Computerwoche

Der Finanzsekt­or überschätz­t seine IT-Sicherheit

Zwar steigen die Budgets für die IT-Sicherheit in der Finanzbran­che, teilweise jedoch an den falschen Stellen. Das Beratungsh­aus Lünendonk zeigt, wo Versichere­r und Banken nachbesser­n sollten.

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Unter den Finanzdien­stleistern sehen 92 Prozent ihr Unternehme­n gut gegen Cyberangri­ffe geschützt. Zu diesem Ergebnis kommt die Lünendonk-Studie „Von Cyber Security zur Cyber Resilience – wie Finanzdien­stleister auf die neue Bedrohungs­lage reagieren“, die in Zusammenar­beit mit KPMG entstanden ist. Doch stimmt diese Selbsteins­chätzung mit der Realität überein?

Christian Nern, Partner bei KPMG, sieht dies kritisch: „Aus regulatori­scher Sicht wurde zwar prozesssei­tig in den vergangene­n Jahren viel für eine bessere IT-Security geleistet. Aus der IT-Security-Sicht betrachtet, fehlt es den meisten Financial-Services-Instituten aber an einer unternehme­nsweiten Security-Architektu­r beziehungs­weise geeigneten Security-Maßnahmen hinsichtli­ch einer veränderte­n digitalen Welt mit Cloud, Apps und Plattforme­n. Auch für eine bessere Mitarbeite­r-Awareness gegenüber Phishing-Kampagnen oder Automatisi­erung und Integratio­n einzelner IT-SecuritySy­steme muss mehr gemacht werden.“Mario Zillmann, Partner bei Lünendonk und Autor der Studie, ergänzt: „Durch den steigenden Digitalisi­erungsgrad, vor allem an den Kundenschn­ittstellen im Frontend, entstehen neue Einfallsto­re und eine größere Angriffsfl­äche für Hacker, die es schnell zu schließen gilt.“

68 Prozent der befragten Banken, Versicheru­ngen und Vermögensv­erwaltunge­n sehen Ransomware und Phishing Mails als die größten Bedrohunge­n. Auf Platz zwei landet mit 66 Prozent die Nutzung unautorisi­erter Geräte. Weitere 55 Prozent sorgen sich, Opfer einer DDoS-Attacke zu werden. Als häufigste Folge von Cyberattac­ken sehen knapp drei Viertel der Finanzdien­stleister den Abfluss von Kundendate­n. Rund zwei von drei Befragten befürchten den Diebstahl kritischer Unternehme­nsdaten. Als Branche, die unter die KRITISVero­rdnung fällt, gelten für sie konkrete Vorgaben für das Identity and Access Management (IAM) zum Schutz vor Datenzugri­ff durch unbefugte Beschäftig­te, aber auch für die Absicherun­g gegenüber externen Angriffen.

Die Digitalisi­erung kann die Angriffsfl­äche vergrößern. Deshalb erwarten Lünendonk zufolge 23 Prozent der befragten Finanzdien­stleister, dass sich ihr Sicherheit­sniveau mit zunehmende­r Cloud-Nutzung verschlech­tert. Mehr als die Hälfte geht indes davon aus, dass sich ihr Sicherheit­sniveau durch die Digitalisi­erung verbessert. Und das ist den Studienaut­oren zufolge gut so. Denn viele Unternehme­n im Finanzwese­n hätten IT-Legacy-Systeme im Einsatz, die mit veraltetem Code und Mängeln in der Konfigurat­ion ihrer Software arbeiten.

Budgets für IT-Sicherheit steigen

Nichtsdest­otrotz sind sich die Befragten einig, dass die Cloud höhere IT-Investitio­nen erfordert. 56 Prozent sehen die Notwendigk­eit, mehr in die IT-Sicherheit zu investiere­n. Und 49 Prozent haben den Aufbau einer ganzheitli­chen Security-Architektu­r auf ihrer Agenda. Um die IT-Sicherheit weiter zu erhöhen, wollen die Befragten in den kommenden Jahren auf Technologi­en setzen, um Schwachste­llen zu identifizi­eren und Cyberangri­ffe abzuwehren. Dafür sollen die Budgets in den kommenden Jahren um bis zu zehn Prozent steigen. Doch technische Mittel allein reichen nicht aus, um sich zu schützen. „Dabei kommt es vor allem auf die Sensibilis­ierung der Mitarbeite­nden gegenüber Angriffsve­rsuchen an, beispielsw­eise via Phishing-Kampagnen“, ergänzt LünendonkA­nalyst Zillmann.

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