IIot-Einsatz eher für interne Prozesse
Vor allem produzierende Unternehmen nutzen das Industrial Internet of Things (IIoT). Dabei liegt die Aufmerksamkeit eher auf der Verbesserung interner Abläufe als auf neuen Services, mit denen sich Umsätze generieren lassen.
Eine Studie von IDC zeigt, dass sich deutsche Anwender mit ihren Industrial-Internet-of-ThingsProjekten nicht so sehr mit neuen, kommerziell verwertbaren Services beschäftigen. Vielmehr wollen sie interne Abläufe optimieren.
Das Internet of Things (IoT), so einst die große Hoffnung, werde Unternehmen neue Services ermöglichen und damit zusätzliche Umsatzquellen erschließen. Das ist bislang eher nicht der Fall. Vielmehr steht die interne Optimierung bei den Anwendern klar im Vordergrund, so die aktuelle IDC-Studie „Industrial IoT in Deutschland 2019/2020“. Die Befragten setzen sich mit IoT auseinander, um ihre Kosten zu senken (40 Prozent) und die interne Effizienz und Produktivität (35 Prozent) zu verbessern – das sind die beiden wichtigsten Motive. Immerhin denken einige Unternehmen weiter und wollen auch neue Kunden gewinnen oder das Kundenerlebnis mit datenbasierten Services verbessern. Im Rahmen der Studie befragte IDC im Juli dieses Jahres 258 Unternehmen in Deutschland.
Die Studie zeigt, dass IoT und IIoT in den deutschen Unternehmen angekommen sind. Mehr als jeder vierte Betrieb aus der Industrie und aus industrienahen Branchen hat erste IoTVorhaben umgesetzt. In der Pilotierungsphase befinden sich 15 Prozent der Firmen, und mit 47 Prozent plant und evaluiert ein besonders hoher Anteil derzeit neue IoT-Projekte. Dabei sind Großunternehmen weiter als mittelständische Betriebe. Der in Deutschland wichtige industrielle Mittelstand dürfte sich aber kaum abhängen lassen: Hier werden überdurchschnittlich viele Pilotprojekte umgesetzt und neue Initiativen evaluiert und geplant.
IIoT kommt in den unterschiedlichsten Bereichen zum Einsatz, wie drei Beispiele zeigen: Die Nordex-Gruppe, ein Windkraftanlagenbauer, unterhält eine IIoT-Plattform, um Sensor-, Windund Betriebsdaten in Echtzeit zu verarbeiten und so die Stromerzeugung zu optimieren. Ein anderer IIoT-Nutzer ist der Schokoladenhersteller Ritter Sport. Er verwendet IoT, um das Energie-Management sowohl in der Produktion als auch bei der Energieerzeugung effizienter zu gestalten. ThyssenKrupp Elevator schließlich realisierte auf IoT-Basis einen Digital Twin für das Gebäude-Management, um beispielsweise die Klimaanlagen und Heizungen optimal zu betreiben und zu verhindern, dass kaum genutzte Räume zu viel Energie verbrauchen.
Um solche Projekte zu realisieren, müssen zunächst Daten gesammelt und analysiert werden. Ein Schritt, den IoT-Plattformen organisieren können. Es ist daher kein Zufall, dass der Einsatzgrad von IoT-Plattformen mehr oder
weniger deckungsgleich mit der konkreten Umsetzung von IoT-Projekten (28 Prozent) ist. Wo anfangs noch Eigenentwicklungen für Pilotprojekte genügen, fehlt bei der echten Umsetzung nach Beobachtungen von IDC die Performance und Skalierbarkeit einer professionellen Plattform. Wichtig für Industrieunternehmen – und laut Studie auch für 23 Prozent der Befragten – ist die breite Unterstützung möglichst vieler Endgeräte, Protokolle und Standards. Die IoT-Plattform übernimmt hier eine zentrale Funktion, überdies kommt ihr eine wichtige Rolle in der Integration von IT und OT (Operational Technology) zu. IDC prognostiziert, dass bereits im Jahr 2020 weltweit rund 70 Prozent der Unternehmen, die sich aktiv mit IoT beschäftigen, spezialisierte Plattformen im Einsatz haben werden. Dann werde die Hälfte der Plattformnutzer mehrere Plattformen gleichzeitig betreiben, um die Bedürfnisse all ihrer Anwendungsszenarien abzudecken.
Egde Computing auf dem Vormarsch
Ein wichtiger Baustein für die erfolgreiche Realisierung eines IoT-Projekts ist das Edge Computing, das die Datenanalyse an den Ort der Datenerzeugung verlagert. Setzten Ende 2018 branchenübergreifend zwölf Prozent aller Unternehmen Edge Computing ein, so sind es der aktuellen Studie zufolge mittlerweile 24 Prozent. Für 2022 erwartet IDC, dass bereits 40 Prozent der initialen IoT-Analysen im Edge stattfinden. „Das Core Data Center, ob im Unternehmen oder in der Cloud, bleibt nach wie vor relevant für umfassende und rechenintensive Analysen. Wichtig ist die leistungsund kostenoptimale Balance zwischen Cloud, eigenem Rechenzentrum und dem Edge“, skizziert Elena Georg, Projektleiterin und Consultant bei IDC, die weitere Entwicklung.
Größter Treiber in Sachen Edge Computing sind für 34 Prozent der Unternehmen deutlich schnellere Transaktionen der Daten bis hin zur Echtzeitverarbeitung. Ein weiterer praktischer Effekt und Einsatzgrund für 32 Prozent der Befragten: Die zum Teil großen Datenmassen müssen das Unternehmen nicht verlassen, was Kosten bei einer alternativen Analyse in der Cloud spart oder Kapazitäten für andere Analysen im eigenen Data Center freigibt.
Unternehmen setzen auf 5G
Für das Gelingen eines IoT-Projekts ist zudem die Wahl der richtigen Verbindungsart essenziell. Je nach Anwendungsfall muss entschieden werden, welche Eigenschaften notwendig sind. Deutsche Unternehmen setzen offenbar auf ein immer vielfältigeres Portfolio aus parallel verwendeten Verbindungsarten, um diverse
Anwendungsszenarien optimal umzusetzen. Laut der Befragung ist das Interesse am neuen Mobilfunkstandard 5G besonders groß. Im Jahr 2021 wollen bereits 73 Prozent der Unternehmen 5G für IoT einsetzen, und damit beinahe so häufig wie heute gängige Mobilfunkstandards (85 Prozent) – aber öfter als das extra entwickelte LPWAN (64 Prozent).
Sicherheitsbedenken
Herausforderungen bei der Realisierung von IoT-Projekten bleiben nach wie vor Sicherheitsfragen und der Mangel an Fachkräften. So hat fast ein Drittel der Befragten Sicherheitsbedenken. Im Rahmen der IoT-Umsetzung werden OT und IT zumindest punktuell verknüpft, was die Angriffsfläche eines Unternehmens auf die Produktion sowie auf die OT-Daten erweitert.
Eine weitere Herausforderung ist die hohe Komplexität von IoT-Implementierungen, wie 30 Prozent der Studienteilnehmer zu Protokoll gaben. Die wachsenden IoT-Landschaften werden schnell unübersichtlich, schwieriger zu managen und lassen sich kaum noch lückenlos absichern. Hier spielt auch der Mangel an Fachkräften mit IoT-Erfahrung eine Rolle, denn mehr als die Hälfte der Befragten geben an, dass das Fehlen von Fachkräften ihre IoT-Aktivitäten ausbremst.