Mobiles Arbeiten ist ein Risiko für den Zusammenhalt im Unternehmen
Zwei Untersuchungen bestätigen, was etliche Praktiker längst vermuteten: Die andauernden Videokonferenzen schaden der Führungskultur und dem Miteinander der Teams – auch im ITK-Umfeld.
Die Führungskultur sowie der Kollegenzusammenhalt in deutschen Arbeitsstätten bröckelt. Das ist das Ergebnis zweier unabhängig voneinander umgesetzten Studien, die in diesen Tagen veröffentlicht wurden. Demnach beklagt jeder vierte Beschäftigte, dass das Führungsverhalten seiner Vorgesetzten 2021 schlechter geworden sei.
Vor allem jüngere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit weniger Berufserfahrung nehmen die negativen Veränderungen wahr. Das Ergebnis einer aktuellen Studie der Jobplattform Joblift.de, für die 1.058 Menschen deutschlandweit befragt wurden, stimmt nachdenklich. „Für viele Beschäftigte sind schwache Führungskräfte ein Grund, ihren Arbeitgeber zu verlassen“, kommentiert Lukas Erlebach, Geschäftsführer von Joblift, die Ergebnisse.
Zu dieser Einschätzung passt, dass 71 Prozent der Befragten bei einer schlechten Führungskultur abwanderungsbereit sind. Vor allem Frauen erwägen in einem solchen Fall Konsequenzen. Immerhin scheint es in der ITKSzene besser um das Führungsverhalten bestellt zu sein als in anderen Branchen. Hier kommen mit 16 Prozent der Befragten unterdurchschnittlich viele zu der Einschätzung, dass ihre Führungskräfte in den vergangenen zwölf Monate nachgelassen haben.
Machen Vorgesetzte keinen guten Job, drohen unzufriedene Mitarbeiter und eine schlechtere Produktivität. Etwa eine Drittel der Umfrageteilnehmer sieht seine Leistungsfähigkeit um die Hälfte und mehr eingeschränkt, wenn die Führungskraft versagt. Bei jungen Beschäftigten liegt dieser Anteil sogar bei 45 Prozent. ITler kommen auf vergleichsweise geringe 20 Prozent – vielleicht weil sie oft unabhängiger und freier arbeiten können als andere Mitarbeiter. „Unternehmen, die an Führungskultur verlieren, riskieren viel. Neben der ansteigenden Wechselbereitschaft ihrer Beschäftigten leidet eben auch ihre Schaffenskraft“, sagt Erlebach.
Home-Office schadet dem Zusammenhalt
Mit einer schlechten Führungskultur geht oft auch der Zusammenhalt unter den Beschäftigten verloren. Das fand eine zweite Studie heraus, die von der Königsteiner Gruppe initiiert wurde. Demnach sagen 26 Prozent der Befragten, dass der Teamgeist im Jahr 2021 schlechter geworden ist. Vor allem junge Menschen beklagen sich darüber: 30 Prozent von ihnen haben diese Feststellung gemacht.
Anders als in der Umfrage zur Führungskultur ist hier die Einschätzung der IT-Professionals eher negativ. So hat fast ein Drittel der befragten ITler den Eindruck, bei ihrem aktuellen Arbeitgeber leide das Wir-Gefühl. Nils Wagener, Geschäftsführer der Königsteiner Gruppe, kommentiert: „Home-Office mag zwar produktiv sein, ist aber offenbar nur bedingt dazu geeignet, das Miteinander unter den Beschäftigten zu fördern.“
Wie wichtig ist denn überhaupt der Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden? Wie die Befragung zeigt, hält die Hälfte der Befragten ein gutes Miteinander für genauso wichtig wie ein faires Gehalt. Bei den oft introvertierteren Beschäftigten in der IT-Branche liegt dieser Anteil immerhin noch bei 43 Prozent. Hier sagen 53 Prozent der Befragten, der Zusammenhalt sei genauso wertvoll wie individuelle Weiterbildungsmöglichkeiten. Für weitere 22 Prozent ist er sogar noch wichtiger.