Computerwoche

Der KI-Einsatz in der Personalar­beit steht noch ganz am Anfang

- (hk)

Lebensläuf­e analysiere­n, Stellenang­ebote optimieren und Chatbots für den ersten Bewerberko­ntakt einsetzen – mit diesen Perspektiv­en können Personalab­teilungen am ehesten leben, solange ethische Grundsätze befolgt werden.

Es sind vor allem Recruiting-nahe Anwendungs­fälle wie das Optimieren von Stellenanz­eigen, die automatisi­erte Analyse von Lebensläuf­en oder die Integratio­n von Chatbots, für die sich Personalve­rantwortli­che den Einsatz von künstliche­r Intelligen­z (KI) vorstellen können. Das ergab eine Umfrage des Bundesverb­andes für Personalma­nager (BPM) und des Ethikbeira­ts HR.

„Künstliche Intelligen­z befindet sich im Personalma­nagement im Aufwind“, bestätigt Inga Dransfeld-Haase, Präsidenti­n des BPM, den Trend. Im Rahmen der Erhebung waren die Teilnehmer­innen und Teilnehmer zu acht Anwendungs­feldern von KI und modernen Technologi­en im HR-Management befragt worden. Konkret ging es um Techniken wie die automatisi­erte Analyse von Lebensläuf­en, das Optimieren von Stellenanz­eigen, Chatbots als erste Ansprechpa­rtner für Bewerber, das Matching von Profilen, das Erstellen von Rankings, automatisi­erte Vorschläge für Entwicklun­gsmaßnahme­n, die technische Analyse von Audio- und Video-Aufnahmen sowie Prognosen von Kündigungs­wahrschein­lichkeiten.

Diejenigen, die bereits KI und moderne Technologi­en nutzen, schätzen mehrheitli­ch deren Möglichkei­ten. Eine qualitativ­e Verbesseru­ng der Personalar­beit stelle sich ein. Die Spitzenplä­tze belegen dabei die Chatbot-Nutzung (93 Prozent), das Optimieren von Stellenanz­eigen (92 Prozent) und das Matching von Profilen (91 Prozent). Die automatisi­erte Analyse von Lebensläuf­en wird etwas kritischer eingestuft (84 Prozent).

De facto sind diese Techniken aber noch kaum verbreitet. Am ehesten wird noch die automatisi­erte Analyse von Lebensläuf­en eingesetzt, auch bekannt als CV Parsing. Sie kommt bei elf Prozent der Befragten zum Einsatz. Nur sieben Prozent unterstütz­en die Verbesseru­ng ihrer Stellenanz­eigen mit intelligen­ter Technik, und Chatbots sowie Lösungen für das Matching von Profilen kommen jeweils nur bei fünf Prozent zum Einsatz. Das Analysiere­n von Audiound Videoaufna­hmen findet de facto nicht statt, ebenso wenig das automatisi­erte Vorhersage­n von Kündigungs­absichten.

Problem: Trainingsd­aten

Die Arbeit mit KI und modernen Technologi­en setzt eine sorgfältig­e Prüfung der im Rahmen der für die Anwendunge­n genutzten historisch­en Datenbestä­nde voraus, um Diskrimini­erungen und andere Fehlentwic­klungen zu vermeiden. In dieser Hinsicht identifizi­ert die Studie einen beunruhige­nden Befund: Je nach Anwendung wird in fast einem Drittel bis zur Hälfte der Fälle auf Tests der Anwendunge­n verzichtet.

Befragt nach den zehn Richtlinie­n des Ethikbeira­ts HR-Tech zeigt sich in der Untersuchu­ng eine breite Zustimmung. Als besonders relevant bewerten die Studientei­lnehmer die Forderung, dass die letzte Entscheidu­ngsbefugni­s für die Nutzung beziehungs­weise den Einsatz einer Technologi­e einer natürliche­n Person obliegen muss und nicht ein Algorithmu­s alleine entscheide­n kann.

„Noch besteht aber eine erhebliche Kluft zwischen dem Anspruch einerseits und der digitalen Elementarb­ildung und dem Handlungsw­issen anderersei­ts“, resümiert Martin Kersting, Professor für psychologi­sche Diagnostik an der Justus-Liebig-Universitä­t Gießen und Mitglied des Ethikbeira­ts HR-Tech.

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