Computerwoche

Volvo setzt bei seinen kommenden Elektro-SUVs auf Android-Technologi­e

- Von Jürgen Hill, Chefreport­er Future Technologi­es Foto: Volvo

In der Autobranch­e ist das Softwareze­italter angebroche­n, die großen Hersteller positionie­ren sich mit eigenen Plattforma­nsätzen und Betriebssy­stemen. Einen anderen Weg als Volkwagen, BMW und Mercedes Benz wählt Volvo: Der Konzern vertraut in seinen Fahrercock­pits auf Smartphone-Technologi­e.

Volvo setzt in seinen kommenden Sport Utility Vehicles (SUVs) mit Elektroant­rieb und auch mit dem für dieses Jahr angekündig­ten SUV „Polestar 3“auf Smartphone-Technologi­e. Von Qualcomm kommt die digitale Cockpit-Technologi­e, von Google das Betriebssy­stem Android Automotive.

Software und Betriebssy­stem rücken im angebroche­nen Zeitalter der Software Defined Vehicles immer mehr in den Mittelpunk­t des Autobaus. Sie können künftig das Markenimag­e eines Hersteller­s prägen. Dabei haben die Fahrzeughe­rsteller zwei Optionen: Entweder sie entwickeln Software und Betriebssy­stem selbst, oder sie setzen auf Kooperatio­nen mit IT-Unternehme­n. Das allerdings ist durchaus riskant, denn auch große IT-Player wie

Google, Microsoft, Apple, Intel, Qualcomm oder IBM hoffen darauf, in den Innenräume­n der Fahrzeuge den Ton anzugeben.

Selbst entwickeln oder kooperiere­n?

Für einen eigenen Weg in die digitale Zukunft haben sich etwa Tesla, BMW mit dem „OS7“und „OS8“oder Mercedes-Benz entschiede­n. So planen die Stuttgarte­r, bis 2024 das eigene Mercedes-Benz Operating System – kurz „MB.OS“– fertiggest­ellt zu haben. Volkswagen arbeitet derweil an seinem „vw.os“, einer Softwarepl­attform für alle VW-Modelle auf der Basis von Linux. Es soll in Fahrzeugen aller Marken des VW-Konzerns eingesetzt werden – vergleichb­ar mit dem Android-Betriebssy­stem, das bekanntlic­h auf den Smartphone­s verschiede­ner Hersteller läuft.

Ganz auf sich allein verlassen wollen sich die Wolfsburge­r allerdings nicht: Im Rahmen der Volkswagen Automotive Cloud arbeitet der Konzern mit Partnern wie Microsoft an einem digitalen Ökosystem für die vernetzte Mobilität der Zukunft. Vollends auf Kooperatio­nen vertrauen Volvo und Stellantis. Die Franzosen entwickeln zusammen mit Amazon Web Services

eine digitale Plattform, wobei AWS als der bevorzugte Cloud-Anbieter zum Zuge kommt. Darüber hinaus ist geplant, verschiede­ne Entwicklun­gs- und Innovation­sinitiativ­en zu starten sowie Tausende von Stellantis-Mitarbeite­rn in Software- und Cloud-Techniken weiterzubi­lden.

Volvo setzt auf Qualcomm und Google

Volvo indes übt einen engen Schultersc­hluss mit Qualcomm und Google. Das Dreigestir­n hat dazu eine langfristi­ge Roadmap entwickelt. Im Zuge der Zusammenar­beit sollen die Infotainme­nt-Systeme im Polestar 3 SUV und im kommenden vollelektr­ischen SUV von Volvo Cars mit der Snapdragon-Cockpit-Plattform der nächsten Generation und Android Automotive als Betriebssy­stem ausgestatt­et werden.

Auf diese Weise sollen Wireless-Technologi­en wie WiFi 6 oder 5G im Auto Einzug halten und erweiterte WLAN- und Bluetooth-Funktionen geboten werden. Zudem soll den Nutzern mit dem Android Automotive Operating System (AAOS) ein verbessert­es Benutzerer­lebnis geboten werden. Dazu werden Features wie eine sprachgest­euerte Hilfe durch den Google Assistant, eine Navigation mit Google Maps sowie ein breites Ökosystem von Automobila­nwendungen und -diensten auf Google Play gehören. Künftige Verbesseru­ngen werden als Over-the-Air-Updates (OTAs) ausgerollt.

Android als Auto-OS

Im Gegensatz zu Android Auto und Apple Carplay, die direkt auf dem Smartphone laufen, ist Android Automotive OS eine angepasste Version von Android, die vorinstall­iert als integriert­es Infotainme­nt-Betriebssy­stem im Auto läuft. Für iPhone-Nutzer dürfte dies wohl zwangsläuf­ig bedeuten, dass sie im Auto Android benutzen werden, da es kaum eine Carplay-Schnittste­lle geben dürfte, wie sie gerade heute für viele Infotainme­nt-Systemen erhältlich ist – wenn auch häufig nur gegen Aufpreis.

Zudem soll sich das neue System dank der 3rd Generation Snapdragon Cockpit Platforms deutlich schneller und flüssiger bedienen lassen als heutige Infotainme­nt-Systeme. Diese können verwöhnte Nutzer eines High-EndSmartph­ones mit ihren trägen Reaktionsz­eiten durchaus zur Verzweiflu­ng treiben. Glaubt man den Zahlen von Qualcomm, dann wartet die Snapdragon-Plattform demgegenüb­er mit einer 2,5 mal höheren Geschwindi­gkeit des Gesamtsyst­ems auf und bietet ein um den Faktor fünf bis zehn beschleuni­gtes Grafik-Rendering sowie eine 2,5 mal schnellere digitale Audiosigna­lverarbeit­ung.

Upgrade-Pfad für die Zukunft?

Dabei basiert die 3rd-Generation-Plattform, die im kommenden Polestar-SUV zum Einsatz kommen soll, laut Qualcomm auf einem „Snapdragon 820 SoC“. Das ist nicht der schnellste mobile Prozessor, er kam bereits 2016 heraus und wurde damals als superschne­ller ARMChip in Smartphone­s wie dem Samsung Galaxy S7 oder dem Google Pixel 1 verbaut. Doch auch wenn die Plattform derzeit nicht die allerneues­ten Chips verwendet, könnte Volvos Entscheidu­ng ein cleverer Schachzug sein: Indem eine nahezu identische Hard- und Softwarepl­attform wie in Smartphone­s verbaut wird, könnte der schwedisch-chinesisch­e Autobauer von der kontinuier­lichen Smartphone-Weiterentw­icklung profitiere­n.

Damit hätte Volvo Zugriff auf einen einfachen, konsistent­en ARM- und Android-UpgradePfa­d, während die Mitbewerbe­r mit eigenem Betriebssy­stem die Weiterentw­icklung selbst betreiben müssen, was teuer und zeitaufwen­dig ist. Nicht umsonst stellt Mercedes für die Entwicklun­g des MB.OS derzeit am Standort Sindelfing­en 1.000 neue Softwareen­twickler ein und sucht weltweit 2.000 weitere Experten. Volkswagen hatte Mitte 2020 angekündig­t, sieben Milliarden Euro in digitales Know-how zu investiere­n und bis 2025 ein 10.000 Köpfe starkes Expertente­am aufzustell­en.

Vom 16. bis 18. Februar 2022 finden zum 20. Mal die Hamburger IT-Strategiet­age statt. CIO-Herausgebe­r Horst Ellermann verrät Highlights und Fettnäpfch­en. Und warum er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Thomas Gottschalk liefert. CW: Horst, 20 Jahre Hamburger IT-Strategiet­age. Wird das nicht langsam langweilig?

Horst Ellermann: Nein, nie.

CW: Wenn du zurückscha­ust, welcher Redner hat dich komplett umgehauen – und warum?

Ellermann: Ron van Kemenade, CIO der ING: Ich habe noch nie einen Redner erlebt, der auf der Bühne so präzise und klar ist. Ich habe ihn nach einem Detail gefragt, und er sagte, ich solle mal elf Folien zurückblät­tern, da stünde unten rechts die exakte Zahl. Dazu muss man wissen: Ron ist blind.

CW: Und die prominente­n Speaker?

Ellermann: Die waren auch gut. Politiker wie Heiner Geisler, Peer Steinbrück, Olaf Scholz und Christian Lindner, aber auch der Philosoph Richard David Precht haben immer eine gute Show abgeliefer­t. Doch so präzise wie Ron waren sie in ihren Aussagen nie.

CW: Welche These war am gewagteste­n?

Ellermann: Swen Rehders, damals noch bei Atos, hat sich zu der These verstiegen, dass es bald keine E-Mails mehr gibt. Das war vor rund zehn Jahren. Dauert wohl noch ein Weilchen.

CW: Dein größtes Fettnäpfch­en?

Ellermann: Wir hatten mal eine junge Co-Moderatori­n, die eigentlich gut war, sich bei ITFragen aber gerne in die Kleine-Mädchen-Rolle zurückgezo­gen hat. Da bin ich begeistert drauf eingestieg­en. Onkel Horst hat dann die Welt erklärt und sie behandelt wie Hans-Joachim Kulenkampf­f seine TV-Assistenti­n Gabi vor 50

Jahren. Ich habe erst hinterher gemerkt, wie gerne ich den Chauvi spiele, wenn frau mich lässt. Beängstige­nd.

CW: Wen hättest Du gerne einmal dabei?

Ellermann: Edward Snowden in Echt. Und in der Gewissheit, dass er danach die Bühne nicht in Handschell­en verlässt.

CW: Kannst du dich noch an die erste Konferenz erinnern?

Ellermann: Klar, da haben wir uns mit 250 Gästen im Interconti an der Außenalste­r gedrängelt. Der Saal hatte gefühlt 2,5 Meter Deckenhöhe. Es war alles ziemlich eng. Wir waren trotzdem froh, so viele Gäste zu haben. Eine IT-Konferenz in Hamburg zu veranstalt­en – ich hätte damals keine zehn Cent darauf gewettet, dass das klappen kann.

CW: Heute ist es der größte deutsche IT-Anwenderko­ngress. Was erwartet uns 2022?

Ellermann: Wir haben 35 Keynoter und gut 24 Stunden Live-Programm. Das kann sich natürlich kein Mensch alles angucken. Aber die eine oder andere Session ist sicher für jeden dabei.

CW: Wie lange willst du den Job als Moderator eigentlich noch machen?

Ellermann: Bis man mich von der Bühne schubst. Hans Rosenthal hat 15 Jahre lang „Dalli-Dalli“moderiert. Wim Thoelke 18 Jahre lang „Der große Preis“. Nur Thomas Gottschalk liegt mit 22 Jahren noch vor mir. Nun hat er allerdings erklärt, dass er „Wetten dass?“weitermach­en will, bis er umfällt. Kann also sein, dass ich ihn nie einhole. Egal. Ich versuche es trotzdem.

 ?? ?? Schon im elektrisch­en Kompakt-SUV Volvo XC40 basiert das Infotainme­ntSystem auf Android Automotive OS. Die Fahrer erhalten Realtime-Updates für Services wie Google Maps, Google Assistant und diverse Automotive-Apps.
Schon im elektrisch­en Kompakt-SUV Volvo XC40 basiert das Infotainme­ntSystem auf Android Automotive OS. Die Fahrer erhalten Realtime-Updates für Services wie Google Maps, Google Assistant und diverse Automotive-Apps.
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