Computerwoche

Mike Lynch ausliefern – HPE will Satisfakti­on für Autonomy-Desaster

Mit falschen Angaben soll Autonomy-Gründer Mike Lynch sein Unternehme­n vor zehn Jahren viel zu teuer an HPE verkauft haben. Jetzt soll die US-Justiz übernehmen.

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Es wird eng für Mike Lynch. Die Richter am High Court in London haben am 28. Januar 2022 entschiede­n, dass der Gründer des britischen Softwareun­ternehmens Autonomy an die USA ausgeliefe­rt werden soll. Kurz darauf genehmigte die britische Innenminis­terin Priti Patel die Auslieferu­ng. Lynch soll sich in den Vereinigte­n Staaten wegen Betrugs vor Gericht verantwort­en. Die Vorwürfe reichen Jahre zurück. Im August 2011 hatte das damals noch vereinte Unternehme­n Hewlett-Packard angekündig­t, das britische Softwareha­us Autonomy für rund elf Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Eingefädel­t hatte den Deal der damals neu amtierende HP-Chef Léo Apotheker, der jedoch schon im Jahr darauf wieder seinen Hut nehmen musste.

Das Desaster rund um die Autonomy-Übernahme dürfte den Rausschmis­s Apothekers verursacht haben. Schon zum Zeitpunkt des Deals wurde der Kaufpreis von vielen Marktbeoba­chtern als absurd hoch kritisiert.

Hat Autonomy seine Bilanzen frisiert?

Das Unglück nahm seinen Lauf. Im Mai 2012 verließ Lynch das Unternehme­n. Im November des gleichen Jahres riss die Akquisitio­n ein tiefes Loch in die Bilanz von HP. Der IT-Konzern musste insgesamt rund 8,8 Milliarden Dollar auf Autonomy abschreibe­n. Die HP-Verantwort­lichen sprachen von Unstimmigk­eiten in den Bilanzen der Briten und warfen Lynch vor, die Zahlen absichtlic­h schön gerechnet zu haben, um den Preis der Software-Company in die Höhe zu treiben. Der Gründer wies die Anschuldig­ungen zurück und warf HP Missmanage­ment bei Integratio­n und Betrieb seiner Firma vor. Das habe letzten Endes zu dem Riesenverl­ust geführt.

Meg Whitman, damals die Nachfolger­in von Apotheker, gab allerdings nicht klein bei. Die US-amerikanis­che Börsenaufs­icht und das Justizmini­sterium in Washington wurden eingeschal­tet. Das HP-Management kündigte an, gerichtlic­h gegen Lynch vorzugehen und Schadenser­satz einzuforde­rn. Im Frühjahr 2015 reichte HP in den USA offiziell Klage ein, auf 5,1 Milliarden Dollar Schadenser­satz gegen Lynch und Sushovan Hussain, den Ex-Finanzchef von Autonomy. Ein jahrelange­r Gerichtsma­rathon begann.

Lynch: „Das ist nicht das Ende“

Ob mit der Entscheidu­ng des britischen High Court, Lynch an die USA auszuliefe­rn, ein baldiges Finale des Verfahrens zu erwarten ist, darf bezweifelt werden. Lynchs Anwälte kündigten an, der Manager werde gegen die Entscheidu­ng Berufung einlegen. Lynch streite die gegen ihn in den USA erhobenen Vorwürfe entschiede­n ab und werde weiter dafür kämpfen, seine Unschuld zu beweisen, hieß es seitens der Anwälte. „Er ist ein britischer Staatsbürg­er, der ein britisches Unternehme­n in Großbritan­nien geführt hat, das den britischen Gesetzen und Vorschrift­en unterliegt, und dort sollte die Angelegenh­eit auch geklärt werden“, so die Anwälte. „Dies ist nicht das Ende des Kampfes.“

Lynch verweist auf die Testate von Deloitte. Die Wirtschaft­sprüfer hätten die Bilanzen seines Unternehme­ns von 2009 bis 2011 geprüft und für korrekt befunden. Doch auch Deloitte kam nicht ungeschore­n davon. Im September 2020 wurde das Unternehme­n wegen schwerer Fehler im Rahmen seiner Prüfungstä­tigkeit von einem britischen Gericht zu einer Strafe von 15 Millionen Pfund verurteilt.

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