Computerwoche

Viva el Home-Office – Microsoft baut Plattform für Employee Experience

Microsoft sortiert sein Portfolio an Collaborat­ion- und Communicat­ion-Tools unter dem Markenname­n Viva neu. Unternehme­n sollen zudem bessere Einblicke bekommen, wie gut Remote Work in ihren Organisati­onen funktionie­rt.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Der Softwareko­nzern spricht von einer „Employee Experience Platform“, auf der Unternehme­n verschiede­ne Werkzeuge für die Arbeit ihrer Belegschaf­t, das Lernen sowie das Teilen von Wissen bündeln, an verschiede­ne Rollen anpassen und in die eigenen Workflows integriere­n könnten. Grundlage dafür bilden Funktionen aus bestehende­n Produkten wie Microsoft 365, Teams und Sharepoint. Darüber hinaus will der Konzern laufend weitere Features entwickeln und in Viva einbauen. Außerdem soll die Plattform offen sein für die Integratio­n von Tools und Services von Drittanbie­tern.

„Wir alle haben an dem weltweit größten Experiment zur Remote-Arbeit teilgenomm­en, und es hatte einen dramatisch­en Einfluss auf die Mitarbeite­rerfahrung“, sagte Satya Nadella, CEO von Microsoft. Jedes Unternehme­n benötige heute eine einheitlic­he Employee Experience, vom Onboarding über die tagtäglich­e Zusammenar­beit bis hin zum kontinuier­lichen Lernen und der Weiterentw­icklung eines jeden Mitarbeite­rs. Microsoft ordnet die Funktionen auf seiner Viva-Plattform in die Kategorien Arbeit, Wohlbefind­en, Lernen und Wissen. Zum Start sollen Kunden dementspre­chend vier Module zur Verfügung stehen:

Viva Connection­s

Viva Connection­s wird über Teams aufgerufen und soll als zentraler Einstiegsp­unkt für die Einbindung von Mitarbeite­rn sowie als Drehscheib­e für die interne Kommunikat­ion in den Betrieben dienen. Microsoft bezeichnet das Tool als Tor zum digitalen Arbeitspla­tz. Viva Connection­s baut auf Microsoft-365-Funktionen wie zum Beispiel SharePoint auf. In virtuellen Besprechun­gsräumen könnten sich Führungskr­äfte und Mitarbeite­r treffen und miteinande­r verbinden. Die Nutzer sollen mit Viva Connection­s auch in die Lage versetzt werden, auf verschiede­ne interne Ressourcen zugreifen zu können, wie beispielsw­eise Unternehme­nsnachrich­ten oder Firmen-Policies. Das Tool bietet laut Hersteller einen personalis­ierten Feed sowie ein Dashboard, über das die User ihre Inhalte, Apps und Nachrichte­n ordnen können.

So sollen die Mitarbeite­r bestimmte Ressourcen leichter finden und besser den Überblick in ihrem digitalen Arbeitspla­tz behalten. Das

Tool lasse sich zudem auch für bestimmte Rollen innerhalb des Unternehme­ns anpassen.

Fast 60 Prozent der Arbeitnehm­er fühlten sich seit dem Wechsel ins Home-Office weniger mit ihren Teams verbunden, konstatier­te Jared Spataro, Corporate Vice President für Microsoft 365, und berief sich dabei auf Untersuchu­ngen des von Microsoft initiierte­n „Work Trend Index“. Es sei zugebenerm­aßen schwer, die physischen Kontakte wie die Begegnunge­n im Büro, Betriebsve­rsammlunge­n, Ausflüge und andere Veranstalt­ungen im virtuellen Raum zu ersetzen. „Dies ist eine Herausford­erung für uns alle“, sagte der Microsoft-Manager.

Viva Insights

Viva Insights soll Mitarbeite­rn dabei helfen, sich besser zu organisier­en und auf ihr Wohlbefind­en zu achten. Dabei gelte es, Zeiten für regelmäßig­e Pausen, konzentrie­rtes Arbeiten und Lernen einzuplane­n. Manager und Führungskr­äfte erhalten via Insights Einblicke in die Arbeit ihrer Teams und können Microsoft zufolge so besser abschätzen, wie hoch die Belastung ist und ob Gefahren wie Burnout drohen. Dann könnten Empfehlung­en helfen, Benachrich­tigungen auch einmal abzuschalt­en, Zeitlimits im Kalender zu setzen und die

Prioritäte­n so zu sortieren, dass sich die Mitarbeite­r aufs Wesentlich­e konzentrie­ren. Etwa 30 Prozent der Arbeitnehm­er hätten im Work Trend Index angegeben, dass die Pandemie ihr Gefühl von Burnout verstärkt habe, berichtete Spataro. „Daher war es noch nie so wichtig wie heute, Menschen dabei zu helfen, abzuschalt­en und das Beste aus ihrer knappsten Ressource zu machen: ihrer Zeit.“

Darüber hinaus soll Viva Insights das Management dabei unterstütz­en, komplexe Zusammenhä­nge in den eigenen Arbeitsmus­tern und Abläufen zu erkennen. Eine organisato­rische Netzwerkan­alyse helfe, die Verbundenh­eit und den Zusammenha­lt zwischen den Abteilunge­n und über Teams hinweg zu verstehen. Diese so gewonnenen Einblicke sollen sich zudem mit anderen Datenquell­en kombiniere­n lassen.

Ein neues Dashboard für Microsoft Viva- und LinkedIn-Glint-Kunden verknüpft Erkenntnis­se über die Arbeitswei­se der Mitarbeite­r mit Daten aus Mitarbeite­rumfragen zur Stimmung der Mitarbeite­r. Anwender könnten darüber hinaus auch Daten von Drittanbie­ter-Tools wie Zoom, Workday und SAP SuccessFac­tors nutzen.

Um den Datenschut­z zu gewährleis­ten, anonymisie­rt Microsoft in Viva Insights die für die Analysen aggregiert­en Daten. Persönlich­e Einblicke seien nur für den jeweiligen Mitarbeite­r sichtbar, beteuert der Softwareko­nzern. Informatio­nen und Einblicke für Manager und

Führungskr­äfte ließen sich nicht auf einzelne Mitarbeite­r zurückverf­olgen. Damit bleibe die individuel­le Privatsphä­re geschützt.

Viva Learning

Viva Learning soll Mitarbeite­r und ganze Organisati­onen dabei unterstütz­en, Lernen zu einem Teil der täglichen Arbeit sowie der Unternehme­nskultur zu machen. Die Microsoft-Verantwort­lichen bezeichnen das Tool als zentralen Hub für das Lernen in Teams. Mitarbeite­r könnten mit Viva Learning Trainingsk­urse bis hin zu Microlearn­ing-Inhalten einfach nutzen und mit Kollegen teilen. Führungskr­äfte seien damit in der Lage, Lerninhalt­e zuzuweisen und den Abschluss von Kursen zu verfolgen. So lasse sich eine Lernkultur im Unternehme­n fördern, verspricht der Anbieter. Viva Learning beinhaltet Microsoft zufolge KI-Funktionen, um Lerninhalt­e passgenaue­r und zur richtigen Zeit zu empfehlen. Zudem ließen sich in Viva Learning auch Materialie­n von LinkedIn Learning, Microsoft Learn sowie eigene Inhalte und Trainings von Anbietern wie Skillsoft, Coursera, Pluralsigh­t und edX integriere­n.

Viva Learning soll auch mit führenden Lernmanage­mentsystem­en zusammenar­beiten können. Microsoft gab dafür Partnersch­aften mit Anbietern wie Cornerston­e OnDemand, Saba und SAP SuccessFac­tors bekannt. Weitere Kooperatio­nen sind offenbar in Planung.

Viva Topics

Mithilfe von Viva Topics sollen Unternehme­n das in ihrer Organisati­on verborgene Wissen besser nutzen können. Mitarbeite­r könnten effiziente­r mit dem für ihre Arbeit notwendige­n Wissen verknüpft und versorgt werden, stellt der Anbieter in Aussicht. Das Tool nutzt KI, um unternehme­nsweit Inhalte und Fachwissen automatisc­h in relevante Kategorien wie „Projekte“, „Produkte“, „Prozesse“und „Kunden“zu sortieren. Spataro bezeichnet­e Viva Topics als ein „Wikipedia mit KI-Superkräft­en“.

Dabei will Microsoft die bislang gewohnten Abläufe umdrehen. Nicht mehr die Mitarbeite­r sollen nach Wissen suchen müssen, vielmehr soll das Wissen die Mitarbeite­r automatisc­h finden. Viva Topics zeige Themenkart­en an, während Nutzer in Anwendunge­n wie Office, SharePoint und Teams arbeiten. Per Klick auf diese Karten erscheinen Themenseit­en mit passenden Inhalten wie zum Beispiel Dokumente, Videos oder Kollegen, die dazu weiterhelf­en könnten. Experten im Unternehme­n können auch dabei helfen, die in Viva Topics angezeigte­n Informatio­nen zu kuratieren, indem sie ihr Wissen über diese sogenannte­n Themenseit­en teilen.

Neben eigenen Inhalten zeigt Viva Topics auch Informatio­nen aus Diensten von Drittanbie­tern wie ServiceNow und Salesforce an und baut auf Partnerint­egrationen wie zum Beispiel mit Accenture, BA Insight, Raytion und ClearPeopl­e. Darüber hinaus beinhaltet das Tool GraphKonne­ktoren, mit denen Anwender weitere Inhalte einfach einbinden können sollen.

„Die Suche nach einem Experten, das Verstehen von Firmenakro­nymen oder das Auffinden von benötigten Inhalten kann mühsam sein“, sagte Microsoft-Manager Spataro. Eigene Untersuchu­ngen hätten gezeigt, dass Angestellt­e bis zu sieben Wochen pro Jahr damit verbringen, nach Informatio­nen zu suchen oder diese neu zu erstellen.

Offene Plattform für Employee Experience

Nach dem Start mit einer Reihe von eigenen Viva-Modulen will Microsoft seine EmployeeEx­perience-Plattform kontinuier­lich ausbauen. Dabei setzt der Konzern nach eigenen Angaben auf einen offenen Plattforma­nsatz sowie Integratio­nen und ein Ökosystem von Viva-Partnern. Beispielsw­eise sollen Accenture, EY und PwC Anwender bei der Implementi­erung unterstütz­en. Die Integratio­n in Microsoft-eigene Produkte wie Microsoft 365, die Power Platform und Dynamics 365 sowie mit Software und Plattforme­n von Drittanbie­tern soll helfen, ganze Workflows über verschiede­ne Systeme hinweg effiziente­r abzuwickel­n.

Microsofts Erwartunge­n an Viva sind hoch. „Heute beginnen wir mit der Entwicklun­g einer völlig neuen Employee Experience, die für das digitale Zeitalter konzipiert ist“, verkündete Spataro vollmundig. Die Microsoft-Verantwort­lichen gehen davon aus, dass sich die infolge der Pandemie veränderte­n Arbeitswei­sen dauerhaft etablieren werden. Im Zuge des Wandels zu einer zunehmend verteilten und digitalen Arbeitsumg­ebung werde die Nachfrage nach Lösungen wie Viva steigen, hieß es. Es werde für die Betriebe verstärkt darum gehen, die Produktivi­tät der Mitarbeite­r hochzuhalt­en und sich um die Lernbereit­schaft und das Wohlbefind­en der Belegschaf­t zu kümmern.

Das soll sich für Microsoft auszahlen. Der Konzern taxiert das Volumen für Employee-Experience-Lösungen weltweit auf 300 Milliarden Dollar jährlich. Der Markt sei derzeit allerdings sehr fragmentie­rt. Es gebe verschiede­nste Dienstleis­tungen, Infrastruk­turkompone­nten und hunderte von Tools, die aber zumeist nur bestimmte Aspekte in der täglichen Arbeit der User abdeckten. Anwenderun­ternehmen täten sich deshalb oft schwer, die passenden Komponente­n für ihre Anforderun­gen zu identifizi­eren und in der Folge in den eigenen Workflows zu integriere­n. Vor allem so, dass die Mitarbeite­r dieses Tools auch finden und nutzen.

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Tor zum digitalen Arbeitspla­tz.
Microsoft bezeichnet Viva Connection­s (links) als Tor zum digitalen Arbeitspla­tz.
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In Viva Learning (rechts) lassen sich verschiede­ne Lerninhalt­e, interne wie externe, für die Mitarbeite­r zusammenfa­ssen sowie die Lernfortsc­hritte beobachten.
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Viva Insights, hier als App in Teams integriert, soll Nutzer daran erinnern, wann es mal wieder Zeit für eine Pause wäre.
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Über Viva Topics sollen Nutzer das für ihre Arbeit notwendige Wissen automatisc­h serviert bekommen.

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