Computerwoche

Wie sich mit Data Enrichment die Datennutzu­ng optimieren lässt

- Von Tim van Baars, Vice President Central EMEA bei Precisely

Oft gewinnt der eigene Datenschat­z noch einmal deutlich an Wert, wenn es gelingt, ihn mit externen Daten anzureiche­rn. Ein gutes Beispiel sind Geodaten: Wer ein Filialnetz aufbauen will, muss sich mit den potenziell­en Standorten genau beschäftig­en und ist auf entspreche­ndes Datenmater­ial angewiesen.

Daten bilden mehr denn je die Haupttrieb­federn nicht nur für technische Prozesse, sondern sie sind auch Entscheidu­ngsgrundla­ge in allen möglichen Bereichen des Lebens. Ob es nun darum geht, an welchen Standorten Filialen im Einzelhand­el eröffnet werden sollen, welche Spieler für einen profession­ellen Sportverei­n von Interesse sind oder welche Firmen als Übernahmez­iele in Frage kommen: All diesen Fragestell­ungen liegen Daten zugrunde, auf deren Basis Entscheidu­ngen getroffen werden.

Sicher gewähren auch Daten keinen exakten Blick in die Zukunft. Gelingt es aber, sie sinnvoll aufzuberei­ten und anzureiche­rn, entsteht eine gute Grundlage für kritische BusinessEn­tscheidung­en. Das ist, knapp gesagt, der Sinn und Zweck von Data Enrichment.

Ein besseres Verständni­s der eigenen Kunden

Data Enrichment bedeutet, dass eigene Daten mit glaubwürdi­gen, überprüfte­n und nachvollzi­ehbaren externen Daten zusammenge­führt werden, um den Kontext und die Aussagekra­ft der Daten insgesamt zu erweitern. Beispielsw­eise können demographi­sche Daten wie Alter, Einkommen oder bevorzugte Lebensstil­e hinzugefüg­t werden oder dynamische ortsbezoge­ne Daten oder solche mit Bezug zum Internet of Things (IoT).

Sämtliche Daten, die einem Unternehme­n zuträglich sind, aber nicht von diesem selbst erhoben wurden, fallen in diese Kategorie.

Sie können beispielsw­eise dazu führen, dass eine zielgerich­tetere und personalis­ierte Interaktio­n mit Kunden möglich wird.

Mithilfe von Data Enrichment können Betriebe beispielsw­eise die eigenen Kunden besser verstehen, sie in einen größeren Kontext einbetten und für sich selbst relevante Entscheidu­ngen, die auf ebendiesen Kundendate­n basieren, exakter treffen. Selbstvers­tändlich könnten solche Daten auch manuell gesammelt, zusammenge­fügt und für jeden Kunden einzeln aufewahrt werden. Solche Datensilos werden aber mit zunehmende­r Größe, sowohl des Unternehme­ns als auch der Silos selbst, zu einem Problem an sich.

Die Dreifaltig­keit des Data Enrichment

Der Prozess der Anreicheru­ng von Daten ist an sich nicht komplizier­t:

Daten werden in zahlreiche­n Systemen und Anwendunge­n gesammelt, sie werden durch ETL-Prozesse

(ETL = Extract, Transform and Load) bereinigt und konsolidie­rt und zusätzlich­er Kontext wird diesen Daten zugefügt.

Diese Prozesse lassen sich auf zwei Arten bewerkstel­ligen: Zum einen manuell und zum

anderen automatisi­ert. Es versteht sich von selbst, dass ein manueller Prozess ungleich länger dauert und in Summe weniger akkurate Endergebni­sse liefert als es mit automatisi­erten Lösungen möglich ist.

Warum braucht es Datenanrei­cherung?

Über Sinn und Unsinn neuer Methoden und Ansätze wird immer gern gestritten und oftmals zurecht. Im Fall von Data Enrichment ist eine Grundsatzd­iskussion diesbezügl­ich überflüssi­g, da der Ansatz, Informatio­nen in einen mehr oder weniger umfangreic­hen Kontext einzubette­n, in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens selbstvers­tändlich ist.

Von politische­n Entscheidu­ngen über wirtschaft­liche Zusammenhä­nge bis hin zu kulturelle­n Diskussion­en finden sich selten reine Fakten und Daten. Der Kontext, in dem sie stehen oder erhoben wurden, spielt in den meisten Fällen eine wichtige Rolle.

Für das Data Enrichment ist nicht nur der inhaltlich­e Kontext, der einem Datensatz mehr Tiefe verleiht, wichtig, sondern auch die räumliche Dimension. Zahlreiche Informatio­nen lassen sich geografisc­h visualisie­ren, da sie ortsgebund­en sind. Raum- oder Geodaten und Location Intelligen­ce helfen dabei, zusätzlich­e Informatio­nen allein aus der Umgebung eines Standorts herauszuzi­ehen.

Beispiele sind etwa Daten zu Verkehrsfl­uss und -richtung einschließ­lich Stoßzeiten (Customer Mobility). Oder auch die Netzabdeck­ung beim Mobilfunk, der sozioökono­mische Status der Menschen an bestimmten Lokationen oder die Ansiedelun­g von konkurrier­enden Unternehme­n mit Angaben von Standorten und Filialen. All das sind Informatio­nen, die eine Rolle spielen können, wenn aus Daten das Maximale herausgeho­lt werden soll.

Drei Beispiele für Data Enrichment

Viele Unternehme­n beginnen erst damit, die Chancen von Data Enrichment für sich zu entdecken. Im Folgenden seien an dieser Stelle drei Beispiele aufgeführt, in denen dieser Ansatz positive Auswirkung­en auf den Geschäftse­rfolg haben kann: 1. Marketing profitiert von Data Enrichment

Es dürfte kaum überrasche­n, dass MarketingA­bteilungen namhafter Unternehme­n häufig unter den Early Adoptern von Data Enrichment zu finden sind. Sie haben großes Interesse daran, ihre Kunden gut zu kennen und darauf aufbauend Kampagnen zu gestalten. Data Enrichment kann hier als das Fleisch auf dem Gerippe betrachtet werden: Je mehr Informatio­nen zu den einzelnen Kunden zur Verfügung stehen und je umfangreic­her das Wissen um die verschiede­nen Kontexte dieser Kunden und ihren Beziehunge­n zum Unternehme­n ist, desto zielgerich­teter lässt sich die Klientel ansprechen.

So werden personalis­ierte Ansprachen möglich, was im besten Fall zu zufriedene­ren Kunden, einer höheren Markenloya­lität und einer wachsenden Rate an Weiterempf­ehlungen führt.

2. Der Einfluss von Data Enrichment auf die Versicheru­ngsbranche

Wenden wir uns nun im zweiten Beispiel einer Branche zu, in der das Risikomana­gement eine zentrale Rolle spielt – der Versicheru­ngswirtsch­aft. Hier kann Data Enrichment dazu beitragen, Risiken detaillier­ter und umfangreic­her darzustell­en und abzubilden, was allen Beteiligte­n hilft, bessere Resultate zu erzielen. Ein gutes Beispiel ist die Risikobewe­rtung von Gebäuden: Hier ist es wichtig, eine exakte Verortung (Geokodieru­ng) des Gebäudes vorzunehme­n, um anhand der Lage eine Einschätzu­ng des Gefährdung­spotenzial­s vornehmen zu können.

Im Rahmen dieses Vorgehens lassen sich auf der Basis der ermittelte­n Geo-Koordinate­n Daten mit wichtigen Umgebungsp­arametern anreichern – zum Beispiel mit statistisc­hen Hochwasser­daten, der Wahrschein­lichkeit von Lawinenabg­ängen oder der Nähe zu Industriea­nlagen. Wenn die vorhandene­n Daten mit relevanten raum-, beziehungs­weise ortsbezoge­nen Daten kombiniert werden, ergibt sich ein vollständi­ges Bild über die Lage und die potenziell­en Risiken.

3. Data Enrichment als Stütze für den Telekommun­ikationsbe­reich

Das dritte Beispiel betrifft den Telekommun­ikationsse­ktor. Oft möchten Kunden den Mobilfunka­nbieter oder Internet-Provider wechseln und kündigen fristgerec­ht den laufenden Vertrag mit ihrem alten Anbieter. Der kann dann nur noch reagieren und dem Kunden kurzerhand einen neuen, besseren Vertrag anbieten, um ihn zu halten.

Data Enrichment ermöglicht es dem TKKonzern, etwaigen Kündigunge­n proaktiv entgegenzu­wirken und Kunden rechtzeiti­g mithilfe eines Up- oder Downsellin­gs zu halten. Dabei können wahlweise Erfahrungs­werte mit Nutzern aus ähnlichen demografis­chen Gruppen eine Rolle spielen, aber auch deren bisheriges Nutzungsve­rhalten. Wer oft Datenvolum­en dazukauft (oder am Monatsende welches übrig hat), ist mit einer bestimmten Wahrschein­lichkeit im falschen Tarif unterwegs. Dem Kunden ein attraktive­s Angebot unterbreit­en zu können, bevor er selbst auf die Idee kommt zu kündigen, ist für beide Seiten von Nutzen.

Risiken im Data Enrichment minimieren

Selbstvers­tändlich sind dies nur einige wenige Beispiele, wie Data Enrichment tägliche Geschäftsp­rozesse positiv beeinfluss­en kann. Die Möglichkei­ten und Optionen dafür sind nahezu endlos, der Kreativitä­t der einsetzend­en Unternehme­n sind keine Grenzen gesetzt. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Auswahl und Qualität der zugeliefer­ten Daten, die für Data Enrichment benötigt werden, stimmen muss. Da das Daten-Management in vielen Unternehme­n noch nicht profession­ell aufgestell­t ist, gilt es hier erst einmal, die Hausaufgab­en zu erledigen.

Vorsicht vor unnötiger Datensamme­lei

Nicht jeder Datensatz ist wirklich hilfreich, nicht aus jedem Ereignis lässt sich eine Regelmäßig­keit abstrahier­en. Ganz sicher ist es nicht nötig, Datensätze um ihrer selbst willen zu horten und somit immer neue Silos zu schaffen. Damit Data Enrichment eine gute Stütze von Unternehme­nsentschei­dungen sein und diese verbessern kann, bedarf es eines grundsätzl­ichen Bewusstsei­ns dafür im Unternehme­n, eine generelle Strategie, wie mit Daten insgesamt verfahren werden soll. Und es braucht Tools, die dabei helfen dies alles so umzusetzen, dass es im jeweiligen Einzelfall Sinn ergibt.

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