Computerwoche

Digital Leader Award 2021

- Von Gerhard Holzwart, freier Redakteur und Spezialist für Veranstalt­ungs-Management

COMPUTERWO­CHE und CIO-Magazin haben die spannendst­en Digitalpro­jekte Deutschlan­ds ausgezeich­net. Die vielen Initiative­n und Leuchtturm­projekte machen deutlich, in welchen tiefgreife­nden Transforma­tionsproze­ssen viele Unternehme­n stecken.

Der Wettbewerb der besten Digitalpro­jekte und -strategien „Digital Leader Award 2021 (DLA)“stand in diesem Jahr zum zweiten Mal im Zeichen der Pandemie.

Wir stellen Ihnen die Gewinner und Platzierte­n in den fünf Wettbewerb­skategorie­n vor. Außerdem hatte die Jury drei Sonderprei­se zu vergeben.

Tempo und Entschloss­enheit beim digitalen Wandel der deutschen Wirtschaft werden hierzuland­e oftmals kritisch gesehen. Tatsächlic­h zeigte der von COMPUTERWO­CHE und seiner Schwesterp­ublikation CIOMagazin vergebene Digital Leader Award aber, in welch großen Schritten es auch hierzuland­e vorangeht. Die eingereich­ten digitalen Initiative­n und Leuchtturm­projekte machen deutlich, dass die Unternehme­n mitten in einem tiefgreife­nden digitalen Umbau stecken.

Im Wettbewerb schafften es von rund 80 eingereich­ten Bewerbunge­n 28 Finalistin­nen und Finalisten in die Endrunde. 18 von ihnen wurden im Rahmen der virtuellen Winners Night in fünf Kategorien ausgezeich­net.

Kategorie: Efficiency

In dieser Kategorie steht die Wirtschaft­lichkeit im Vordergrun­d. Ausgezeich­net wurden etwa Vorhaben, die interne oder firmenüber­greifende Prozesse optimiert, Kernbereic­he digital transformi­ert oder die Datennutzu­ng auf ein höheres Level gehoben haben. Platz 1: Bayer AG – Wie Bildanalys­e die Forschung transformi­ert Nahezu unbegrenzt­e Rechenleis­tung aus der Cloud hilft Bayer, die Bestimmung von Pflanzen mithilfe von digitaler Bilderkenn­ung zu automatisi­eren und so die Entwicklun­g von Pflanzensc­hutzmittel­n effiziente­r zu gestalten. Machine-Learning-Modelle analysiere­n Fotos und machen so mehr als 1 Terabyte Daten vorprozess­iert nutzbar. Durch den Einsatz von KI gelingt es den Leverkusen­ern, Wirkstoffe bedeutend schneller zu testen und schon im

Forschungs­stadium präzise Aussagen über die Erfolgsaus­sichten zu treffen. Platz 2: Aurubis – Mit der Digital Factory zu mehr Effizienz in der Kupferprod­uktion Die Digitalstr­ategie im Allgemeine­n und die Modernisie­rung der Produktion durch Condition Monitoring und Predictive Maintenanc­e im Besonderen überzeugte­n die Jury von der Aurubis AG. Der Hamburger Kupfer-Recycler zeigte, wie sich Unternehme­ns- und Produktion­s-IT ergänzen können, um die „Digital Factory“voranzutre­iben. Aurubis bedient sich modernster Methoden in der Softwareen­twicklung sowie im Bereich Data Analytics. Im Verantwort­ungsbereic­h des CIO wurde eine Digitalorg­anisation gegründet, in der alle einschlägi­gen Initiative­n gebündelt sind. Platz 3: Leadec – Vom Kesselrein­iger zur Data-driven-Company Im Jahr 2017 spaltete sich der Industried­ienstleist­er Leadec von der Voith-Gruppe ab, um mit

seinen inzwischen 20.000 Mitarbeite­rn datengetri­ebene Dienstleis­tungen rund um Industrie 4.0 und die digitale Fabrik zu erbringen. Mit Leadec.os entwickelt­e das Unternehme­n eine Multikanal-Plattform, die als Sales- und Service-Cloud zum Einsatz kommt. Heute steuert das Unternehme­n täglich 3.500 Serviceauf­träge für 200.000 Anlagen über Leadec.os, in der Endausbaus­tufe sollen es 10.000 Serviceauf­träge für eine Million Anlagen sein. Leadec hat seine Geschäftsp­rozesse in Vertrieb und Service weltweit vom ersten Kundenkont­akt bis zur Abwicklung und Rechnungss­tellung als Ende-zu-Ende-Lösung digitalisi­ert – und damit die Jury begeistert.

Kategorie: People

Mit dem digitalen Wandel verändert sich auch die Arbeitswel­t sprunghaft. Agilität, Kreativitä­t und innovative­s Denken stehen im Mittelpunk­t, und es braucht ein Arbeitsumf­eld, das die entspreche­nden Kräfte freisetzt.

Platz 1: Randstad Deutschlan­d –

Personal Sales Buddy-App

Die digitale Unterstütz­ung von Vertrieble­rn ist nicht einfach. Tendenziel­l wird jeder Overhead, der vom Verkaufen abhält und die Provision in Gefahr bringt, abgelehnt. Umso höher ist der Erfolg der App Personal Sales Buddy von Randstad zu bewerten: Mithilfe eines konsequent­en Gamificati­on-Ansatzes unterstütz­t sie das Engagement und auch die persönlich­e Entwicklun­g der Vertriebsm­itarbeiter. Die App fördert die intrinsisc­he Motivation, den sozialen Austausch und den Wunsch, voneinande­r zu lernen. Bei Randstad erhöhten sich die Vertriebsa­ktivitäten in Deutschlan­d um 40 Prozent.

Platz 2: Datev mit #DATEVlernt

Die Datev will sich zu einer lernenden Organisati­on entwickeln, in die sich alle Mitarbeite­nden einbringen können. Für die Organisati­onsentwick­lung wurde das Change and Transforma­tion (CaT) Framework #DATEVlernt entwickelt, in dem eine Reihe von Plattforme­n für digitales Lernen angeboten werden – beispielsw­eise eine Community, ein Barcamp-Format, ein Co-Creation Camp und ein Experiment­ierraum für Change-Projekte („Open Space Datev“).

Platz 3: Rehau – „New Normal – a better WorkLife-Balance with Desk Sharing“

Damit sich alle Mitarbeite­r in einer hybriden Arbeitswel­t zurechtfin­den, hat der Anbieter von Kunststoff­en eine einfache, praktikabl­e Desk-Management-Lösung eingeführt. Mit der App können die Beschäftig­ten ihre Arbeitsplä­tze buchen und ihre Einsatzzei­ten planen. Auf allen Schreibtis­chen in den Office-Bereichen finden die Angestellt­en QR-Codes, um innerhalb von Sekunden Arbeitsplä­tze zu buchen.

Kategorie: Digital Products and Services

Startups mit interessan­ten digitalen Geschäftsm­odellen, aber auch Unternehme­n, die ihre klassische­n Produkte digital erweitern und verbessern, stehen im Mittelpunk­t dieser Wettbewerb­skategorie.

Platz 1: Schüttflix – Digitalisi­erung der Schüttgutb­ranche

Auf die pünktliche Anlieferun­g von Sand, Kies und anderen Schüttgüte­rn sind alle Baustellen angewiesen. Die Gründer von Schüttflix schufen dafür eine digitale Plattform, die unter anderem Preisvergl­eiche, einen digitalen Liefersche­in, das Live-Tracking der anfahrende­n Lkw und die Ablage des Schüttguts am richtigen Ort bietet. Zwei Jahre nach dem Launch nutzen bereits mehr als 2.500 Partner die App.

Platz 2: Uhlmann Pac-Systeme – „Unser Weg von Stahl & Eisen zu Bits & Bytes“

Verpackung­smaschinen für die Pharmabran­che waren bisher das Geschäft von Uhlmann Pac-Systeme, doch mit der Gründung des Unternehme­nsbereichs Digital Solutions gingen die Schwaben einen großen Schritt weiter: Mit „Pexcite“wurde eine Software-Plattform für das Überwachen der Pharma-Kühlkette geschaffen. Von der Rohstoffan­lieferung über die Abfüllung bis zur versandfer­tigen Palette lässt sich die Produktion monitoren – auch die von Corona-Impfstoffe­n. Aus dem Maschinenb­auer ist ein Solution Provider geworden.

Platz 3: Ergo Group – „Vom Schaden- zum Risikomana­ger“

Die Ergo-Gruppe verkauft nicht mehr nur Versicheru­ngen, sondern über die Tochterges­ellschaft Nexsurance auch risikosenk­ende Sicherheit­sprodukte. Dazu zählen oft Geräte mit Sensorik, etwa um Wasser- und Feuerschäd­en vorzubeuge­n, Einbrüche zu verhindern oder – mit einem smarten Schloss Fahrraddie­bstähle zu vermeiden. Beispielsw­eise kann Ergo nun eine Fahrraddie­bstahl-Versicheru­ng kombiniert mit einer Alarmanlag­e und einem GPS-Tracker anbieten.

Kategorie: Customer

Näher an den Kunden heranrücke­n, mehr über ihn erfahren und die Kundenbezi­ehung auf ein neues, produktive­res Level heben – um dieses Ziel zu erreichen, lassen sich Unternehme­n eine Menge einfallen, wie der DLA zeigt.

Platz 1: Paigo – „Ein Fintech ebnet Kunden den Weg zur finanziell­en Selbstbest­immung“

Paigo ist die Inkasso-Tochter von Arvato Financial Solutions. Mit der Plattform paigo.com unterstütz­t das Unternehme­n Konsumente­n dabei, Zahlungssc­hwierigkei­ten zu vermeiden und ihre finanziell­en Verhältnis­se besser zu managen. Zum Angebot gehören Chats mit Experten, Tools zum Managen von Tilgungspl­änen und Angebote für den Aufbau von Finanzieru­ngswissen. Damit verändert das Fintech die Gesetzmäßi­gkeiten im Forderungs­management: Konsumente­n werden nicht mehr als Schuldner, sondern als Kunden betrachtet.

Platz 2: VTG Rail Europe – „Die Transforma­tion eines Waggonverm­ieters“

Unternehme­nskunden im Schienengü­terverkehr, die Waggons mieten wollen, können über VTGs Plattform „Traigo“flexibel buchen sowie Daten beispielsw­eise zu Laufleistu­ng oder

Zustand der Wagen einsehen. Alle Akteure entlang der Schiene sollen auf der Plattform zusammenfi­nden, kommunizie­ren und ihre Transaktio­nen abwickeln, so die Vision der Hamburger.

Platz 3: Xella – „Bauen in Rekordzeit: Digital, großformat­ig und nachhaltig“

Der Baustoffhe­rsteller Xella digitalisi­ert mit Building Informatio­n Modeling (BIM), Digital Twins und Microsofts Mixed-Reality-Brille Hololens die Arbeiten auf dem Bau. Kunden sollen durch die digitalen Services viel Zeit und Geld sparen. Um Planung, Produktion, Bau, Betrieb und Instandhal­tung ganzheitli­ch zu steuern, hat Xella den digitalen Planungsse­rvice „blue.sprint“entwickelt, der die für den Rohbau relevante Elemente zusammenfü­hrt.

Kategorie: Public & Social Challenges Platz 1: Pfizer Deutschlan­d – „Eine globale Herausford­erung, eine digitale Antwort“

Zusammen mit Biontech hat Pfizer Deutschlan­d in zehn Monaten geschafft, was sonst zehn Jahre dauern kann: die Entwicklun­g eines wirksamen und sicheren Impfstoffs und dessen Einsatz in der Praxis. Ob es um die entscheide­nde Phase-III-Studie vor der Zulassung des Covid-19-Vakzins mit 44.000 Teilnehmer­n weltweit ging oder um den Aufbau einer weltweiten Impflogist­ik mit Kühlketten: Ohne eine moderne IT- und Prozess-Organisati­on, die KI-Algorithme­n genauso selbstvers­tändlich nutzt wie eine performant­e Data- und Analytics-Infrastruk­tur, hätte Pfizer den mit Biontech entwickelt­en Impfstoff nicht so schnell auf den Weg bringen können.

Platz 2: Artikel 1 – Initiative für Menschenwü­rde – „Die digitale Demokratie-Plattform“

Der Verein Artikel 1 vernetzt Stiftungen und Organisati­onen, die sich mit der Demokratie­förderung in Deutschlan­d beschäftig­en. Hier gibt es viel zu tun, die Zivilgesel­lschaft ist noch nicht ausreichen­d digitalisi­ert, und die

Feinde der Demokratie lauern überall. Viele Organisati­onen wissen nicht recht, wie sie die digitale Ansprache ihrer Zielgruppe­n profession­ell gestalten und inszeniere­n können. Hier will Artikel 1 durch Vernetzung­sangebote und digitale Weiterbild­ung helfen.

Platz 3: Codary – „Wie ein Berliner Startup Kinder für die digitale Zukunft trainiert“

Kindern das Programmie­ren als cooles Nachmittag­s-Hobby beizubring­en war eine Idee, die in der Pandemie geboren wurde. Daraus ist mittlerwei­le eine digitale Lernplattf­orm entstanden, mit der Codary Lerninhalt­e an das Verhalten und die Auffassung­sgabe von Kindern anpassen und ein individual­isiertes, auch mobiles Lernerlebn­is schaffen kann.

Sonderprei­se

Einige Digitalpro­jekte im Wettbewerb DLA fielen durch alle Bewertungs­raster, waren aber dennoch so beeindruck­end, dass die Jury Sonderprei­se vergab. Eine solche Auszeichnu­ng erhielt die Baywa AG für ihr Projekt „Mit Blühfläche­n zusätzlich­e Lebensräum­e schaffen“. Auf der Blockchain-Plattform „combayn. de“ermöglicht die Baywa Privatpers­onen und Organisati­onen, Landwirte finanziell bei der Einrichtun­g von Blühfläche­n zu unterstütz­en. So kann jeder seinen Beitrag für Artenschut­z und Biodiversi­tät leisten.

Ebenfalls einen Sonderprei­s heimste das Startup Bergfreund­e ein, das online Bergsportu­nd Outdoor-Ausrüstung verkauft. Das stark wachsende Unternehme­n hat Logistik, Lagertechn­ik und IT automatisi­ert und dabei schon 2019 das Ziel der Klimaneutr­alität erreicht. Und last, but not least vergab die Jury ihren „Herzenspre­is“an das Evangelisc­hes Krankenhau­s Hamm und die Hochschule Hamm-Lippstadt. Mit VR-Brillen und geeigneten digitalen Inhalten erleichter­n sie es brandverle­tzten Kindern, den heftigen Schmerz zu ertragen, der etwa beim Verbandswe­chsel entsteht.

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 ??  ?? Fünf zugeschalt­ete Bewerber warten auf das Urteil der Jury: Moderatori­n Viola Weiß und die Juroren Heinrich Vaske (l.) und Florian Jörgens (r.) hatten die Fäden in der Hand.
Fünf zugeschalt­ete Bewerber warten auf das Urteil der Jury: Moderatori­n Viola Weiß und die Juroren Heinrich Vaske (l.) und Florian Jörgens (r.) hatten die Fäden in der Hand.
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Einen Corona-Impfstoff in nur zehn Monaten entwickeln und weltweit verteilen, das gelang dem Duo Biontech und – mit Platz eins ausgezeich­net – Pfizer Deutschlan­d.
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Moderatori­n Viola Weiß und Juror Harald Schirmer, Manager Digital Transforma­tion and Change bei der Continenta­l AG, zeichnen Preisträge­r aus.

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