eGovernment 2022: Franz Kafka lässt grüßen
Es geht noch schlechter – wer hätte das gedacht? Die Ergebnisse des jüngsten eGovernmentMonitors der Initiative D21 sind verheerend. Gebraucht wird politischer Wille zur Veränderung.
Mal eben den neuen Wohnsitz anmelden, einen Personalausweis beantragen oder eine Genehmigung einholen: Dafür braucht es hierzulande in der Regel immer noch den guten alten Behördengang (siehe Seite 6). Immerhin lässt sich jetzt öfter mal digital ein Termin im Amt vereinbaren – was für ein Fortschritt! Und was für eine unfreiwillige Komik. Machen wir uns nichts vor: Digitalisierung ist hierzulande seit vielen Jahren ein zäher Prozess. Daran hat nicht einmal die enorme Dringlichkeit während der Pandemie etwas geändert. Und das Onlinezugangsgesetz, demzufolge bis Ende 2022 alle 575 Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen digital verfügbar sein sollen? Netter Versuch. Derzeit sind knapp 80 dieser Leistungen verfügbar, viel mehr werden es wohl auch bis Ende Dezember nicht sein.
Vorschläge, wie mehr Bewegung in behördliche Prozesse kommen könnte, gibt es viele. Oft fallen Begriffe wie eID, digitale Signatur oder eAkte – also Infrastrukturinitiativen, mit denen Grundlagen geschaffen werden könnten. Doch das ist nur der technische Aspekt. Organisation, Management, Prozesse und übergreifende Zusammenarbeit sind genauso wichtig. Wenn Planungs- und Genehmigungsverfahren sich über Jahre hinziehen, dann steckt der Wurm in der schlechten Aufbauund Ablauforganisation und der fehlenden „Ende-zu-Ende“-Verantwortung. In Deutschland entfernen sich Politik und Behörden immer weiter von den Bürgern. Das Vertrauen schwindet, und die Regierung verschlimmert die Situation, indem sie kopflos neue Gesetze und Verordnungen beschließt, ohne an deren Umsetzung zu denken.
Eine digitale Verwaltung wird es nur geben, wenn es den politischen Willen gibt, anzupacken und aus dieser kafkaesken Situation herauszukommen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.