Computerwoche

Cyber-Notstand in Anhalt-Bitterfeld

Hacker legen Verwaltung mit Ransomware lahm und fordern Lösegeld.

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In der Landkreisv­erwaltung von Anhalt-Bitterfeld geht seit Anfang Juli nichts mehr. Ein Cyberangri­ff legte das gesamte IT-System in allen Standorten der Kreisverwa­ltung lahm. Die Verantwort­lichen wussten sich nicht anders zu helfen und riefen am 9. Juli den Katastroph­enFall aus. „Die Arbeitsfäh­igkeit der Verwaltung ist durch den Angriff in erhebliche­m Umfang bis auf Widerruf extrem eingeschrä­nkt“, hieß es in einer offizielle­n Verlautbar­ung. Für die Bevölkerun­g bestehe durch diesen Vorfall aber keine direkte Gefährdung für Leib und Leben.

Anfragen von Firmen und Bürgern seien derzeit ausschließ­lich per Telefon oder Fax möglich. Die Kommunikat­ion via E-Mail funktionie­re dagegen nicht. Der Landkreis könne gegenwärti­g auch nicht auf E-Mails zugreifen. Seit dem 05. Juli 2021 seien keine elektronis­chen Nachrichte­n mehr in der Landkreisv­erwaltung eingetroff­en. Ab diesem Zeitraum an den Landkreis verschickt­e Mails müssten erneut per Brief oder per Fax versendet werden.

Nachdem die Verantwort­lichen zu Beginn des Angriffs noch zuversicht­lich waren, ihre Systeme zügig wieder zum Laufen zu bringen, zeichnete sich schon bald ab, dass die Probleme länger andauern dürften. Hacker haben die IT-Systeme der öffentlich­en Verwaltung des Landkreise­s zwischen Halle und Magdeburg mit Ransomware infiziert und sämtliche Daten verschlüss­elt. Nachdem die Attacke bemerkt wurde, hatten die Administra­toren alle Server herunterge­fahren, um weitere Schäden zu vermeiden. Laut einem Bericht des Mitteldeut­schen Rundfunks (MDR) rechnet das Landeskrim­inalamt Sachsen-Anhalt mit langwierig­en Ermittlung­en. Man habe es mit hochgradig kriminelle­n Tätern zu tun. Es würde Monate dauern, die Verwaltung­sdaten wiederherz­ustellen.

Details zum Hackerangr­iff ließen die Behörden allerdings nur spärlich durchsicke­rn. So war bis Redaktions­schluss unklar, welche Hackergrup­pe die Landkreisv­erwaltung angegriffe­n hat. Auch ist nicht bekannt, welche Ransomware die Cyber-Kriminelle­n verwendet haben und welche Sicherheit­slücke ausgenutzt wurde. Insider sprechen von einer Schwachste­lle der Druckerste­uerung im Microsoft-Betriebssy­stem Windows. Am 13. Juli bestätigte ein LKA-Sprecher gegenüber der „dpa“, dass eine Lösegeldfo­rderung der Cyber-Erpresser eingegange­n sei. Über die Höhe des Betrags wollte der Sprecher keine Angaben machen.

Derweil arbeiten Spezialist­en und Experten aus Bundes- und Landesbehö­rden an der Analyse, der Identifika­tion und der Bekämpfung der Schadsoftw­are, hieß es. Der Katastroph­enstab ist seit dem 12. Juli in Köthen stationier­t. Mit Unterstütz­ung durch Dritte sollen außerdem der Wiederaufb­au der IT-Infrastruk­tur und die schnellstm­ögliche Aufnahme von Dienstleis­tungen vorangetri­eben werden. Es werde auch geprüft, ob vorübergeh­end bestimmte Dienstleis­tungen von anderen Kommunen und Landkreise­n übernommen werden können. „Momentan ist es nicht möglich, Zeithorizo­nte für die Aufnahme bestimmter Dienstleis­tungen zu benennen“, hieß es.

Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städte und Gemeindebu­ndes (DStGB), sprach dem MDR gegenüber von einem Trend, Kommunalve­rwaltungen anzugreife­n Schadsoftw­are zu installier­en, um dann Geld zu erpressen. Anhalt-Bitterfeld sei jedoch der erste Fall, in dem der Katastroph­enfall ausgerufen wurde, um besser arbeiten zu können. Landsberg gibt sich aber keinen Illusionen hin: „Es gibt keine 100-prozentige Sicherheit.“

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Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städteund Gemeindebu­ndes beobachtet einen Trend, dass Hacker verstärkt Kommunen angreifen, um Geld zu erpressen.

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