KI-Einsatz im Kundenservice
Mit Chatbots und Digital Assistants lassen sich Effizienzvorteile heben – wenn man‘s richtig macht.
Wie verbessere ich meinen Support mit KI-Hilfe? Wo liegen die Möglichkeiten und Kostenvorteile der Technologie, wenn es um den Kundenservice geht? Tina Klüwer, Gründerin des Startups Parlamind, beantwortet die wichtigsten Fragen und sagt, worauf Unternehmen achten sollten.
Produktionsprozesse mit KI und Machine Learning zu verbessern ist nicht neu. Immer mehr Unternehmen stellen sich aber die Frage, ob auch der Kunden-Support mit KI verbessert werden kann. Tina Klüwer, KI-Expertin, CEO und Gründerin des Startups Parlamind, das sich auf die Automatisierung der Kundenkommunikation spezialisiert hat, beantwortet die wichtigsten Fragen und macht Vorschläge.
Grundsätzlich, so Klüwer, sollte künstliche Intelligenz genutzt werden, um in kurzen Reaktionszeiten passende Antworten auf Kundenanfragen zu erzeugen. Diese Aspekte seien ausschlaggebend für ein positives Kundenerlebnis.
1. Lässt sich mit KI im Kundenservice Zeit sparen?
Um das herauszufinden, ist zunächst ein genauer Blick auf die Art und Zahl der Anfragen nötig: Wie viele einfache, wiederkehrende Anfragen werden in einem bestimmten Zeitraum bearbeitet? Das könnten beispielsweise AboKündigungen, Adressänderungen, Fragen zu Rücksendungen oder zu Öffnungszeiten sein. Anhand unserer Daten aus verschiedenen Projekten können wir belegen, dass beispielsweise eine vollautomatisierte E-Mail als Antwort auf eine Standardanfrage dem Mitarbeiter eine durchschnittliche Zeitersparnis von drei Minuten bringt, eine teilautomatisierte Antwort spart eineinhalb Minuten.
Daraus lässt sich individuell errechnen, wie viele Stunden monotoner Arbeit wegfallen können, die dann für die Bearbeitung anspruchsvollerer Anfragen zur Verfügung stehen. Das erhöht die Qualität des Kundenservice. Erfahrungsgemäß ließe sich auf rund 50 bis 60 Prozent aller Kundenfragen mit Standardantworten reagieren.
2. Wie finde ich heraus, welche KI-Strategie für meinen Kundenservice die beste ist?
Anhand der vorhandenen Daten, Systeme, Systemanforderungen, Servicemitarbeiter, Wartezeiten – um nur ein paar Kennzahlen zu nennen – lässt sich erst einmal der Ist-Zustand ermitteln. Ein KI-Experte kann anhand dieser Daten sämtliche Möglichkeiten für eine Automatisierung darlegen. In Kombination mit der Business-Strategie und den individuellen Anforderungen des Unternehmens entstehen dann Ziele für den Kundenservice, die entsprechend den Kundenanfragen agil angepasst werden können.
3. Wie sehen typische Anwendungsfälle aus?
Der klassische Anwendungsfall sind Unternehmen, die sehr viele Standardanfragen im Kundenservice bewältigen müssen. Fragen wie „Wie kann ich mein Passwort ändern?“binden oft einen beachtlichen Teil der Ressourcen im Support.
Ein etwas anspruchsvollerer Anwendungsfall ist hingegen eine Stammdatenänderung. Hier müssen persönliche Daten direkt im CRM-System, das heißt nahezu in Echtzeit, aktualisiert werden. Darin ist die KI im Schnitt schneller und präziser als der Mensch und damit optimal für den Einsatz. Grundsätzlich ist bei derartigen Anwendungsfällen eine Automatisierung mit KI-Hilfe auf verschiedenen Ebenen möglich. Die KI kann Anfragen an Servicemitarbeiter weiterleiten, ihnen bereits dynamisch Antwortvorschläge liefern oder Anfragen komplett automatisiert abwickeln.
4. Was sind dafür die technischen Voraussetzungen?
Je nachdem, wo der Kundenservice entlastet werden soll, liegt in der Regel ein System vor, an das die KI angebunden werden muss. Für den Support über das Medium E-Mail ist beispielsweise ein Ticketsystem Voraussetzung. Sollen Teile eines Chatbots automatisiert werden, erfolgt die Anbindung an ein Live-ChatSystem und beim gesprochenen Dialog an eine Telefonanlage (ACD).
5. Wie aufwendig ist die Implementierung?
Das hängt unter anderem von der Flexibilität der Software ab, die ein Unternehmen im Kundenservice nutzt. Ein weiterer Faktor sind die konkreten Anwendungsfälle, die mit Hilfe von KI automatisiert werden sollen und die bereits in der Implementierungsphase berücksichtigt werden müssen.
Eine Statusabfrage, etwa nach dem aktuellen Standort eines Pakets, ist beispielsweise in der Regel weit weniger komplex als eine Stammdatenänderung, die eine Anbindung an ein CRMSystem erfordert. Grundsätzlich gilt: Je mehr Daten in guter Qualität vorliegen, desto einfacher und schneller lässt sich die Implementierung vollziehen.
6. Wie lange dauert es, bis die KI den Kundenservice effektiv unterstützt?
Liegen optimale Voraussetzungen vor – also viele Daten in guter Qualität und eine flexible Systemlandschaft –, dann können erste Automatisierungen nach rund drei Monaten live gehen. Danach folgt dann in der Regel eine Phase, in der Schritt für Schritt durch die KI weitere Vorgänge verarbeitet werden. Jetzt können auch zusätzliche Kommunikationskanäle einbezogen werden. Um überzogene Erwartungen zu vermeiden, ist es wichtig zu verstehen, dass die Maschine lernt. So opti
mieren sich die Ergebnisse kontinuierlich, aber das braucht wie beim Menschen Zeit.
7. Inwiefern macht die KI einen Kundenservice besser?
In erster Linie kann künstliche Intelligenz für Entlastung sorgen. Der Kundenservice muss weniger Zeit mit monotonen Standardanfragen verbringen und kann sich auf komplexere Fragen konzentrieren, bei denen der Kunde mit einem Menschen sprechen möchte – etwa im Beschwerde-Management. Hier zählt der persönliche Kontakt.
Der Grad der Entlastung hängt am Ende damit zusammen, wie hoch die Automatisierung durch die KI jeweils möglich beziehungsweise erwünscht ist. Im Gegensatz zum Menschen, beantwortet die KI definierte Standard-Kundenanfragen an sieben Tagen zu jeder Uhrzeit. Letztlich wird der Kundenservice so reaktiver, schneller und präsenter.
8. Wie schnell lässt sich KI im Kundenservice ausrollen?
Es ist möglich, mit jedem Kommunikationskanal, egal ob E-Mail, Chat oder Telefon, einzeln zu beginnen. Vorzugsweise werden die Kanäle jedoch nacheinander aufgesetzt. Dadurch verliert ein Unternehmen auch keine Zeit, denn die Vorteile eines Omnichannel-Systems liegen darin, dass die Trainingsergebnisse des einen Kanals für den Lernprozess der anderen Kanäle herangezogen werden können.
9. Wo sollten die Daten gespeichert werden?
Grundsätzlich ist die Datenspeicherung an einem Standort innerhalb der EU zu empfehlen – idealerweise in Deutschland. Mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wurde im Hinblick auf die Sicherheit personenbezogener Daten bereits eine solide Grundlage geschaffen.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine Datenspeicherung außerhalb der Europäischen Union für Unternehmen nur im Rahmen des Privacy Shield beziehungsweise der EU-Standardvertragsklauseln zulässig ist. Aber auch für den Transfer der Daten gelten aktuelle Sicherheitsstandards – der KI-Anbieter muss den sicheren Datentransfer auf Basis einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung via SSL gewährleisten.
10. On Premises oder in der Cloud?
Cloud-Lösungen haben in der Regel den Vorteil, dass sie sich automatisch weiterentwickeln. In einer Cloud-Lösung können beispielsweise abstrakte Trainingsergebnisse zusammenfließen. Mit diesen lernt dann die KI kontinuierlich weiter. Eine KI on Premises lernt hingegen, losgelöst von anderen Verarbeitungsleistungen, praktisch nur anhand ihrer eigenen Ergebnisse. Daher ist in der Regel eine Cloud-Lösung immer „schlauer“als eine, die entkapselt arbeitet.
Ferner sollte der finanzielle Aspekt nicht vergessen werden: Im Vergleich zu den kontinuierlichen Betriebskosten für das Hosting in der Cloud fallen bei der On-Premises-Variante initiale Investitionskosten an. Untersuchungen zu dem Thema belegen, dass die mittel- bis langfristigen Kosten für beide Varianten nahezu identisch sind, die Cloud jedoch in Bezug auf Skalierung und Kosten mehr Flexibilität bietet.
Kleine und mittelständische Unternehmen tendieren deshalb oft zur Cloud-Variante, Konzerne zur On-Premises-Version mit ihren erweiterten Anpassungsmöglichkeiten an die eigene Systeminfrastruktur. Sie versprechen sich davon nicht zuletzt mehr Raum für ihre Datensicherheit.