Neun Tipps für den digitalen Umbau des Unternehmens
Hierarchien auflösen, klare Ziele formulieren, Teams eigenständig arbeiten und entscheiden lassen: Wenn Unternehmen die Früchte der digitalen Transformation ernten wollen, müssen sie sich grundlegend ändern. Lesen Sie, welche Maßnahmen sinnvoll sind.
Heute gibt es kaum noch Betriebe, die sich den digitalen Umbau nicht auf die Fahnen geschrieben haben. Aber wenn es um die Transformation von der Idee in die Praxis und den konkreten Nutzen geht, kommen Projektteams häufig kaum vom Fleck. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Es beginnt bei Organisationsstrukturen, die weder die Fokussierung auf den Kunden noch ein schnelles Reagieren auf Marktentwicklungen unterstützen. Hinzu kommt eine über Jahrzehnte gewachsene Unternehmenskultur, die agilem Denken und Handeln im Wege steht. Und dann ist oft immer noch ein Führungsstil verbreitet, der nicht den Menschen in den Mittelpunkt stellt, sondern seine Funktion.
Softwareunternehmen sind prädestiniert dafür, voranzugehen. Zum einen ist die technologische Seite der Digitalisierung ein originäres IT-Thema. Zum anderen ist die im IT-Umfeld längst gelernte Methode der Agilität geeignet, die Herausforderungen zu meistern. Um der hohen Komplexität des 21. Jahrhunderts angemessen zu begegnen, brauchen wir agile Teams, die erkennen, ausprobieren und schnell agieren. Nachfolgend einige Praxistipps, die Unternehmen helfen können, ihre Digitalisierungsvorhaben erfolgreich umzusetzen.
Tipp 1: Vision entwickeln – Ziele definieren
In vielen Unternehmen beginnt das Problem damit, dass Digitalisierungsteams ans Werk gehen, ohne zuvor ihre Ziele klar definiert zu haben. Doch das ist entscheidend. Klären Sie unbedingt ab, wo Ihr Unternehmen im digitalen Zeitalter seine besten Chancen haben wird und in fünf oder zehn Jahren stehen soll. Entwickeln Sie eine klare Vision, eindeutige Ziele und eine Strategie. Je konkreter Sie dabei sind, desto besser. Ohne diese Definition wird sich zwangsläufig ein Schlingerkurs ergeben, der unnötig Arbeitskraft bindet, Menschen demotiviert und viel Geld kostet. Häufig führt er nicht zum Erfolg.
Tipp 2: Hierarchische Strukturen auflösen
Schaffen Sie zuerst die organisatorischen Voraussetzungen für die digitale Transformation und gehen Sie dann die technischen Lösungen an. Hierarchisch geprägte, lineare Organisationsstrukturen behindern die Entwicklung hin zum digitalen Unternehmen. Sie kreisen oft um sich selbst und orientieren sich weder
an einer Problemlösung noch am Kundeninteresse. Erfahrungsgemäß sind hierarchische Strukturen der entscheidende Störfaktor, der Projektteams ausbremst.
Unternehmensbereiche sollten künftig bestimmte Fähigkeiten repräsentieren, die zum Erreichen von Zielen gebraucht werden. Diese können zum Beispiel das Entwickeln eines Produkts, das Umsetzen eines Services für das Produkt oder auch dessen Abrechnung sein. Um die Organisationsstruktur zu ändern, beginnen Sie idealerweise damit, Produktteams zu bilden, in denen alle notwendigen Kompetenzen abgedeckt sind. Entscheidend ist: Die Teams müssen autark agieren können.
Tipp 3: Teams eigenständig agieren lassen
Geben Sie Ihren Teams so viele Freiheiten wie möglich und lassen Sie sie eigenständig agieren. Sie sollten selbst dafür verantwortlich sein, ihre Vision und ihren Fokus innerhalb der gesetzten Rahmenbedingungen und Ziele zu finden. Und sie müssen ihren Bereich eigenständig gestalten können. Jedes Team und jedes Mitglied muss sich darauf fokussieren, seinen Teil zur Wertschöpfung beizutragen und seine Kunden optimal zu bedienen. Dabei darf es keinen Unterschied zwischen internen und externen Kunden geben. Mit der bewussten Ausrichtung auf deren Bedarf fokussiert sich das Team fast automatisch auf den Mehrwert, den es schafft.
Sorgen Sie dafür, dass die Teams ohne große Hindernisse in der Lage sind, die für ihre Arbeit erforderlichen Ressourcen zu beschaffen. Sie sollten im Rahmen ihres Budgets Kompetenzen, die im Unternehmen nicht vorhanden sind, selbstständig einkaufen können. Solch eigenständiges Handeln braucht – und fördert – ein Selbstverständnis, in dem niemand mehr auf hierarchische Zuständigkeiten und Abhängigkeiten verweist. Die dafür nötige prozessuale Routine gilt es zu trainieren, etwa durch regelmäßige Team-Meetings und Workshops.
Wichtig: Machen Sie die Ergebnisse und Ziele der Teams öffentlich sichtbar. Drucken Sie sie beispielsweise auf Plakate, die an Türen oder in gemeinsam genutzten Räumen angebracht sind. Die Teams müssen ihre Vision und ihre Ziele ständig hinterfragen und bei Bedarf neu justieren dürfen. Das geschieht in regelmäßigen Synchronisations-Meetings – alle ein oder zwei Wochen, mindestens jedoch einmal im Monat. Dabei werden Sprints, Verantwortlichkeiten und Timings definiert. Es sollte immer auch Raum dafür sein, Vision und Ziele mit den bisherigen Erfahrungen und Ergebnissen abzugleichen.
Tipp 4: Interne Startups gründen
Dieses Vorgehen führt zwangsläufig dazu, dass die Verantwortung weg von Hierarchien hin zur Produkt- und Kundenorientierung verschoben wird. Damit das gelingt, suchen Sie sich Bereichsleiter und andere Verantwortliche, die willens und in der Lage sind, diese Machtverschiebung mitzutragen und zu gestalten. Bilden Sie interne Startups und binden Sie „Intrapreneure“aktiv ein. Bei aller Eigenständigkeit bleibt aber die fachliche Führung der Teams sehr wichtig. Sie stellt sicher, dass jeder Mitarbeiter seine Verantwortung annimmt und sich nicht hinter dem Team versteckt.
Tipp 5: Agiles Handeln forcieren
Agil zu denken ist eine Frage der grundsätzlichen Haltung. Es geht um eine Änderung des Mindsets – und um die oft beschworene agile Unternehmenskultur. Sie zu etablieren, gelingt am besten mit den bereits genannten Intrapreneuren. Zusammen mit den Teamleitern sollten sie sich und ihre Teams darin trainieren, agil zu denken und zu handeln. Das heißt: anhand ihrer Vision und Ziele einen groben Plan entwickeln, davon die wesentlichen ersten Schritte ableiten, aber nicht zwingend das ganze Projekt erst zu hundert Prozent durchplanen. Beginnen Sie mit den Aktivitäten, die in kürzester Zeit den höchsten Nutzen für den Kunden bringen. Das bringt die schnellsten
Erfolgserlebnisse und stärkt die Motivation und das Selbstvertrauen. Leiten Sie Ihre internen Prozesse und Aufgaben immer konsequent von den Anforderungen Ihres Kunden und dem konkreten Nutzen ab. Sinnvoll ist es, nach jedem Schritt mit dem Kunden zu sprechen und abzuklären, ob das bisher Erreichte den Erwartungen entspricht. Besprechen Sie die Ergebnisse innerhalb der regelmäßigen TeamMeetings, gleichen Sie sie immer wieder mit Ihren Visionen und Zielen ab und planen Sie dann die nächsten Sprints und deren gewünschte Ergebnisse.
Tipp 6: Transparenz leben
Um Wissen und Information im Unternehmen verfügbar zu machen, braucht es Offenheit und nachvollziehbare Entscheidungen. In jedem Betrieb gibt es Menschen, die Transparenz vorleben. Belohnen Sie diese Offenheit, fördern Sie die Karriere solcher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Schaffen Sie das Bewusstsein dafür, dass die im Team gesammelten Daten auch für andere im Unternehmen potenziell wertvoll sind.
Es empfiehlt sich auch, technische Hürden abzubauen, um das Teilen einfach zu machen. Ein einfach zu nutzender Datenkatalog ist ein guter Anfang. Er kann als Marktplatz dienen, auf dem Mitarbeiter über eine intelligente Suche die für sie relevanten Daten finden können. Wenn zum Beispiel das Marketing für eine Pressemitteilung die aktuellen Umsatz- und Mitarbeiterzahlen braucht, sollte es diese im Datenkatalog problemlos finden. Natürlich muss über Data-Governance-Richtlinien abgesichert sein, dass Qualität, Schutz und Sicherheit der Daten gewährleistet sind. So lassen sich Daten vermehrt wiederverwenden.
Tipp 7: Daten analysieren und nutzen
Fördern Sie gezielt die Fähigkeit der Teams, Daten zu analysieren und weiterzuverarbeiten – zum Beispiel durch Workshops und Fortbildungen. Durch den bewussten Umgang mit Daten entstehen fast automatisch sogenannte Data Products und Data Meshs, die den Weg zur Data-driven Company ebnen.
Bei der Weiterentwicklung der Datenstrategie sollten marktwirtschaftliche Prinzipien Priorität haben. Wie lässt sich der höchste Nutzen aus den vorhandenen und täglich neu hinzukommenden Daten ziehen? Schaffen Sie Anreize, damit Datenproduzenten auf dem gemeinsamen Datenmarktplatz einstellen und teilen. Die Nachfrage muss das Angebot bestimmen. Auf diese Weise zeigt sich relativ schnell, mit welchen Daten sich echter Mehrwert schaffen lässt. Und es ist im Interesse der Datenproduzenten, hochwertige Daten anzubieten.
Es entsteht nach und nach ein Ökosystem für den Datenaustausch, das allen nutzt. Die Produktentwicklung etwa kann profitieren, indem sie einfachen Zugriff auf die Anforderungen bestimmter Kundengruppen hat. Und der Vertrieb kann gezielt recherchieren, welche Produkt-Verbesserungen in der Pipeline und wann sie zu erwarten sind.
Tipp 8: Die Teams vernetzen
Sorgen Sie für eine gute Vernetzung der Teams untereinander und mit Ihren Kunden. Allein schon das Prinzip der Transparenz schafft durch das Teilen von Daten eine Verbindung zwischen den Teams. Zugleich wachsen durch die eigenständig und kundennah agierenden Teams Kunden-Lieferanten-Beziehungen.
Tipp 9: Automatisieren
Treiben Sie die Automatisierung voran. Stehen genügend Daten zur Verfügung und sind
Teams und Maschinen gut vernetzt, ergeben sich daraus auch neue Potenziale für die Automatisierung. Sie kann Abläufe und Prozesse im Unternehmen deutlich beschleunigen und zugleich deren Qualität steigern.
„Durch den bewussten Umgang mit Daten entstehen fast automatisch sogenannte Data Products und Data Meshs, die den Weg zur Data-driven Company ebnen.“