Toom Baumarkt und Adesso verlagern Innovationsworkshop ins Virtuelle
Virtuelle Teambesprechungen oder ganze Unternehmensversammlungen per Video sind heute selbstverständlich und gelernt. Anders sieht es mit Innovationsprojekten und -workshops aus. Toom Baumarkt und Adesso zeigen, wie es gelingen kann, in remoter Zusammenarbeit als Team kreativ sein kann.
Stephan Hartje verantwortet als Head of Operations bei Toom Baumarkt unter anderem Vertrieb und Kundenservice. „Im Corona-Jahr kam unser Kundenservice durch den Ansturm von Anfragen per Telefon und Mail mitunter an seine Grenzen.“Das war für Hartje der Anlass, gemeinsam mit Beratern des IT-Dienstleisters Adesso in einem Innovationsworkshop zu ergründen, wie sich der Kundenservice besser aufstellen ließe. Adesso hat für solche Fälle eigentlich einen „Interaction
Room“in Dortmund eingerichtet, in dem die rund 30 interdisziplinär zusammengestellten Teilnehmer ihre Ideen auf Wände (CanvasBoards) schreiben sowie die Ideen anderer mit auf Klebezetteln verfassten Kommentaren bewerten können. Das ging angesichts der Pandemie nicht, ein virtuelles Format musste her.
Michael Kemper, Principal Consultant bei Adesso im Geschäftsbereich Digitalisierung, war erst skeptisch: „Ich hatte angenommen: Aller digitaler Anfang geht nur analog.“Zwar waren im August Workshop-Teilnehmer in einigen Baumärkten unterwegs, aber die Zusammenarbeit selbst fand remote statt. Kemper heute: „Die kollektive Intelligenz der Teilnehmer kann auch virtuell entstehen.“Erfolgsfaktoren waren die Visualisierung, das Storytelling, die Navigation, der Perspektivenwechsel sowie die Dokumentation: „Zahlen und Analysen stellten wir auf unserem großen Collaboration-Board grafisch dar, zum Teil auch als Big Picture, auf das wir gemeinsam schauten. Unsere Digital Designer dokumentierten mit Graphic Recordings zeichnerisch die Ergebnisse.“
Aufwendige Vorbereitung zahlt sich aus
Der Schlüssel zum Erfolg des virtuellen Workshops war für Toom-Manager Stephan Hartje der Einsatz des gemeinsamen Boards: „Hier konnten wir mit virtuellen Klebezetteln arbeiten, binnen Sekunden abstimmen, auf einen Klick das ganze Team zusammenholen sowie auch Templates oder Grafiken einfügen.“Die Ergebnisse waren genauso gut, mitunter sogar besser als in Präsenzveranstaltungen.
Damit Ideenfindung auch wirklich remote und ohne persönliche Begegnung klappt, ist eine
gute Planung nötig. Laut Kemper ist der Zeitaufwand, um einen digitalen Workshop vorzubereiten, um den Faktor vier höher als bei einer Präsenzveranstaltung. „Man muss auf die Gruppendynamik achten. Es empfiehlt sich, auch in den Breakout-Sessions mit Co-Moderatoren zu arbeiten. Pausen sind wichtig. Anfangs trauten wir uns mehr zu, als wir leisten konnten. Nun planen wir alle zwei Stunden eine zehnminütige Pause ein.“
Hartje ergänzt: „Man macht leicht den Fehler, ein Präsenzformat einfach ins Digitale zu kopieren. Das funktioniert nicht. Im Digitalen müssen die Inhalte genauer geplant sein, die Sessions dürfen nicht zu lange dauern, und es sollte auch nicht überzogen werden. Timeboxing ist hier das richtige Schlagwort.“Die Teilnehmer sollten über eine ausreichende Medienkompetenz verfügen und vor Beginn in die Collaboration-Tools eingeführt werden.
Auch Thomas Gasber, Bereichsleiter Digitalisierung bei Adesso, hat durch den virtuellen Innovationsworkshop wichtige Erfahrungen gesammelt. „Dinge können remote ausgezeichnet funktionieren, von denen zu oft angenommen wurde, dass sie nur im Präsenzformat umsetzbar sind, etwa der Kick-off zu einem Projekt.“Virtuell zusammengeschaltete Projektteams hätten es anfangs vielleicht etwas schwerer, doch der Rückstand gegenüber analogen Zusammenkünften lasse sich durch die richtige Methodik und Zeitplanung aufholen. Neben häufigeren Pausen ist es laut Gasber sinnvoll, eine dicht gepackte Tagesveranstaltung auf mehrere Tage zu verteilen: „Für die Post-Corona-Zeit überlegen wir genau, wann wir wie in Projekten mit dem Kunden zusammen interagieren. Virtuelle Elemente werden wir sicher weiter nutzen, aber auch hybride Formate, die Präsenz und Remote sinnvoll verbinden.“
Und welches Fazit zieht Toom-Manager Hartje? „Wir stecken noch mitten in unserem Innovationsprozess, haben aber einige interessante Erkenntnisse gewonnen.“Etwa, dass Servicemitarbeiter die Informationssysteme zum Lagerbestand in den Märkten nicht nutzen, sondern lieber im Baumarkt vor Ort anrufen, um sich noch einmal abzusichern. „Wir müssen uns der Herausforderung stellen, warum das Vertrauen in die Datenbanken stellenweise noch nicht so groß ist, und gleichzeitig die Frage beantworten, ob wir solche Vorgänge nicht auch durch einen Chatbot im Kundenservice automatisiert beantworten oder durch technische Innovation im Hintergrund noch stärker unterstützen können.“