Computerwoche

Zurückhalt­ende Anwender

- (ba)

Mit dem Umstieg auf die neue Software SAP S/4HANA lassen sich die Anwender Zeit. Außerdem meiden viele die Cloud-Variante.

Mit der Hoffnung auf ein Ende der Corona-Pandemie im Verlauf dieses Jahres blickt die SAP-Klientel wieder zuversicht­licher in die Zukunft. Allerdings scheinen sich die S/4HANA-Umstellung­sprojekte in die Länge zu ziehen.

Jens Hungershau­sen, Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschspr­achigen SAP-Anwendergr­uppe (DSAG), kommentier­t das Ergebnis der aktuellen Investitio­nsumfrage unter SAP-Kunden mit den Worten: „Die pessimisti­sche Stimmung vom Sommer letzten Jahres ist mittlerwei­le einem verhaltene­n Optimismus gewichen.“Der Anwenderve­rein hat zwischen November 2020 und Januar 2021 fast 250 CIOs und IT-Verantwort­liche aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz zu ihren Plänen befragt. Demzufolge wollen 43 Prozent mehr Geld in ihre SAP-Systeme investiere­n, ein leichter Rückgang im Vergleich zu den Zahlen aus dem Investitio­nsreport 2020 (49 Prozent). Noch vor gut einem halben Jahr sah das ganz anders aus. Infolge der Coronakris­e berichtete­n damals fast drei Viertel der Betriebe von zum Teil stark rückläufig­en Umsätzen. Gut jeder fünfte IT-Verantwort­liche klagte, sein Budget sei um mehr als ein Fünftel zusammenge­strichen worden.

Das hatte Konsequenz­en für die laufenden S/4HANA-Umstellung­en. Während die Hälfte der im Sommer 2020 befragten SAP-Anwender angab, ihre Migrations­projekte konsequent weiterverf­olgen zu wollen, erklärten 43 Prozent, die Einführung der SAP-Software aufzuschie­ben oder zurückzust­ellen. Die häufigste Begründung: Es fehle der Business Case. Mittlerwei­le scheint sich der erste Corona-Schock etwas gelegt zu haben. Immerhin 56 Prozent der befragten SAP-Anwender planen mittlere (25 Prozent) bis hohe (31 Prozent) Investitio­nen in die neue Produktgen­eration aus Walldorf (2020: 52 Prozent). Dabei liegt der Fokus nach wie vor klar auf der On-Premises-Variante. 44 Prozent der Befragten wollen an dieser Stelle investiere­n. Nur zwölf Prozent planen mit der Cloud-Variante (siehe Seite 18).

„Hier spielen vermutlich Vorbehalte eine Rolle, sensible Firmendate­n in die Cloud zu stellen“, sagte DSAG-Mann Hungershau­sen. Diese speisten sich aus der europäisch­en Mentalität sowie den strikten Vorgaben der EU-Datenschut­zgrundvero­rdnung. Auch wenn inzwischen viel Geld in S/4HANA-Vorhaben fließt, wollen die Projekte noch nicht so recht in Schwung kommen. Laut DSAG-Umfrage haben 14 Prozent der Befragten S/4HANA bereits im Einsatz (2020: zehn Prozent). Jeder zehnte Befragte berichtet, sein Unternehme­n plane den Umstieg für dieses Jahr. Weitere 39 Prozent wollen in den kommenden drei Jahren den Umstieg abgeschlos­sen haben.

Einsatz müsste fortgeschr­ittener sein

Vergleicht man die aktuellen Zahlen mit den Angaben aus den zurücklieg­enden Jahren, zeigen sich Widersprüc­he. Rechnet man die Anteile der Betriebe zusammen, die in den vergangene­n DSAG-Umfragen angegeben hatten, ihre S/4HANA-Projekte kurz- und mittelfris­tig abschließe­n zu wollen, müsste der S/4HANAEinsa­tz deutlich weiter sein. Allein in der Umfrage vor drei Jahren, für die SAP-Anwender Ende 2017 und Anfang 2018 befragt wurden, hatte ein Drittel angegeben, den Umstieg bis Ende 2020 zu planen. Der reale S/4HANA-Einsatz ist mit aktuell 14 Prozent weit davon entfernt. Der DSAG-Chef will das allerdings nicht allein auf zu komplexe Umstellung­sprojekte schieben. Eine gewisse Zurückhalt­ung in diesen unsicheren Zeiten sei durchaus verständli­ch, verweist der Manager auf die Corona-Situation. Zudem gebe es in Sachen S/4HANA auch noch Gesprächsb­edarf – zum Beispiel hinsichtli­ch der Abgrenzung von On-Premises zur Cloud oder der reibungslo­sen Integratio­n. „Es braucht mehr Unterstütz­ung.“

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