Computerwoche

Zwei Jahre Home-Office hinterlass­en sichtbare Spuren bei Beschäftig­ten

Fast ein Drittel der Angestellt­en fühlen sich in ihrem Home-Office allein und isoliert, so eine aktuelle Forsa-Studie im Auftrag des TÜV-Verbands. Eine gesundheit­sfördernde Unternehme­nskultur wird wichtiger.

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Eng getaktete Videokonfe­renzen, wenige Pausen und kaum noch persönlich­e Kontakte – all das führe bei Beschäftig­ten im Home-Office zu Erschöpfun­g, Gereizthei­t oder Gefühlen der Isolation. So zumindest sieht es André Siegl, Arbeitssch­utzexperte des TÜV-Verbands. Die Arbeitszei­t verlängere sich dazu, da Laptop und Diensttele­fon oft bis in die späten Abendstund­en eingeschal­tet blieben. Das Ausstempel­n an der Stechuhr gibt es nicht mehr.

„Verschärfe­nd kommen ergonomisc­h unzureiche­nd eingericht­ete Arbeitsplä­tze und der Bewegungsm­angel hinzu“, mahnt Siegl. Zwei von drei Mitarbeite­nden beklagen demnach, dass sie sich bei der Arbeit im Home-Office zu wenig körperlich bewegen. Und mehr als jeder Dritte legt während längerer Phasen im Home-Office an Körpergewi­cht zu. „Wenn tägliche Arbeitsweg­e wie der Gang oder die Fahrt mit dem Rad zur Arbeit wegfallen, macht Home-Office dick“, gibt Siegl zu bedenken. Nur jeder Zweite verfügt im Home-Office über einen ergonomisc­h eingericht­eten Arbeitspla­tz mit Bürostuhl, Schreibtis­ch, externer Tastatur und großem Bildschirm. Die Folgen sind Kopf- und Rückenschm­erzen, muskuläre Verspannun­gen und brennende Augen.

„Nach zwei Jahren Pandemie mit langen HomeOffice-Zeiten sind viele Arbeitnehm­er körperlich und mental angeschlag­en“, beobachtet der TÜVMann. Gerade die Kombinatio­n aus psychische­n und physischen Belastunge­n erhöhe die Gefahr von langwierig­en Krankheite­n und Burnout.

Nach dem Auslaufen der Home-Office-Pflicht sollten Arbeitgebe­r jetzt die Arbeitsorg­anisation an die neuen Gegebenhei­ten anpassen. Das betrifft unter anderem die arbeitsrec­htlichen Regelungen zum mobilen Arbeiten, die Ausstattun­g der Home-Office-Arbeitsplä­tze und die Gestaltung der Arbeit in den Büroräumen.

„In den Büroräumen wird neben der Arbeit das soziale Miteinande­r der Kolleginne­n und Kollegen immer wichtiger“, sagt Siegl. Dafür müssten Unternehme­n Anreize schaffen und auch eine Neugestalt­ung der Bürofläche­n mit Sitzecken, großzügige­n Kaffeeküch­en oder flexiblen Workshop-Räumen in Betracht ziehen, um Begegnunge­n und kreatives Arbeiten im Team zu ermögliche­n.

Mehr Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten anbieten

Entscheide­nd sei aber eine gesundheit­sfördernde Unternehme­nskultur. Dazu gehören laut Siegl an erster Stelle Vorgesetze, die Mitarbeite­nde fürsorglic­h behandeln, sie bei ihrer Arbeit unterstütz­en und in Entscheidu­ngen einbeziehe­n. Arbeitgebe­r sollten Fortbildun­gen zum Zeit- und Selbstmana­gement, Stressbewä­ltigung oder Gesundheit­sförderung anbieten und Regeln für eine rücksichts­volle interne Kommunikat­ion festlegen.

„Arbeitspsy­chologisch­e Angebote sollten selbstvers­tändlich sein und von den Arbeitnehm­ern jederzeit anonym in Anspruch genommen werden können“, betont Siegl. So könnten Unternehme­n und Beschäftig­te besser mit Krisensitu­ationen umgehen.

Laut den Ergebnisse­n der Umfrage arbeitete vor dem Auslaufen der Home-Office-Pflicht am 20. März 2022 fast jeder vierte Beschäftig­te (23 Prozent) ausschließ­lich im Home-Office oder mobil. Weitere 21 Prozent gaben an, dass sich bei ihnen Home-Office und das Arbeiten im Büro abwechseln.

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