Nach Corona wird auch die Führungsarbeit anders
In Zeiten virtueller Zusammenarbeit, zunehmend über Abteilungsgrenzen hinweg, stellt sich die Frage nach den künftigen Aufgaben von Führungskräften neu.
Erschreckend, was der neue „D21-Digital-Index“zum Thema Home-Office aussagt (Seite 6). In der repräsentativen Studie, die ein jährliches Lagebild zur digitalen Gesellschaft in Deutschland zeigt, bekunden drei von vier Führungskräften:
„Ich möchte nicht, dass meine MitarbeiterInnen nach Corona mehr im Home-Office arbeiten als vorher.“Konflikte wird es deshalb wohl nicht geben, verhalten sich die meisten Firmen in dieser Frage doch generös und lassen ihre Beschäftigten mitentscheiden. Dennoch stellt sich die Frage, warum Führungskräfte ihre Teams lieber im Büro antreten lassen. Offiziell geht es ihnen um Zusammenarbeit, Mitarbeiterbindung, Unternehmenskultur, weniger offiziell wohl um Kontrolle. Ein Jahr Coronakrise zeigt nun aber, dass Produktivität und Effizienz keineswegs in Gefahr sind. Die Beschäftigten arbeiten konzentriert und gut von daheim, sie fühlen sich wohl und sind dankbar.
Warum sind so viele Führungskräfte trotzdem skeptisch? Hintergrund ist ihre persönliche Perspektive. Die Coronakrise hat einigen Managern schmerzlich gezeigt, dass sie nicht so „systemrelevant“sind wie angenommen. Manchen sind ihre Aufgabe und damit auch ihr betrieblicher Einfluss buchstäblich aus den Händen geglitten. In der virtuellen Welt kommunizieren und kollaborieren die Menschen schnell und Tool-gestützt untereinander – auch abteilungsübergreifend. Den bremsenden Umweg über die Führungskraft brauchen sie seltener. Das ist nicht neu, schon vor Corona haben Unternehmen darüber nachgedacht, was Führungskräfte künftig tun sollen. Diese Diskussion wird sich jetzt aber verstärken. Im Mittelpunkt stehen nun Rollen und Skills, nicht Hierarchien und Berichtslinien. Gefragt sind Führungskräfte, die unterstützen und sich dem Team unterordnen wollen. Deshalb wünscht sich mancher Manager die „gute alte Zeit“zurück.
Herzlich, Ihr
Heinrich Vaske, Editorial Director