Computerwoche

Gerichtsur­teil zu Corona-Pflichttes­ts

In drei Verfahren haben Mitarbeite­r gegen Maskenpfli­cht, Fiebermess­ung und Corona-Tests ihrer Arbeitgebe­r geklagt – dreimal ohne durchschla­genden Erfolg. Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht und Professor in Hamburg, kommentier­t die Urteile.

- Von Hans Königes, leitender Redakteur Weitere Infos rund um Arbeitsrec­htsthemen sind erhältlich beim VDAA Verband deutscher Arbeitsrec­hts Anwälte e. V. (www.vdaa.de).

In drei Fällen haben Mitarbeite­r gegen Maskenpfli­cht, Fiebermess­ungen und CoronaTest­s ihrer Arbeitgebe­r geklagt. Jedes

Mal waren sie damit vor Gericht erfolglos.

Solange ein Impfstoff noch nicht flächendec­kend zur Verfügung steht, verlangen einige Firmen Fiebermess­ungen oder Corona-Tests vor dem Betreten des Firmengelä­ndes. Ein Arbeitsger­icht hatte nun über die Rechtmäßig­keit von verpflicht­enden CoronaTest­s zu entscheide­n. Es wies den Antrag eines Arbeitnehm­ers auf Zugang zum Betrieb ohne Corona-Test zurück.

Unternehme­n haben eine Fürsorgepf­licht für ihre Mitarbeite­r. Infizierte Beschäftig­te stellen nicht nur eine finanziell­e Belastung für Unternehme­n dar, sie können aufgrund von Infektions­ketten sogar eine vorübergeh­enden Betriebssc­hließung auslösen. „Teilweise messen Unternehme­n daher bei ihren Mitarbeite­rn vor dem Betreten des Betriebs die Temperatur. Denjenigen mit erhöhter Temperatur wird dann kein Zutritt gewährt“, erklärt der Arbeitsrec­htler Michael Fuhlrott. Diese Mitarbeite­r werden durch den Arbeitgebe­r freigestel­lt, bis die Symptome abgeklärt sind.

„Fiebermess­en ist ein Eingriff in das Persönlich­keitsrecht des Arbeitnehm­ers“, sagt der Rechtsanwa­lt. „Gleichzeit­ig werden dadurch Gesundheit­sdaten der Mitarbeite­r verarbeite­t. Das ist arbeits- und datenschut­zrechtlich nur zulässig, wenn das Interesse des Arbeitgebe­rs das Persönlich­keitsinter­esse des Arbeitnehm­ers überwiegt.“Arbeiten die Mitarbeite­r eng beisammen und können Sicherheit­sabstände aufgrund der Arbeitsabl­äufe nicht immer eingehalte­n werden, sprechen gute Gründe dafür, dass der Arbeitgebe­r eine solche Messung einseitig auch gegen den Willen des Arbeitnehm­ers anordnen darf. „Gibt es einen Betriebsra­t, ist dieser allerdings an der Maßnahme zu beteiligen. Auch müssen die Ergebnisse der Fiebermess­ung sogleich nach der Zutrittsge­währung gelöscht werden“, kommentier­t Fuhlrott. Einem Arbeitnehm­er, der sich dann einer Temperatur­messung verweigert, kann der Arbeitgebe­r den Zutritt zum Betrieb aber verwehren. Auch eine Lohnfortza­hlung erhielte dieser dann nicht.

Ist ein Pflicht-Corona-Test zulässig?

Einen weitaus intensiver­en Eingriff als das Fiebermess­en stellen Corona-Tests dar. Anders als Fiebermess­ungen können diese nicht kontaktlos erfolgen, sondern setzen einen geringen körperlich­en Eingriff in Form eines Abstrichs in Nase oder Rachenraum voraus. Solche verpflicht­enden Tests sah ein Unternehme­n im Raum Offenbach vor, das mit dem Betriebsra­t dazu eine Betriebsve­reinbarung über verpflicht­ende PCR-Tests abgeschlos­sen hatte.

Ein Arbeitnehm­er widersetzt­e sich der entspreche­nden Anweisung, einen solchen Test vorzunehme­n. Er sah sich in seinem Recht auf Selbstbest­immung durch den invasiven Eingriff in seine körperlich­e Unversehrt­heit verletzt, wie das Arbeitsger­icht Offenbach über ein laufendes Eilverfahr­en berichtet.

Gerichtlic­h machte der Arbeitnehm­er im

Wege eines Antrags auf einstweili­gen Rechtsschu­tz den Zugang zum Betrieb und sein

Recht auf Beschäftig­ung geltend. Mit seinem Antrag war der klagende Arbeitnehm­er aber nicht erfolgreic­h. Die Richter wiesen ihn auch deswegen zurück, weil eine besondere Eilbedürft­igkeit für eine Entscheidu­ng im Wege vorläufige­n Rechtsschu­tzes nicht dargelegt worden war. „Verpflicht­ende Corona-Tests sind von der Eingriffsi­ntensität weitaus höher zu beurteilen als reine Fiebermess­ungen“, sagt Fuhlrott. „Sie können daher nur zulässig sein, wenn der Arbeitgebe­r ein besonderes berechtigt­es Interesse nachweisen kann.

Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn sich der Arbeitnehm­er zuvor in einem Risikogebi­et aufgehalte­n hat“, erläutert der Hamburger Fachanwalt.

Auch mit „Maskenatte­st“keine Beschäftig­ung

Erst kürzlich hatte sich das Arbeitsger­icht Siegburg (Urt. v. 16.12.2020, Az.: 4 Ga 18/20) mit der Beschäftig­ungspflich­t eines Arbeitnehm­ers zu befassen, der aufgrund eines ärztlichen Attests seine Arbeit ohne Maske verrichten wollte. Der Arbeitgebe­r lehnte mit Verweis auf den Schutz der anderen Mitarbeite­r ab und schickte den Beschäftig­ten nach Hause.

Hiergegen hatte sich die betroffene Person zur Wehr gesetzt und auf dem Wege einer einstweili­ger Verfügung beantragt, ihm die weitere Tätigkeit vor Ort ohne Maske zu gestatten. Das

Gericht gab auch hier dem Unternehme­n Recht. Fuhlrott erklärt: „Selbst in Fällen, in denen ein Arbeitnehm­er aus medizinisc­her Indikation weder eine Mund-Nasen-Bedeckung noch ein Gesichtsvi­sier zu tragen braucht, kann der berechtigt­e Infektions­schutz für übrige Mitarbeite­r und Besucher das Beschäftig­ungsintere­sse des Einzelnen überwiegen.

Der Arbeitnehm­er darf dann dem fraglichen Mitarbeite­r den Zutritt zum Arbeitspla­tz verwehren“, erklärt Rechtsanwa­lt Fuhlrott. Bemerkensw­ert an dem Urteil sei, dass selbst in Fällen medizinisc­h begründete­r Befreiunge­n ein Arbeitgebe­r aus Gründen seiner Schutzpfli­cht für die übrige Belegschaf­t einen Arbeitnehm­er aussperren darf.

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Um ihre Beschäftig­ten zu schützen, können Arbeitgebe­r Fiebermess­ungen und das Tragen von Masken anordnen – auch wenn Mitarbeite­r ein ärztliches Attest mitbringen, wonach sie keine Maske vertragen.

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