IT-Chefs setzen neue Prioritäten
Sparen hat jetzt Vorrang vor Umsatzwachstum
Eigentlich wollten Unternehmen sich digital transformieren, um schneller zu wachsen und neue Geschäftsfelder erschließen zu können. Angesichts der Pandemie haben sich die Ziele geändert: Jetzt soll vor allem gespart werden.
Die Coronakrise verändert die Digitalisierungsstrategien der deutschen Unternehmen. Fast jeder zweite Betrieb hierzulande (46 Prozent) hat während der Pandemie IT-Projekte gestartet, die so vorher nicht geplant waren. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Die Coronakrise setzt ITPrioritäten neu“, die gemeinsam vom Digitalisierungsspezialisten Valantic und dem Analystenhaus Techconsult umgesetzt wurde. Im Zuge der Marktforschung wurden Ende 2020 knapp 220 IT-Verantwortliche befragt.
Die Stichprobe umfasste Unternehmen ab
500 Mitarbeiter aller Branchen, aber nicht die öffentliche Verwaltung.
Grundsätzlich geben sich die Unternehmen trotz der besonderen Umstände eher optimistisch in Sachen IT. So gehen sie nicht nur neue Projekte an, auch der Anteil derer, die bestimmte IT-Vorhaben auf Eis legen, ist mit 24 Prozent überschaubar. 38 Prozent haben sich allerdings dafür entschieden, weniger drängende Projekte derzeit nicht mit höchster Priorität anzugehen. Den Studienautoren zufolge ging es den Betrieben zu Beginn der Krise vor allem darum, die Geschäftstätigkeit zu sichern und die Gesundheit der Mitarbeiter zu schützen. Diese Hausaufgaben seien erledigt, jetzt würden dringend notwendige ChangeProzesse vorangetrieben. Das beeinflusse die IT-Roadmap sowohl auf strategischer als auch auf technologischer Seite.
Sparen im Vordergrund, Resilienz bleibt wichtig
So hat sich etwa die Zielsetzung der Digitalisierungsinitiativen stark gewandelt. Waren Umsatzsteigerungen vor der Pandemie noch das Digitalisierungsziel Nummer Eins, so sind für 51 Prozent der Befragten jetzt Kosteneinsparungen das wichtigste Motiv. Innerhalb der Top-drei-Treiber für Digitalisierungsinitiativen und -projekte ist das Thema Kosteneinsparungen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit vom dritten auf den ersten Platz vorgerückt – das Ziel Umsatzsteigerungen dagegen tritt zunächst einmal in den Hintergrund und sinkt in den Bewertungen um fast vier Prozentpunkte auf 45,9 Prozent (Mehrfachnennungen möglich).
Der Erhalt der Geschäftstätigkeit rangiert mit 50 Prozent auf Platz zwei der Digitalisierungsziele. Den größten Zuwachs mit elf Prozentpunkten auf rund 49 Prozent erlebt das Thema flexible und moderne Arbeitsweisen im Zuge der Coronakrise. Es belegt den dritten Platz. Generell spielt die Steigerung der Flexibilität den Autoren zufolge eine wichtigere Rolle als vor Corona und verzeichnet ein Plus von fast zehn Prozentpunkten. Darüber hinaus möchten die Unternehmen auch mehr in die Optimierung ihrer Lieferketten investieren.
Corona-Gewinner: SCM, Blockchain und Digital Twin
Wie die Ziele ändern sich auch die Themen, die im IT-Umfeld von Bedeutung sind. Damit hat Corona die Unternehmen nicht nur unter Druck gesetzt, sondern auch ein Um- und Weiterdenken ausgelöst. Einen großen Sprung nach vorn machte das IT-Business-Thema Supply Chain Management: Die Entscheider wünschen sich eine transparente Ende-zuEnde-Lieferkette, die Kontrollen und das Einhalten von Kennzahlen ermöglicht, sodass auf drohende Engpässe und Ausfälle proaktiv reagiert werden kann.
Gleichzeitig wollen immer mehr Unternehmen von relativ neuen Technologien profitieren, um ihre Geschäftsziele zu erreichen. Dazu gehört etwa der Digitale Zwilling (Digital Twin), mti dem sich realwirtschaftliche Prozesse und Lösungen digital und kostengünstig simulieren lassen. Ebenso erhält die von CIOs lange geschmähte Blockchain nun deutlich mehr Aufmerksamkeit als vor Corona. Sie wird vor allem als Technologie wahrgenommen, mit der sich globale Zulieferketten effizient absichern lassen könnten.
Grundsätzlich überlegen sich viele Unternehmen auch, wie sie ihr Business wieder voll hochfahren und dabei in Zukunft Infektionsrisiken vermeiden können. Dazu wollen rund 41 Prozent der Umfrageteilnehmer ihre Präsenz im kontaktlosen Online-Geschäft verstärken. Dabei dürften die Geschäftserfolge von Online-Händlern im vergangenen Jahr Begehrlichkeiten geweckt haben.
Etwas mehr als 40 Prozent der Befragten haben sich zudem vorgenommen, ihre betrieblichen Abläufe zu verbessern oder mit Technologien wie Robotic Process Automation zu automatisieren. Das soll auch der betrieblichen Performance zugutekommen, die fast 39 Prozent in Zukunft zu steigern hoffen.