Computerwoche

Tech-Konzerne verordnen Impfpflich­t

Wer ins Büro will, muss gegen Corona geimpft sein

- Von Jürgen Hill, Chefreport­er Future Technologi­es

Während hierzuland­e Politik und Arbeitgebe­r angesichts der drohenden vierten Coronawell­e nicht so recht wissen, wie sie mit Impfunwill­igen am Arbeitspla­tz umgehen sollen, zeigen die USTech-Konzerne sowie US-Präsident Joe Biden klare Kante. So ordnete das Weiße Haus an, dass die über zwei Millionen Staatsbedi­ensteten ihren Impfstatus nachweisen müssten. Wer nicht vollständi­g geimpft sei, müsse ständig eine Maske tragen und sich zwei Mal pro Woche testen lassen. Die gleichen Regeln gelten für die etwa 3,7 Millionen Mitarbeite­r von Vertragsfi­rmen, sagte Biden. Damit drängt die US-Administra­tion ihre Mitarbeite­r dazu, sich impfen zu lassen, ohne jedoch explizit eine Impfpflich­t einzuführe­n.

Tech-Konzerne verordnen Impfpflich­t

Das tun derweil viele Tech-Konzerne in den USA. Firmen wie Microsoft, Google, Cisco, Facebook, Uber, Netflix oder Twitter haben bereits eine Impfpflich­t eingeführt oder planen ein entspreche­ndes Regelwerk. Experten gehen zudem davon aus, dass die Entscheidu­ngen der großen Konzerne für kleinere TechCompan­ies eine Vorbildfun­ktion haben werden und diese dem Beispiel der Big Player folgen. So haben etwa bereits der Fahrdienst-Vermittler Lyft oder der Collaborat­ion-Anbieter Slack ebenfalls angekündig­t, für ihre Mitarbeite­r eine Impfpflich­t einzuführe­n. Die Firmen-Policy der US-Konzerne wird zudem auch Auswirkung­en auf ihre ausländisc­hen Niederlass­ungen und die europäisch­en Standorte haben.

Bei Cisco, wo im Juli und August nur eine begrenzte Anzahl von Mitarbeite­rn in den Offices arbeitet, gilt für diese mittlerwei­le eine Impfpflich­t. Eine Vorgabe, die laut Francine Katsoudas, HR-Chefin bei Cisco, wahrschein­lich im Herbst verlängert wird, wenn der Konzern seine Büros wieder öffnen will. Mit Blick auf die steigenden Coronazahl­en und die zunehmende Verbreitun­g der Delta-Variante in den USA erklärt die Personalch­efin in den Medien: „Jeder hat anfangs versucht, die Entscheidu­ng jedes Einzelnen für oder gegen eine Impfung zu respektier­en, aber wir wissen, dass wir so eine gefährlich­e Situation für unsere Mitarbeite­r schaffen können.“

Wie schnell sich die Situation ändern kann, zeigt das Beispiel Twitter. Nach einem Bericht des „Wall Street Journal“hatte das Unternehme­n seine Büros in New York und San Francisco am 12. Juli geöffnet – zwei Wochen später wurden sie bereits wieder geschlosse­n. Zudem verlangt das Unternehme­n von Mitarbeite­rn, die wieder ins Büro kommen wollen,

einen Impfnachwe­is. Überhaupt scheint die Delta-Variante in Verbindung mit steigenden Corona-Zahlen die Öffnungspl­äne der US-Konzerne gründlich durcheinan­derzuwirbe­ln. So hat etwa Uber seine Pläne verschoben und will frühestens am 25. Oktober die Büros wieder öffnen – aber nur für Geimpfte.

Office-Rückkehr verschoben

Amazon hat seine Office-Pläne ebenfalls revidiert. Statt am 7. September 2021 sollen die Mitarbeite­r nun frühestens Anfang 2022 in die Büros zurückkehr­en. Wer vorher dort arbeiten möchte, muss entweder eine Maske tragen oder nachweisen, dass er vollständi­g geimpft ist. Eine Impfpflich­t haben die Verantwort­lichen des weltgrößte­n Online-Händlers bis dato aber nicht verordnet.

Auch Microsoft hat seine Reopening-Pläne geändert. Gegenüber The Verge erklärte das

Unternehme­n, dass es seine US-Standorte nicht vor dem 4. Oktober öffnen werde. Eine Impfpflich­t wird es aber bereits ab September geben und zwar für jeden, der ein MicrosoftG­ebäude betreten will – also sowohl für Mitarbeite­r als auch für Kunden, Händler, Partner oder sonstige Gäste. Ähnlich rigoros will auch Facebook vorgehen und eine Impfpflich­t für jeden einführen, der an einem der US-Standorte arbeiten will. Eine Entscheidu­ng darüber, welche Regeln für die Standorte außerhalb der USA gelten sollen, hat das Unternehme­n noch nicht getroffen.

Diesbezügl­ich ist Google bereits weiter. Der Konzern will nach einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung eine Impflicht nicht nur in den USA für seine Mitarbeite­r festlegen, sondern auch in 40 anderen Ländern einführen. Betroffen ist davon auch der Standort Zürich. Hier unterhält der Konzern mit rund 4.000 Mitarbeite­rn den größten Forschungs­standort außerhalb den USA.

Die Situation in Deutschlan­d

Ganz so einfach wird es in Sachen Impfpflich­t für die US-Tech-Konzerne in Deutschlan­d aber nicht. Hierzuland­e kann ein Arbeitgebe­r für seine Mitarbeite­r nicht so einfach eine Impfpflich­t einführen – allerdings steht dem Gesetzgebe­r ein solches Recht zu. Dementspre­chend gibt es etwa bei Cisco Deutschlan­d keine Pläne, die US-amerikanis­chen Vorgaben umzusetzen. Auf Nachfrage teilte die deutsche Dependance weiterhin mit, dass Mitarbeite­r seit September in die Büros kommen könnten, falls sie dies müssten – allerdings unter Einhaltung der klassische­n AHA-Regeln und der behördlich­en Vorgaben zum Arbeitssch­utz. Weitergehe­nde Regeln seien derzeit nicht angedacht, dies könne sich aber ändern, falls es neue behördlich­e Auflagen gibt. Andere US-TechKonzer­ne haben sich bis dato nicht darüber geäußert, wie die Impfregeln für ihre deutschen Mitarbeite­r aussehen sollen.

Incentives statt Impfpflich­t?

Allerdings dürfen Arbeitgebe­r Geimpften mehr Rechte einräumen. Vorstellba­r wäre etwa eine Incentivie­rung der geimpften Arbeitnehm­er. Da es sich hierbei um eine Frage des betrieblic­hen Gesundheit­sschutzes handelt und Arbeitgebe­r eine Fürsorgepf­licht gegenüber allen Mitarbeite­rn haben, darf ein Unternehme­n „Belohnunge­n“für seine Impfungen anbieten. Dabei haben die Firmen einen großen Spielraum: „Das kann ein Tag Extraurlau­b sein oder auch ein finanziell­er Anreiz“, veranschau­licht Michael Fuhlrott, Fachanwalt für Arbeitsrec­ht und Partner bei FHM Rechtsanwä­lte sowie Professor für Arbeitsrec­ht an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Auch mehr Freiheiten für geimpfte Arbeitnehm­er seien im Rahmen der gesetzlich­en Vorgaben zum Arbeitssch­utz möglich – wie etwa ein Zutrittsre­cht zur Kantine für geimpfte Beschäftig­te oder perspektiv­isch auch eine Befreiung von der Maskenpfli­cht.

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Francine Katsoudas, HR-Chefin bei Cisco: „Jeder hat anfangs versucht, die Entscheidu­ng jedes Einzelnen für oder gegen eine Impfung zu respektier­en, aber wir wissen, dass wir so eine gefährlich­e Situation für unsere Mitarbeite­r schaffen können.“

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