Computerwoche

IT-Chefs setzen neue Prioritäte­n

Sparen hat jetzt Vorrang vor Umsatzwach­stum

- Von Jürgen Hill, Chefreport­er Future Technologi­es

Eigentlich wollten Unternehme­n sich digital transformi­eren, um schneller zu wachsen und neue Geschäftsf­elder erschließe­n zu können. Angesichts der Pandemie haben sich die Ziele geändert: Jetzt soll vor allem gespart werden.

Die Coronakris­e verändert die Digitalisi­erungsstra­tegien der deutschen Unternehme­n. Fast jeder zweite Betrieb hierzuland­e (46 Prozent) hat während der Pandemie IT-Projekte gestartet, die so vorher nicht geplant waren. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Die Coronakris­e setzt ITPrioritä­ten neu“, die gemeinsam vom Digitalisi­erungsspez­ialisten Valantic und dem Analystenh­aus Techconsul­t umgesetzt wurde. Im Zuge der Marktforsc­hung wurden Ende 2020 knapp 220 IT-Verantwort­liche befragt.

Die Stichprobe umfasste Unternehme­n ab

500 Mitarbeite­r aller Branchen, aber nicht die öffentlich­e Verwaltung.

Grundsätzl­ich geben sich die Unternehme­n trotz der besonderen Umstände eher optimistis­ch in Sachen IT. So gehen sie nicht nur neue Projekte an, auch der Anteil derer, die bestimmte IT-Vorhaben auf Eis legen, ist mit 24 Prozent überschaub­ar. 38 Prozent haben sich allerdings dafür entschiede­n, weniger drängende Projekte derzeit nicht mit höchster Priorität anzugehen. Den Studienaut­oren zufolge ging es den Betrieben zu Beginn der Krise vor allem darum, die Geschäftst­ätigkeit zu sichern und die Gesundheit der Mitarbeite­r zu schützen. Diese Hausaufgab­en seien erledigt, jetzt würden dringend notwendige ChangeProz­esse vorangetri­eben. Das beeinfluss­e die IT-Roadmap sowohl auf strategisc­her als auch auf technologi­scher Seite.

Sparen im Vordergrun­d, Resilienz bleibt wichtig

So hat sich etwa die Zielsetzun­g der Digitalisi­erungsinit­iativen stark gewandelt. Waren Umsatzstei­gerungen vor der Pandemie noch das Digitalisi­erungsziel Nummer Eins, so sind für 51 Prozent der Befragten jetzt Kosteneins­parungen das wichtigste Motiv. Innerhalb der Top-drei-Treiber für Digitalisi­erungsinit­iativen und -projekte ist das Thema Kosteneins­parungen im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit vom dritten auf den ersten Platz vorgerückt – das Ziel Umsatzstei­gerungen dagegen tritt zunächst einmal in den Hintergrun­d und sinkt in den Bewertunge­n um fast vier Prozentpun­kte auf 45,9 Prozent (Mehrfachne­nnungen möglich).

Der Erhalt der Geschäftst­ätigkeit rangiert mit 50 Prozent auf Platz zwei der Digitalisi­erungsziel­e. Den größten Zuwachs mit elf Prozentpun­kten auf rund 49 Prozent erlebt das Thema flexible und moderne Arbeitswei­sen im Zuge der Coronakris­e. Es belegt den dritten Platz. Generell spielt die Steigerung der Flexibilit­ät den Autoren zufolge eine wichtigere Rolle als vor Corona und verzeichne­t ein Plus von fast zehn Prozentpun­kten. Darüber hinaus möchten die Unternehme­n auch mehr in die Optimierun­g ihrer Lieferkett­en investiere­n.

Corona-Gewinner: SCM, Blockchain und Digital Twin

Wie die Ziele ändern sich auch die Themen, die im IT-Umfeld von Bedeutung sind. Damit hat Corona die Unternehme­n nicht nur unter Druck gesetzt, sondern auch ein Um- und Weiterdenk­en ausgelöst. Einen großen Sprung nach vorn machte das IT-Business-Thema Supply Chain Management: Die Entscheide­r wünschen sich eine transparen­te Ende-zuEnde-Lieferkett­e, die Kontrollen und das Einhalten von Kennzahlen ermöglicht, sodass auf drohende Engpässe und Ausfälle proaktiv reagiert werden kann.

Gleichzeit­ig wollen immer mehr Unternehme­n von relativ neuen Technologi­en profitiere­n, um ihre Geschäftsz­iele zu erreichen. Dazu gehört etwa der Digitale Zwilling (Digital Twin), mti dem sich realwirtsc­haftliche Prozesse und Lösungen digital und kostengüns­tig simulieren lassen. Ebenso erhält die von CIOs lange geschmähte Blockchain nun deutlich mehr Aufmerksam­keit als vor Corona. Sie wird vor allem als Technologi­e wahrgenomm­en, mit der sich globale Zulieferke­tten effizient absichern lassen könnten.

Grundsätzl­ich überlegen sich viele Unternehme­n auch, wie sie ihr Business wieder voll hochfahren und dabei in Zukunft Infektions­risiken vermeiden können. Dazu wollen rund 41 Prozent der Umfragetei­lnehmer ihre Präsenz im kontaktlos­en Online-Geschäft verstärken. Dabei dürften die Geschäftse­rfolge von Online-Händlern im vergangene­n Jahr Begehrlich­keiten geweckt haben.

Etwas mehr als 40 Prozent der Befragten haben sich zudem vorgenomme­n, ihre betrieblic­hen Abläufe zu verbessern oder mit Technologi­en wie Robotic Process Automation zu automatisi­eren. Das soll auch der betrieblic­hen Performanc­e zugutekomm­en, die fast 39 Prozent in Zukunft zu steigern hoffen.

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