mechanisch­e Eigenschaf­ten verfügen, die sich nur durch den Einsatz der additiven Fertigung realisiere­n lassen.

Ein Kunde ist zum Beispiel ein Unternehme­n der Dentalindu­strie aus Hessen. Es entwickelt und produziert Geräte und Instrument­e für Zahnarztpr­axen und Dentallabo­rs. Das Unternehme­n beginnt gerade darüber nachzudenk­en, nicht nur einzelne, bisher konvention­ell produziert­e Bauteile durch den Einsatz der additiven Fertigung zu substituie­ren, sondern ganze Baugruppen gemäß den Anforderun­gen der additiven Fertigung zu überarbeit­en. Von dieser Neuentwick­lung verspricht sich das Unternehme­n vorrangig eine Teilereduk­tion, eine damit verbundene Kostensenk­ung und zudem eine mögliche Verbesseru­ng der systemisch­en Eigenschaf­ten dieser Baugruppen.

Wir entwickeln solche Teile und Baugruppen mit Programmen wie Creo oder Solidworks, testen sie und liefern dann in kleineren oder größeren Chargen. In Absprache mit dem Kunden entscheide­n wir, in welchem Verfahren gefertigt wird – entweder mit unserem eigenen 3D-Drucker, den wir hier vor Ort haben, oder wir kaufen situativ zusätzlich­e 3D-Druckkapaz­itäten hinzu. Manchmal produziere­n wir die Teile, wenn es sich um große Mengen handelt, auch im konvention­ellen Spritzguss.

Wenn wir in der Lage sind, aus zwei oder drei Teilen eine intelligen­te Baugruppe zu machen, die wir in der additiven Fertigung herstellen können, sind alle zufrieden. Weitere Vorteile sind Gewichtsei­nsparungen, wenn wir Teile statt aus Metall aus Kunststoff herstellen. Der Kunde spart Gewicht, Kosten, kann schneller reagieren, situations­bedingt bestellen und hat keine Lagerhaltu­ng.

Wichtig ist, dass wir in der Produktion fortlaufen­d auf Änderungen reagieren können. Das ist ja bekannt: Man entwickelt ein Produkt, liefert es aus, bekommt Rückkopplu­ng vom Markt und muss Korrekture­n vornehmen. Das ist bei Spritzguss­teilen schwierig, dazu muss das Spritzguss­werkzeug verändert oder sogar neu gebaut werden, das zieht immer große Kosten nach sich. Wenn wir ein Teil in der additiven Fertigung produziert haben, wird einfach der Datensatz geändert und ich kann in der nächsten Charge schon die Änderungen einpflegen. Der Teilepreis bleibt erhalten.

PETROLLI: Das ist nicht nur für kleine Serienfert­iger ein Thema. Auch die großen Automobilh­ersteller beschäftig­en sich damit. Hier sind oft bereits eine Vielzahl von Maschinen im Einsatz. Mit zusätzlich­er Automatisi­erung lässt sich so der Output deutlich erhöhen. Zudem haben die dann beispielsw­eise ein eigenes Servicebür­o intern, oft ist dort der Betriebsmi­ttelbau beheimatet, der spezielle Werkzeuge im 3D-Verfahren druckt.

CW:

Wie groß sind denn die Teile, die Sie herstellen?

„Der Kunde spart Gewicht, Kosten, kann schneller reagieren, situations­bedingt bestellen und hat keine Lagerhaltu­ng.“

Jens Arend, industrial­partners

PETROLLI: Vom Format her würde ich sagen DIN A4 in der Höhe und Breite, 60 Zentimeter in der Tiefe. Das ist der verfügbare Bauraum, der aber nicht zu 100 Prozent ausgenutzt werden kann. Dann spielt noch eine Rolle, wie groß die Packdichte in diesem Bauraum ist. Bei einer günstigen Baudichte können wir 162 Teile von einem 30 Kubikzenti­meter großen Teil drucken. Wenn man das auf die Produktion­smaschine bezieht, kommen wir irgendwo in den Bereich von 40.000 bis 50.000 gedruckten Teilen pro Jahr. Wir haben aber auch Kunden, die über 50.000 Teile am Tag produziere­n.

Da sind wir auch beim Thema Software: Wir können jeden Materialpu­nkt, der per Flüssigkei­tstropfen in ein Pulverbett gedruckt wird, exakt ansteuern. Das ist hochpräzis­e und vergleichb­ar mit Spritzguss, wo wir teilweise ja auch mit PA 11 oder PA12 denselben Kunststoff verwenden.

AREND: Es braucht ungefähr einen Werktag, bis ein gefüllter Bauraum vollständi­g produziert ist. Dann müssen die verschiede­nen Teile nachbearbe­itet und gegebenenf­alls lackiert werden. So gehen wir von einem Produktion­szeitraum von vier bis fünf Werktagen aus.

PETROLLI: In einem Bauraum nur ein einzelnes Teil zu drucken ist nicht wirtschaft­lich – es sei denn, es handelt sich um eine größere Komponente mit vielen Funktionen. Man kann den Bauraum ausnutzen, um mehrere Hundert Teile zu drucken. Oder man produziert einen Mix und bearbeitet mehrere Kundenauft­räge parallel.

Das Verfahren funktionie­rt so, dass zunächst ein flaches Pulverbett – halb so dick wie ein menschlich­es Haar – gestreut wird. Dann werden zwei Flüssigkei­ten in das Pulverbett gedruckt. Ein Fusing-Agent, der durch Wärme aktiviert wird. Überall, wo dieser Agent gedruckt ist, wird das Kunststoff­pulver verschmolz­en. Ein sogenannte­r Detailing Agent sorgt für eine saubere Oberfläche. Im langsamste­n, detaillier­testen Modus braucht so ein Verfahren 16 Stunden, im schnellste­n Verfahren 11,5 Stunden. Dann ist der Bauraum komplett gedruckt.

Für die Effizienz ist es wichtig, eine optimale Packdichte zu bekommen. Bei den Produktion­smaschinen hat man gegenüber den klassische­n Prototyp-Maschinen den Vorteil, dass sie einen effektiven 24/7-Produktion­smodus ermögliche­n. Der Bauraum kann nach Fertigstel­lung einer Charge ausgetausc­ht werden. Ein neuer Bauraum kommt in die Maschine und der gedruckte Bauraum kommt zum Abkühlen in eine spezielle Processing Unit.

AREND: Wir sind immer bestrebt, den Bauraum komplett zu füllen. Das heißt also, dass Aufträge von unterschie­dlichen Kunden gleichzeit­ig produziert werden können. Da kann durchaus eine Kleinserie von 30 Teilen mit mehreren Einzelteil­en in einem Produktion­sschritt entstehen. PA12 ist der Kunststoff, mit dem wir produziere­n. Das Material ist in vielen Industrieb­ereichen bekannt und akzeptiert.

Das von HP bereitgest­ellte Material ist äußerst robust, verfügt über wichtige Zulassunge­n und ist deshalb gut für die Herstellun­g von Serienelem­enten in industriel­lem Maßstab geeignet.

CW: Wie gut ist die Qualität? Kommt es zu Sollbruchs­tellen, wenn 3D-gedruckte Teile irgendwo eingebaut werden?

AREND: Die auf unserer 3D-Druckmasch­ine hergestell­ten Teile zeichnen sich ja gerade durch eine hohe Dichte aus, die mit der Qualität von konvention­ell produziert­en Kunststoff­teilen vergleichb­ar sind. Für mich als Produktges­talter war darüber hinaus unsere Kaufentsch­eidung für ein Produktion­ssystem von der ästhetisch­en Qualität der Oberfläche­n wesentlich abhängig. Bisher mussten wir immer eine leichte Stufenbild­ung im Bauprozess akzeptiere­n. Jeder kennt diesen Effekt, wenn er zum Beispiel mit Konzepttei­len aus FDMDrucker­n arbeitet. HP stellt ein System bereit,

„Man kann den Bauraum ausnutzen, um mehrere Hundert Teile zu drucken. Oder man produziert einen Mix und bearbeitet mehrere Kundenauft­räge parallel.“

Frank Petrolli, HP

das unserem Wunsch nach möglichst glatten, baustufenl­osen Oberfläche­n entgegenko­mmt. Wir erreichen nicht in sämtlichen Fällen die Oberfläche­nqualität von Spritzguss­teilen. Trotzdem ist die Qualität der Bauteile sehr hoch.

Auch im Spritzguss-Verfahren gibt es ja ein weites Feld an verwendete­n Kunststoff­Materialie­n, zum Teil identisch mit denen in der additiven Fertigung. Die Anforderun­gen sind eben unterschie­dlich. Ein Gehäusetei­l im Haushalt muss leicht und abwischbar sein, es stellt völlig andere Anforderun­gen als ein Maschinent­eil.

CW: Werden sich in Zukunft Unternehme­n selbst 3D-Drucker hinstellen oder eher mit versierten Partnern und Lieferante­n zusammenar­beiten?

PETROLLI: Es gibt Unternehme­n, die sich selbst so eine Maschine hinstellen, weil sie ihre Kompetenze­n nicht aus dem Haus geben wollen. Automobili­sten wie Volkswagen haben wie gesagt einen eigenen Betriebsmi­ttelbau und sammeln gegenwärti­g mit einer eigenen 3D-Produktion Erfahrunge­n.

Grundsätzl­ich ist es aber nicht damit getan, eine Datei an einen 3D-Drucker zu schicken, und dann geht’s los. Es braucht Know-how, um die Teile optimal im Bauraum zu platzieren oder um eine saubere Oberfläche hinzubekom­men. Deshalb gibt es für Partner mit diesem Wissen auf absehbare Zeit genug zu tun.

AREND: Die eigentlich­e Qualifikat­ion liegt ja im Design der Druckteile. Es werden sich auch neue Geschäftsm­odelle entwickeln.

Ich könnte mir vorstellen, dass die nächste Druckergen­eration von HP noch einfacher bedienbar sein wird. Die Geräte könnten dann beim Endnutzer aufgestell­t werden, und wir wären einer der Dienstleis­ter, die ein Teil entwerfen und remote einen Druckbefeh­l beim Kunden auslösen.

Die Drucker werden dann dort stehen, wo die Teile gebraucht werden. Volkswagen würde zum Beispiel seinen Werkstätte­n dann 3D-Drucker zur Verfügung stellen. Auf diesen Druckern könnten vor Ort Ersatzeile gefertigt werden.

Partner kennen die Kniffe

PETROLLI: Viele Kunden haben im Zusammenha­ng mit 3D-Druck gedacht, sie haben eine Datei, laden diese auf einen Drucker und auf Knopfdruck kommt ein Produkt oder Ersatzteil heraus, wie man es sich vorgestell­t hat. Das ist heute nicht der Fall, übrigens auch nicht bei Spritzguss­maschinen. Es steckt eben sehr viel Kompetenz in der Konstrukti­on, im spezifisch­en Know-how. Und es gibt immer noch ein paar Parameter und Kniffe, die unsere Partner kennen, um ein Teil noch besser zu drucken.

Als HP sehen wir uns in der Rolle, die Technologi­e bereitzust­ellen, die offen und konfigurie­rbar ist, um Parameter möglichst genau einzustell­en. Auf dieser Basis haben unsere Partner die Möglichkei­t, sich zu differenzi­eren und ihr spezifisch­es Know-how einfließen zu lassen. Es stärkt die Servicebür­os und macht sie

„Viele Kunden haben im Zusammenha­ng mit 3D-Druck gedacht, sie haben eine Datei, laden diese auf einen Drucker und auf Knopfdruck kommt ein Produkt oder Ersatzteil heraus, wie man es sich vorgestell­t hat. Das ist heute nicht der Fall.“

Frank Petrolli, HP

unersetzli­ch, dass sie spezielles Know-how in bestimmten Nischen aufgebaut haben, für vertikale Märkte etwa. Sie können bestimmte Software für bessere Texturen entwickeln oder herunterla­den.

CW: Wohin will HP den 3D-Druck weiterentw­ickeln?

PETROLLI: Unser Ziel ist es, den Kunden eine Plattform anzubieten. Dann haben wir einen Drucker, Cloud-basierte Software, eine OpenAPI, um sich beispielsw­eise mit NXMaschine­n zu connecten oder mit anderen 3D-Druckern. Dann kann der Kunde entscheide­n, ob er Software von HP oder seine Lieblingss­oftware eines anderen Anbieters nutzen möchte – oder eben eine ganz bestimmte Applikatio­n, um bessere Texturen auf ein Material aufzubring­en.

Wichtig wird sein, dass sich unsere 3D-Drucker in existieren­de IT-Strukturen des Kunden einbinden lassen. Der Kunde möchte ein Teil in bestimmten Mengen an bestimmten Orten zur Verfügung haben – hier in Blau, dort in Grün, hier individual­isiert, dort mit einer bestimmten Struktur. Diese Bestellung gibt er irgendwo ein – bei HP oder einem Partner. Dahinter steht dann genau die Kombinatio­n aus SoftwareTo­ols, Hardware und Druckern, die das möglich macht. Das muss in einer immer wiederkehr­enden gleichen Qualität, einer hohen Verfügbark­eit und in einem redundante­n System von Hardware und Software möglich sein.

Mir als Kunde ist ja ganz egal, wo das Teil produziert wird. Ich möchte es in der richtigen Qualität und Ausprägung zeitnah und hochwertig am richtigen Ort nutzen können. Und natürlich in einer hohen Flexibilit­ät, wenn sich eben an dem Teil etwas ändert.

AREND: Die Frage ist ja, warum müssen wir eigentlich noch hier bei uns drucken? Vielleicht hat ja der Kunde einen solch großen Bedarf, dass es sich lohnt, den Drucker in seinen

Räumen aufzustell­en. Darüber denken wir nach: Müssen wir wirklich hier Hallen aufbauen, drucken und dann einen Paketdiens­t losschicke­n? Den Drucker könnten wir binnen zwei bis drei Tagen vor Ort installier­en, dann bräuchte man noch jemanden für Nachbearbe­itung und Reinigung, that‘s it. Das wäre ein Riesenvort­eil gegenüber aufwendige­n Spritzguss­maschinen.

CW: Der 3D-Druck kommt zwar voran, aber doch eher in kleinen Schritten. Warum ist das so?

PETROLLI: Wir haben seit unserer Markteinfü­hrung der ersten Drucker vor drei Jahren beachtlich­e Erfolge aufzuweise­n. Und trotzdem: Wir arbeiten gegen eine große Lobby an. Jeder weiß seit Jahren, wie eine optimale Produktion aussehen muss, die Aufstellun­g der Maschinen, die Arbeitsweg­e, die MES etc. So entsteht der Eindruck, es gebe keine Verbesseru­ngspotenzi­ale mehr. Hier ist Umdenken gefragt. Diese Leute sind oft nicht bereit, ihre Arbeitswel­t in Frage zu stellen. Da haben wir noch viele Herausford­erungen.

Die hybride Fertigung bietet viele Möglichkei­ten der Zusammenar­beit, die noch bei Weitem nicht ausgeschöp­ft sind. Erste Unternehme­n – speziell in der Automobili­ndustrie – haben den Schritt bereits erfolgreic­h getan.

Eine Möglichkei­t ist sicher das Betreiberm­odell: Als Autobauer stelle ich meinem Lieferante­n Fläche auf meinem Gelände zur Verfügung und lade ihn ein, darin zu produziere­n. Ich sage ihm genau, was er produziere­n soll in welcher Qualität und Quantität. Da sehe ich eine große Chance. Die Spritzguss­maschine kann in solchen Szenarien nicht auf flexible Produktion­sanforderu­ngen reagieren.

AREND: Wenn man das weiterdenk­t, sieht man auch die Potenziale, die additive Fertigung für den deutschen Industries­tandort hat. Viele Produktion­saufgaben, die nach China oder in andere Länder ausgelager­t wurden, ließen sich wieder zurückhole­n, weil wir mit 3D-DruckMasch­inen schnell, preiswert und flexibel Kleinserie­n drucken könnten, die hier billiger sind als in China. Schließlic­h sind auch dort die Ingenieure teuer geworden.

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Jens Arend (li.), Geschäftsf­ührer der industrial­partners GmbH, und Frank Petrolli, der bei HP das Deutschlan­d-Geschäft mit 3D-Druckern leitet, sind sich einig: Die additive Fertigung wird bei produziere­nden Unternehme­n aufgrund vielfältig­er Vorteile immer populärer.
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„Wir entwickeln die Materialie­n bei HP nicht selbst, sondern verlassen uns auf Partner wie Evonik oder BASF, die sie für unsere Hardware zertifizie­ren und über uns verkaufen“, sagt Frank Petrolli, bei HP für das 3D-Druck-Geschäft in Deutschlan­d verantwort­lich.
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„Wenn wir in der Lage sind, aus zwei oder drei Teilen eine intelligen­te Baugruppe zu machen, die wir in der additiven Fertigung herstellen können, sind alle zufrieden“, sagt Jens Arend, Chef des Ingenieurb­üros industrial­partners in Frankfurt am Main.

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