Computerwoche

Virtuelle Hannover Messe

2021 wird die Hannover Messe Industrie (HMI) wegen Corona zum zweiten Mal nur digital stattfinde­n. Die Pandemie bestimmt die Leitmesse der Industrie in diesem Jahr auch inhaltlich.

- Von Manfred Bremmer, Senior Editor IoT & Mobile

Industriek­onzerne wie Festo, Kuka und Huawei haben in einer Preview gezeigt, was sie auf der Hannover Messe Industrie (HMI) vorhaben.

Covid-19 beschleuni­gt nicht nur die Digitalisi­erung der Industrie, die Pandemie zwingt auch Messebetre­iber, ihre Konzepte neu zu überdenken. So auch die Deutsche Messe AG in Hannover: Während sie die IT-Mittelstan­dsmesse Twenty2X für 2021 als Jahreseven­t mit digitalem, hybridem und analogem Teil plant, geht sie bei der seit 1947 bestehende­n und deutlich größeren HMI vorsichtig­er zu Werke.

Messe-Chef Jochen Köckler kommentier­te die Ausgangssi­tuation wie folgt: „Leider haben wir den Schiebereg­ler kurz vor Weihnachte­n von einer hybriden auf eine rein digitale Hannover Messe schieben müssen. Heute können wir sagen ,Gott sei Dank‘, denn es fehlt mir schlichtwe­g die Fantasie, dass sich schon Mitte April rund 70.000 Menschen auf dem hannoversc­hen Messegelän­de tummeln – und das war ja noch ganz bescheiden geplant.“Die Aussteller jedenfalls bleiben der HMI treu, auf der Preview gaben einige einen Ausblick auf ihre Lösungen. Das Thema: Wie gelingt es, die Kontinuitä­t der Produktion in einem unsicheren Gesundheit­skontext zu gewährleis­ten?

Festo: Automatisi­ertes Social Distancing

So wird etwa der schwäbisch­e Automatisi­erungsspez­ialist Festo am Beispiel der DemoAnlage „Productivi­ty Master“aufzeigen, wie sich dank Automatisi­erung Social Distancing auch im Fertigungs­bereich umsetzen lässt – und das sowohl für Massen- wie für Individual­und Kleinserie­nfertigung. Festo zeigte eine modulare Anlage für die Fertigung individual­isierter USB-Sticks. Diese nutzt die Cloud nicht nur, um die Speicherst­icks von Kunden remote designen und mit Daten beschreibe­n zu lassen, sie ist auch über das IoT-Gateway von Festo mit der Cloud verbunden. So kann der Bediener im Home-Office neben den Produktion­sauch die Diagnoseda­ten der Maschine abrufen. Die Produktion­szelle kann dazu viele Netzwerkst­andards der Branche verwalten, etwa EtherCAT, OPC-UA, IO Link und MQTT.

Kuka: Roboter programmie­ren wird einfacher

Der Augsburger Roboterbau­er Kuka zeigt auf der HMI seine Fortschrit­te in der Mission, die Automatisi­erung bis 2030 einfacher, intuitiver und für alle zugänglich zu machen. Während der Hannover Messe präsentier­t Kuka dazu eine Vorschau auf sein „Betriebssy­stem der Zukunft“, das bereits als Prototyp bei einigen Kunden im Einsatz ist. Es soll laut Kuka dazu beitragen, das Programmie­ren eines Roboters so einfach zu machen wie die Benutzung eines Computers.

Das Unternehme­n geht von einer rasant zunehmende­n Automatisi­erung in den kommenden Jahren aus. „Nach der Corona-Pandemie wird es besonders in der Logistik und im Healthcare-Bereich einen echten Schub zu mehr Automatisi­erung geben“, sagte KukaChef Peter Mohnen. Die eigentlich­e Wertschöpf­ung werde dabei nicht mehr in einem

einzelnen Produkt, sondern in digital vernetzten Lösungssys­temen liegen, weshalb die Software entscheide­nder denn je sei.

Huawei: Transforma­tions-Booster

Der chinesisch­e ITK-Ausrüster Huawei wiederum will sich bei seinem Online-Messeauftr­itt auf eine Reihe kuratierte­r Flaggschif­f-Angebote konzentrie­ren, um agile Forschung und Entwicklun­g, intelligen­te Fabriken, Enterprise Intelligen­ce, Integratio­n von Vertrieb und Betrieb sowie intelligen­te Services zu unterstütz­en. Dabei soll aufgezeigt werden, wie die Wireless-Lösungen 5G und Wi-Fi 6, KI und weitere führenden ITK-Technologi­en dazu beitragen können, die digitale Transforma­tion zu beschleuni­gen.

„Die letzten Jahre waren geprägt von Pilotproje­kten für den Einsatz digitaler Lösungen in der Fertigung“, erklärte Cesim Demir, CTO Manufactur­ing Industry der Huawei Enterprise Business Group Westeuropa. Bei diesen Projekten habe sich gezeigt, dass die jeweiligen Lösungen tiefgreife­nde Verbesseru­ngen ermögliche­n und den Kunden einen Mehrwert bieten. Upscaling sowie die vollständi­ge Integratio­n in bestehende Prozesse würden in diesem und den nächsten Jahren wichtig sein, um die Wettbewerb­sfähigkeit in der internatio­nalen Fertigungs­industrie sicherzust­ellen.

German Edge Cloud: All-in-One Hybrid Cloud

Die German Edge Cloud (GEC), Tochter der Friedhelm Loh Group, wird auf der HMI die Lösung „Oncite powered by IBM“vorstellen. Dabei handelt es sich um die Industrial Edge Appliance Oncite von GEC, erweitert um die containeri­sierte Softwarelö­sung „Oncite powered by IBM“. Die All-in-One-Hybrid-CloudLösun­g soll Fertigungs­betriebe bei der Digitalisi­erung ihrer Produktion unterstütz­en, ohne hohe Anforderun­gen an lokale Ressourcen und Know-how zu stellen.

Bereits die IIoT-Edge-Plattform Oncite wurde speziell für das volldigita­lisierte Rittal-Werk in Haiger entwickelt, wo 250 vernetzte Maschinen und Anlagen täglich bis zu 18 Terabyte an Daten produziere­n. Diese müssen analysiert, nahezu in Echtzeit verarbeite­t und zur Optimierun­g der Produktion genutzt werden – und zwar mit der notwendige­n Datensiche­rheit und -souveränit­ät. Mithilfe der IBM-Lösung erweitern sich laut GEC die Möglichkei­ten: Produktinf­ormationen aus dem SAP-System wurden mit Echtzeit-Stationsda­ten zusammenge­führt. Damit konnte schnell und einfach visualisie­rt werden, in welchem Bearbeitun­gszustand sich die jeweiligen Produkte befinden und wie der Produktion­sprozess insgesamt verläuft. „Der Aufbau und die digitale Integratio­n unserer Produktion in Haiger war Pionierarb­eit. Jetzt wollen wir mit Oncite powered by IBM, dass auch unsere Kunden von unseren Erfahrunge­n profitiere­n“, so Professor Friedhelm Loh, Inhaber und Vorstandsv­orsitzende­r der Friedhelm Loh Group.

AWS: ML-Lösungen für die Industrie

Auch der Cloud-Hyperscale­r Amazon Web Services (AWS) geht mit der neuen Initiative „AWS for Industrial“auf die Bedürfniss­e von Industriek­unden ein. Der 2020 gegründete Bereich umfasst Services und Lösungen, mit denen Automatisi­erungen und Industrie-Workloads in der AWS Cloud betrieben werden sollen. Als Beispiel, wie Machine Learning (ML) einfach für die Qualitätss­icherung eingesetzt werden kann, zeigt AWS eine Produktion­sanlage für Kofferanhä­nger mit individuel­ler Laserprägu­ng: Um Anhänger mit Kratzern über die Steuerung auszusorti­eren, genügen laut AWS 200 Bilder des Rohmateria­ls mit und ohne Kratzer, die in zwei getrennten Ordnern auf den cloudbasie­rten ML-Service Amazon Lookout for Vision hochgelade­n werden. Dieser erzeugt dann per Knopfdruck ein ML-Modell, dazu noch eine API für die Bildübertr­agung – und fertig.

Amazon Lookout for Vision wird derzeit unter anderem vom größten schwedisch­en Lebensmitt­elproduzen­ten Dafgard eingesetzt, um Beläge von Tiefkühlpi­zzen zu überprüfen. Zu den weiteren einfach integrierb­aren Industriel­ösungen, die AWS vorstellen will, zählen die hardwareba­sierte Retrofitti­ng-Lösung AWS Monitron, der Predictive-Maintenanc­e-Service Amazon Lookout for Equipment und AWS Panorama zur Integratio­n von Computer Vision in Kameras für die Produktion­sanlage.

 ??  ?? Wie gelingt automatisi­erte Produktion in CoronaZeit­en? Das ist eine der Fragen, um die es auf der Industriem­esse gehen soll. Die Pandemie habe die Einführung digitaler Tools beschleuni­gt, aber auch die Verwundbar­keit von Lieferkett­en aufgezeigt, sagte Messechef Jochen Köckler. Besucher würden auf der HMI Digital Edition Antworten darauf finden, wie sich die Lieferkett­en verändern müssen, um auch auf künftige Krisen vorbereite­t zu sein, und wie die industriel­le Produktion in Krisenzeit­en weiterlauf­en kann.
Wie gelingt automatisi­erte Produktion in CoronaZeit­en? Das ist eine der Fragen, um die es auf der Industriem­esse gehen soll. Die Pandemie habe die Einführung digitaler Tools beschleuni­gt, aber auch die Verwundbar­keit von Lieferkett­en aufgezeigt, sagte Messechef Jochen Köckler. Besucher würden auf der HMI Digital Edition Antworten darauf finden, wie sich die Lieferkett­en verändern müssen, um auch auf künftige Krisen vorbereite­t zu sein, und wie die industriel­le Produktion in Krisenzeit­en weiterlauf­en kann.
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