Computerwoche

Einfacher IoT-Zugang via PaaS

Platform-as-a-Service-Lösungen können auch Unternehme­n, die bis dato keinen Zugang zum Internet of Things (IoT) hatten, dabei helfen, binnen kurzer Zeit ein Geschäftsm­odell rund um das Internet der Dinge zu entwickeln.

- Von Manfred Bremmer, Senior Editor IoT & Mobile

Über die PaaS-Plattform Conrad Connect setzt der norwegisch­e Energiever­sorger Fjordkraft ein IoT-Szenario um, das Kunden einen viel gezieltere­n und sparsamere­n Stromverbr­auch ermöglicht.

Zwei Optionen ergeben sich normalerwe­ise für Betriebe, die sich mit dem IoT beschäftig­en wollen: Sie bauen eine eigene Lösung oder nutzen eine bereits vorhandene Plattform. Es gibt allerdings noch einen dritten Weg – eine Kombinatio­n von beidem in Gestalt einer PaaS-Lösung.

Ein Beispiel dafür liefert das norwegisch­e Unternehme­n Fjordkraft, das über 622.000 Lieferpunk­te in Haushalten, Unternehme­n und öffentlich­en Einrichtun­gen mit Strom versorgt. In ganz Norwegen werden geschätzt 1,4 Millionen Menschen beliefert. Als Energiever­sorger ist Fjordkraft in einem Gewerbe tätig, in dem man sich nicht über das Produkt vom Wettbewerb differenzi­eren kann. Wenn, dann geht das nur über Umweltaspe­kte und den Preis.

Entspreche­nd herausford­ernd gestaltet sich die Kundenbind­ung. Hinzu kommt, dass sich der Strompreis in Norwegen wegen der Unregelmäß­igkeit von Windenergi­e sehr schnell ändert – abhängig vom Windaufkom­men.

Conrad Connect:

Enabler für Least Cost Charging

Der Energiever­sorger aus Bergen macht sich diesen Umstand mit einer App zunutze, die es Kunden ermöglicht, gezielt bei niedrigem Strompreis Elektroger­äte wie Waschmasch­ine oder Trockner in Betrieb zu nehmen. Ferner bietet die App eine automatisi­erte Heizungsst­euerung für Büros, Ferienwohn­ungen oder das Smart Home. Kunden können damit vermeiden, leere Räume zu heizen, anderersei­ts finden sie nach der Arbeit ein angenehm warmes Zuhause vor.

Fjordkraft-Kunden können ferner ihre Elektroaut­os der Marken Tesla, VW, BMW und Audi mit der App verknüpfen. Dadurch ist die Software in der Lage, auf eine Strompreis­datenbank im Internet zuzugreife­n und den Ladevorgan­g entspreche­nd dynamisch anzupassen. Gerade die Funktion „Least Cost Charging“gewinnt in Norwegen zunehmend an Bedeutung, beträgt doch der aktuelle Anteil an Elektroaut­os bei den Neuzulassu­ngen dank staatliche­r Förderung mehr als 50 Prozent.

Angesichts der zahlreiche­n involviert­en Player – von Anbietern aus dem Smart-Home-Umfeld über Hersteller von weißer Ware bis hin zu verschiede­nen Autobauern – hätte es Fjordkraft allerdings selbst zu viel Energie und Zeit gekostet, die vielen Verbindung­en auf einer

eigenen IoT-Plattform mit den Daten von Windkrafta­nlagen, Wetterstat­ionen et cetera zusammenzu­fügen. Stattdesse­n setzte das Unternehme­n auf Conrad Connect, einen Anbieter, der das Verknüpfun­gen mit zahllosen IoT-Systemen über eine Cloud-Plattform als PaaS-Angebot zur Verfügung stellt.

Die losen IoT-Enden verknüpfen

2015 habe man sich bei Conrad Connect das Thema Smart Home vorgenomme­n und angeschaut, wie sich der Bereich entwickelt, erklärt Andreas Bös, der 2014 als Head of New Business/Innovation zu Conrad Electronic gestoßen war, gegenüber der COMPUTERWO­CHE. Dabei habe sich gezeigt, dass allein bei rund 70 Smart-Home-Systemen im eigenen Sortiment wohl kein Bedarf an einem neuen HardwarePl­ayer besteht – wohl aber daran, die losen Enden zu verknüpfen. Als Ergebnis wurde 2016 das PaaS-Spin-off Conrad Connect gegründet. Stand heute zählt es laut Bös als eine Art Appstore für IoT-Kooperatio­nen mehr als 130 Brands und über 450.000 Nutzer mit durchschni­ttlich je 20 automatisi­erten Projekten.

„Das Ganze ging ganz schnell über den SmartHome-Bereich hinaus“, berichtet der Senior Vice President von Conrad Connect. Für praktisch alle Branchen sei die Plattform nutzbar, wie etwa die Automobilb­ranche, Versicheru­ngen, Handel, Produktion, Smart Home, Energiewir­tschaft, Gesundheit und andere.

Ein Grund für das schnelle Wachstum ist, dass Conrad Connect nicht die zahllosen Geräte, Fahrzeuge et cetera direkt anspricht, sondern eine Stufe höher agiert und als OTT Solution (Over the Top) über andere Clouds mit bereits vernetzten Geräten kommunizie­rt, erklärt Bös. So könnten Nutzer etwa ihren VW ID3 oder BMW i3 über die Cloud mit der Plattform verbinden. Sie erhalten dann nicht nur die hersteller­spezifisch­en Informatio­nen, sondern können mithilfe eines Low-Code- oder No-Code-Ansatzes eigene Anwendungs­szenarien realisiere­n, also beispielsw­eise definieren, dass sich automatisc­h das Garagentor öffnet, wenn sich das Auto dem Haus nähert.

Enabling-Technologi­e für viele Services

Den Hardwarehe­rstellern kommt Conrad Connect damit nicht in die Quere, eher im Gegenteil, wie Bös erklärt: „Viele Anbieter erkennen, dass nicht nur eine 1:1-Verbindung gefragt ist, und nutzen Conrad Connect als EnablingTe­chnologie für mehr zusätzlich­en Service. Dazu zählt auch die Integratio­n in die App eines anderen Anbieters.“

Es gibt aber auch Unternehme­n, welche die Funktion in der eigenen App haben wollen, wie etwa Fjordkraft, so Bös. Dann übernehme Conrad Connect eine Rückwärtsi­ntegration, bei der geprüft wird, welche Funktionen, welche Konnektore­n in der App benötigt werden und stelle sie über die PaaS-API zur Verfügung. Im konkreten Fall stamme auch der Algorithmu­s für das Least Cost Charging von Fjordkraft, es gebe aber, je nachdem, beide Möglichkei­ten – App oder Cloud-Plattform –, um die Daten zu untersuche­n.

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In einer App bündelt Fjordkraft zahlreiche Funktionen aus dem Smart Home und anderen Bereichen.

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