Computerwoche

So schützen Sie sich gegen Hacker

Mit der Digitalisi­erung nehmen die Sicherheit­sprobleme zu. Doch es gibt Techniken, sich gegen die Angriffe zu wehren.

- Von Martin Bayer, Deputy Editorial Director

Diebstahl, Spionage und Sabotage – jährlich entsteht der deutschen Wirtschaft daraus ein Schaden von 223 Milliarden Euro, hat eine Untersuchu­ng des IT-Verbands Bitkom ergeben. Vor allem die immer raffiniert­eren Cyberattac­ken und Erpressung­en mit Ransomware machen den Betrieben zu schaffen. Sie fordern mehr Unterstütz­ung durch die Politik.

Die Hiobsbotsc­haften häufen sich. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendein Cyberangri­ff für Schlagzeil­en sorgt: Die Ransomware-Attacke auf den USamerikan­ischen Pipeline-Betreiber Colonial, die hunderte Tankstelle­n an der US-Ostküste trockenleg­te. Der Hackerangr­iff auf den Softwarean­bieter Kaseya, in dessen Fahrwasser zahlreiche Managed Service Provider ihre nichts Böses ahnenden Kunden mit Ransomware infizierte­n. Oder der verheerend­e Cybervorfa­ll im Landkreis Anhalt Bitterfeld. Dort kämpfen Experten auch Wochen nach dem Ransomware-Angriff Anfang Juli darum, Teile des korrumpier­ten IT-Systems Stück für Stück wiederherz­ustellen und zum Laufen zu bringen.

Experten, Verbände und Politik schlagen Alarm. Durch Diebstahl, Spionage und Sabotage entsteht der deutschen Wirtschaft jährlich ein Gesamtscha­den von 223 Milliarden Euro, meldete Anfang August der Bitkom. Die Schadenssu­mme sei insgesamt mehr als doppelt so hoch wie in den Jahren 2018/2019 (103 Milliarden Euro) und hätte damit ein neues Rekordnive­au erreicht. Neun von zehn Unternehme­n (88 Prozent) seien 2020/2021 von Angriffen betroffen gewesen, so das Ergebnis einer repräsenta­tiven Bitkom-Studie. Hierzu wurden mehr als 1.000 Unternehme­n quer durch alle Branchen befragt. In den Jahren 2018/2019 waren drei Viertel aller Betriebe Opfer solcher Angriffe.

Hauptursac­hen für den massiven Anstieg der Schadenssu­mme sind aus Sicht der BitkomVera­ntwortlich­en Ausfälle und Störungen von IT-Systemen sowie Ransomware-Angriffe und Erpressung. Die so verursacht­en Schäden haben sich dem IT-Verband zufolge im Vergleich zu den Vorjahren 2018/2019 mehr als vervierfac­ht. Ausfälle, Diebstähle oder Schädigung­en von Informatio­ns- und Produktion­ssystemen oder Betriebsab­läufen richteten einen Schaden von 61,9 Milliarden Euro an (2019: 13,5 Milliarden Euro). Ransomware-Attacken kosteten die deutsche Wirtschaft 24,3 Milliarden Euro (2019: 5,3 Milliarden Euro).

Laut Umfrage sieht fast jedes zehnte Unternehme­n seine geschäftli­che Existenz durch Cyberattac­ken bedroht. „Die Wucht, mit der Ransomware-Angriffe unsere Wirtschaft erschütter­n, ist besorgnise­rregend und trifft Unternehme­n aller Branchen und Größen“, kommentier­te Bitkom-Präsident Achim Berg die aktuelle Entwicklun­g. Entspannun­g in

Sachen Cyberattac­ken ist nicht in Sicht, so die vorherrsch­ende Meinung der deutschen Wirtschaft. Im Gegenteil: 83 Prozent der Unternehme­n befürchten, die Zahl der Angriffe werde bis Ende dieses Jahres noch zunehmen. 45 Prozent rechnen sogar mit einem starken Anstieg der Attacken. Besonders bedroht sehen sich Betreiber kritischer Infrastruk­turen sowie mittelgroß­e Betriebe mit bis zu 500 Mitarbeite­rn.

Die größte Gefahr geht dabei laut den vom Bitkom befragten Unternehme­n von Angriffen mit Ransomware aus. 96 Prozent halten solche Attacken für bedrohlich. Die Ausnutzung neuer Sicherheit­slücken (Zero-Day-Schwachste­llen) fürchten 95 Prozent der Unternehme­n. Auch Spyware-Angriffe (83 Prozent), Angriffe mit Quantencom­putern (79 Prozent) sowie eingebaute Hintertüre­n, sogenannte Backdoors,

(78 Prozent) werden als bedrohlich erachtet.

Zu wenig Geld für IT-Sicherheit

Ein Patentreze­pt, wie die zunehmend heiklere Sicherheit­slage entschärft werden könnte, ist nicht in Sicht. Dabei geht es im Wesentlich­en um zwei Aspekte. Zum einen sind die Unternehme­n gefordert, mehr für die Security zu tun. Immerhin haben laut der Umfrage viele Betriebe ihre Investitio­nen in IT-Sicherheit aufgestock­t: 24 Prozent haben sie deutlich erhöht, 39 Prozent zumindest etwas. Durchschni­ttlich setzen die Unternehme­n laut Studie sieben Prozent ihrer IT-Mittel für IT-Sicherheit ein. Zu wenig, befinden die Bitkom-Verantwort­lichen: „Gemessen am gesamten IT-Budget sind die Aufwendung­en für ein Mehr an Sicherheit aber weiter gering.“

Zum anderen geht es darum, gezielter gegen die Banden und Hintermänn­er von Cybercrime vorzugehen. Doch damit tun sich die Behörden nach wie vor sehr schwer. Das liegt unter anderem auch daran, dass der Anteil der Organisier­ten Kriminalit­ät kontinuier­lich wächst – von sieben Prozent in den Jahren 2016/17 auf aktuell knapp 30 Prozent, Tendenz weiter steigend.

Die Täter sind nach Opferangab­en zumeist im Ausland zu verorten – Osteuropa, Russland und China stehen auf der Liste der Herkunftsl­änder von gut organisier­ten Hackerband­en ganz oben. Ein knappes Drittel der betroffene­n Betriebe konnte indes keine Angaben darüber machen, woher sie angegriffe­n wurden. Auch dieser Wert stieg im Vergleich zur vorangegan­genen Bitkom-Umfrage aus den Jahren 2018/19 deutlich – „ein Indiz für erfolgreic­here Verschleie­rungstakti­ken der Angreifer“, interpreti­eren die IT-Lobbyisten die Zahlen.

Um künftig besser vor Diebstahl, Spionage und Sabotage geschützt zu sein, erwartet die deutsche Wirtschaft wirksame politische Antworten: Die Unternehme­n fordern unisono ein stärkeres Vorgehen gegen Cyberattac­ken aus dem Ausland, eine intensiver­e EU-weite Zusammenar­beit bei Cybersiche­rheit und einen besseren Austausch zu IT-Sicherheit zwischen Staat und Wirtschaft. Grundsätzl­ich müsse sich die Politik stärker engagieren, um Unternehme­n vor Cyberangri­ffen zu schützen, sagen 85 Prozent der befragten Betriebe.

Das dürfte jedoch auch in Zukunft schwierig bleiben. Im Cyberraum haben gewiefte Hacker genug Möglichkei­ten, ihre Identitäte­n und Operations­basen zu verschleie­rn. Dazu kommt, dass deutsche beziehungs­weise europäisch­e Behörden wenig bis gar keine Möglichkei­ten haben, gegen Banden vorzugehen, die aus Russland oder China heraus operieren. Zumal Experten mutmaßen, dass die Cyberkrimi­nellen dort von staatliche­n Behörden und Geheimdien­sten gedeckt werden. Gerade autoritäre demokratie­verachtend­e Regime, wie sie in China und Russland an der Macht sind, hätten durchaus ein Interesse daran, westliche Wirtschaft­s- und Gesellscha­ftssysteme zu destabilis­ieren. Hackerangr­iffe auf Unternehme­n, Behörden und Verwaltung­en sind da ein durchaus probates Mittel.

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 ??  ?? Achim Berg, Bitkom-Präsident „Die Wucht, mit der Ransomware-Angriffe unsere Wirtschaft erschütter­n, ist besorgnise­rregend und trifft Unternehme­n aller Branchen und Größen.“
Achim Berg, Bitkom-Präsident „Die Wucht, mit der Ransomware-Angriffe unsere Wirtschaft erschütter­n, ist besorgnise­rregend und trifft Unternehme­n aller Branchen und Größen.“
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