Computerwoche

Bundesregi­erung drängt Betreiber von Rechenzent­ren zu mehr Nachhaltig­keit

Die Bundesregi­erung will deutsche Unternehme­n per Gesetz zum Energiespa­ren verpflicht­en. Damit setzt Bundeskanz­ler Olaf Scholz auch die hiesigen Rechenzent­ren unter Druck.

-

Angesichts des nahenden Winters und steigender Energiepre­ise macht Bundeskanz­ler Olaf Scholz Druck. Er möchte den bereits im Juni vorgelegte­n Referenten­entwurf eines Energieeff­izienz-Gesetzes (EnEfG), über den sich insbesonde­re die Grünen und die FDP noch streiten, in ein „ambitionie­rtes Gesetz“überführen. Einige Passagen in der Vorlage betreffen auch den Betrieb von Rechenzent­ren. Unter anderem sollen diese ab Januar 2024 ihren Energiebed­arf mindestens zur Hälfte aus erneuerbar­en Energien decken. Data Center, die ab Januar 2025 ans Netz gehen, sollen eine Power Usage Effectiven­ess (PUE) von mindestens 1,3 aufweisen. Geplant ist zudem, dass die Abwärme neuer RZs zu mindestens 40 Prozent genutzt werden muss.

RZ-Betreiber ab einer Anschlussl­eistung von mehr als einem Megawatt müssen ein Energieman­agement-System einführen. Kleinere Betriebe mit einem Verbrauch von mehr als

2,5 Gigawattst­unden (GWh) will der Bund verpflicht­en, Energie-Audits vorzunehme­n. Zudem ist der Aufbau eines Data-Center-Registers geplant, in dem Effizienz-Kennzahlen öffentlich gemacht werden.

Kritik von Bitkom und Eco-Verband

Der Vorstoß des Bundeskanz­lers kommt in der Wirtschaft unterschie­dlich an. Die Deutsche Unternehme­nsinitiati­ve Energieeff­izienz e.V. (DENEFF) lobte diesen Schritt. Für die Energiesic­herheit, den Klimaschut­z und die Bezahlbark­eit von Energie sei dies eine wichtige Richtlinie­nentscheid­ung. Deutliche Kritik kommt indessen von der IT-Lobby: „Rechenzent­ren bilden die Basis der Digitalisi­erung und werden nun durch das Energieeff­izienz

Gesetz aus Deutschlan­d vertrieben“, warnt Bitkom-Präsident Achim Berg. Die geplanten Vorgaben seien nicht erfüllbar und konterkari­eren die von der Bundesregi­erung in ihrer Digitalstr­ategie formuliert­en Ziele.

Es fehlt an Ökostrom

Es gebe nicht genug Strom aus regenerati­ven Quellen, um RZ-Betreiber zu verpflicht­en, im großen Stil Ökostrom zu nutzen, so Berg. Dazu werde die Energiewen­de zu langsam umgesetzt. Wenn RZ-Betreiber gezwungen würden, überpropor­tional viel regenerati­v erzeugten Strom zu kaufen, würden die Preise nach oben getrieben und die Energie fehle anderen Kunden. Berg sieht andere europäisch­e Länder mit Wettbewerb­svorteilen, da sie mit deutlich geringeren Energiekos­ten konfrontie­rt würden.

Auch Alexander Rabe, Geschäftsf­ührer vom Internet-Verband Eco, hält die geplanten Verpflicht­ungen für unrealisti­sch. Um Wärme abzugeben, bräuchten RZ-Betreiber Einspeisem­öglichkeit­en und eine optimale Wärmenetzi­nfrastrukt­ur, die es derzeit nicht gäbe. Zudem müssten städtische Energiever­sorger zu einer Abnahme verpflicht­et werden. Rabe kritisiert auch den Mangel an grünem Strom und warnt vor deutschen Alleingäng­en.

Tatsächlic­h wird auch in Brüssel schon seit zehn Jahren über eine EU-Energieeff­izienzRich­tlinie (EED) verhandelt, ohne dass sich die Beteiligte­n über die Ziele einig geworden wären. Dass die EED noch vor dem Jahresende ihren Weg durch die verschiede­nen Instanzen schafft, gilt als überaus fraglich. Sollte es dazu kommen, müsste der Bund sein Gesetz wohl noch einmal nachbearbe­iten.

 ?? ?? Wenn es zu wenig Ökostrom gibt, sei es nicht wirklich sinnvoll, RZ-Betreiber zu dessen Nutzung zu verpflicht­en, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Wenn es zu wenig Ökostrom gibt, sei es nicht wirklich sinnvoll, RZ-Betreiber zu dessen Nutzung zu verpflicht­en, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany