Wer baut ein Auto für Apple?
Niemand will sich als Auftragsfertiger hergeben
Apples Einstieg in den Automarkt gestaltet sich offenbar nicht so reibungslos, wie man es sich im Apple Park im kalifornischen Cupertino vorstellt. Nach Informationen der „Financial Times“ist eine potenzielle Partnerschaft mit Nissan gescheitert. Apple wollte die Japaner demnach überzeugen, Autos mit Apple-Brand zu fertigen, doch für Nissan kommt der Bau eines Fahrzeugs ohne eigene Marke nicht in Frage.
Die US-amerikanische Medienseite „Ars Technica“titelte süffisant: „Nissan will nicht das neue Foxconn der Autoindustrie werden“. Dahinter steckt die Urangst von Nissan und anderen Autobauern, von Silicon-Valley-Unternehmen wie Apple, Google und auch Tesla überrannt und zu „Hardwarelieferanten“degradiert zu werden. Der Inbegriff eines solchen Auftragsfertigers ist Foxconn aus Taiwan: Das Unternehmen stellt an verschiedenen Produktionsstätten in China Smartphones, Computer und andere Elektronikprodukte in großen Mengen für Apple und andere Hightech-Unternehmen her – zu geringen Löhnen und unter oft menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen.
Nissans Chief Operating Officer Ashwani Gupta sagte der Financial Times, man orientiere sich an den Kundenwünschen. „Wenn wir eine Partnerschaft mit Apple eingehen, müssen sie ihre Services an unser Produkt anpassen, nicht umgekehrt.“Immerhin ist Nissan ein stolzer Pionier der Elektromobilität: Den Nissan Leaf gab es schon vor mehr als zehn Jahren.
Apple setzt genauso wie Google und Tesla auf einen Paradigmenwechsel im Automarkt. Statt Fahrwerk, Pferdestärken und Verarbeitung zählen Software, Design und ein gutes Benutzererlebnis. Weitere Wettbewerbsfelder sind das autonome Fahren und eine zukunftsfähige Batterietechnik – Bereiche, in denen Apple ebenfalls die Herausforderung annehmen will.
Volkswagen auf dem langen, steinigen Weg zum „Softwarehaus“
Die klassischen Autobauer haben es schwer, diesen Trends zu folgen. Gerade erst Mitte Januar berichteten Medien von großen Softwareproblemen beim Volkswagen-Konzern. Fahrer des Golf 8 und des Elektrofahrzeug Golf ID.3 klagten über häufige Fehlermeldungen und ein unsicheres Fahrgefühl.
Volkswagen-Chef Herbert Diess hatte zuvor angekündigt, die Wolfsburger strebten bei der Software im Fahrzeug mittelfristig eine Spit
zenposition an. Rund 27 Milliarden Dollar sollen in diesen Bereich fließen, unter anderem in ein eigenes Betriebssystem für die Fahrzeuge aller VW-Kernmarken.
Apples offensive Partnersuche im Automarkt zeigt, dass der Markteintritt der Silicon-Valley-Giganten näher rückt.
Die Nachrichtenagentur „Bloomberg“berichtete von Verhandlungen mit Kia und dessen Muttergesellschaft Hyundai, die allerdings ergebnislos abgebrochen worden sein sollen. Laut Financial Times soll sich Apple auch um BMW als potenziellen Partner bemüht haben.
Wie „MacRumors“berichtet, arbeitet Apple schon seit 2014 mit zunächst 1.000 Mitarbeitern an Technologie für selbstfahrende Autos (Project Titan). Schon bald war von Tiefschlägen zu hören, 2016 soll das Projekt vor dem Aus gestanden haben. Doch dann übernahm John Giannandrea, Apple‘s KIund Machine-Learning-Boss, die Verantwortung und war erfolgreicher. Ein nächster Schritt gelang mit der Einstellung von Tesla-Ingenieur Doug Field im Jahr 2018.
Neue Batterietechnik soll Horizonte öffnen
Apple wird ein erstes Premium-Fahrzeug in drei bis sechs Jahren herausbringen, Gerüchten zufolge soll es vollständig autonom fahren. Dafür entwickelt der Konzern ein neues „Monozellen“-Batteriedesign, das die Kosten für Batterien stark senken und die Reichweite des Fahrzeugs erhöhen soll. Diese „Next-Level-Technologie“soll ähnliche Maßstäbe wie das erste iPhone setzen, schreibt MacRumors.
Allerdings müssen Testfahrten bei einer kalifornischen Aufsichtsbehörde angemeldet werden, und deren Angaben zufolge hat Apple bislang weniger Tests durchgeführt als beispielsweise die Google-Tochter Waymo oder das Startup Cruise, ein Joint Venture von GM und Honda.
Sollte Apple keinen Partner in der Automobilbranche finden, könnte sich der iPhone-Hersteller im Zweifel mühelos einen Autobauer zulegen. In den Kassen des höchstbewerteten Unternehmens der Welt (Börsenwert: 1,9 Billionen Dollar) schlummert ein Bargeld-Bestand von über 77 Milliarden Dollar. Unternehmen wie Nissan, Ford oder Stellantis (Zusammenschluss von Fiat Chrysler und Groupe PSA) könnte Apple aufgrund der geringen Marktkapitalisierung dieser Player nahezu aus der Portokasse bezahlen.