7 Tipps, um den Footprint der IT zu verkleinern
Das Thema Nachhaltigkeit hat mit großer Wucht die IT-Organisationen erreicht. Lesen Sie, welche Hebel betätigt werden sollten, um den ökologischen Fußabdruck der IT zu verkleinern.
Wäre die IT-Industrie ein Land, so würde sie auf dem dritten Rang der Länder mit dem höchsten jährlichen Energieverbrauch stehen. Durch die fortschreitende Digitalisierung und CloudNutzung nimmt der Energiehunger immer weiter zu. Es wird also dringend Zeit, über eine effiziente Ressourcennutzung nachzudenken. Wir stellen im Folgenden sieben Handlungsempfehlungen vor, die zu einer „grüneren IT“führen sollen.
1. Kenne und messe Deinen Verbrauch
Hier geht es nicht nur darum, eine verursachergerechte und zeitnahe Abrechnung zu ermöglichen. Vielmehr sollte ein Unternehmen generell wissen, welchen Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen das eigene Rechenzentrum nutzt und wie hoch deren Power Usage Effectiveness (PUE) ist. Um die PUE zu berechnen, wird der gesamte Energiebedarf eines Rechenzentrums durch die ausschließlich vom IT-Equipment (Server, Storage) verbrauchte Energie geteilt. Der ermittelte Wert drückt also die Energieeffizienz eines Data Centers aus.
Je näher sich der gemessene Wert dem Idealwert von 1,0 annähert, desto energieeffizienter arbeitet das Data Center. Bei On-PremisesRechenzentren liegt dieser Faktor meist irgendwo zwischen 1,28 und 1,60. Der Wert verbessert sich mit der Auslastung der Systeme: Je mehr virtuelle Maschinen und Software-Container eingesetzt werden, desto besser die PUE. Häufig wird Google als Vorbild angeführt: Der Internet-Gigant erreicht mit all seinen Rechenzentren einen PUE-Wert von 1,09 und will bis 2030 sogar komplett klimaneutral aufgestellt sein. Damit ist klar, dass Public-Cloud-Rechenzentren nicht nur enorme Innovationsvorteile gegenüber den klassischen On-PremisesRechenzentren und Hostern bieten, sondern auch eine bessere Energiebilanz haben.
Um eine umweltfreundlichere IT zu betreiben, sind also die PUE und der Anteil der erneuerbaren Energie erste gute Anhaltspunkte, um voranzukommen. Auch der Umweltstandard Blauer Engel, den es ebenfalls für Rechenzentren gibt, schafft Orientierung. Zudem sollten Unternehmen auf eine pauschale Verrechnung ihrer RZ-Leistungen verzichten und lieber zu einer verursachergerechten Rechnung mit einem transparenten detaillierten Modell greifen. Werden die Zahlen zum zeitlichen Verlauf der Workloads und zu Leerläufen transparent, erhalten die Firmen Hinweise darauf, wie sie ihren Betrieb effizienter betreiben und
Ressourcenverschwendung durch eine Überprovisionierung vermeiden können.
2. Wie grün ist Deine Hardware?
Typische Benchmarks messen die Effizienz neuer Prozessoren im Hochlastbereich. Leider befinden sich die meisten Anwendungen oft eher im Leerlaufbetrieb. Deswegen spielt für eine gute Energieeffizienz das Energiemanagement im Grundlast- und Leerlaufbetrieb eine wichtige Rolle. So kann es sich beispielsweise lohnen, über einen Wechsel von Intel- zu ARMProzessoren oder generell über eine neuere Prozessorgeneration nachzudenken.
Cloud-Anbieter wie AWS bieten mit Graviton inzwischen die dritte Generation von ARM-Prozessoren an, die sowohl eine besser Energie-, als auch Kosteneffizienz haben. Auf eine moderne Prozessorarchitektur zu wechseln, ist gerade durch die Virtualisierung in der Cloud einfacher als in einem privat betriebenen Rechenzentrum. Ein weiterer Aspekt, wie die Laufzeit, aber auch die Energieeffizienz bei rechenintensiven Operationen – etwa der Verschlüsselung – verbessert werden kann, ist die Unterstützung der Laufzeitumgebung oder der dafür vorgesehenen speziellen Befehlssatzerweiterung in der CPU durch den Compiler. 3. Wie grün ist Dein Softwarecode?
Wie effizient eine Software ist, hängt von ihrer algorithmischen Komplexität und ihrer Ressourcennutzung ab. Hier sollte man wissen, wie hoch der Ressourcenbedarf an Speicher, Netzwerk, CPU und RAM ist, um dafür zu sorgen, dass diese Ressourcen ausreichend, aber auch nicht im Übermaß vorhanden sind. Unnötig übertragene Daten sind eine große Quelle für Energieverschwendung.
Deswegen gilt: So viel lokal verarbeiten wie möglich – und so viel zentral verarbeiten wie nötig. Initiativen, wie die Green Software Foundation geben hier Ideen und Best-Practices (zum Beispiel mit ihren acht Prinzipien für Green Software Engineering), wie und wo sich Software umweltfreundlicher entwickeln und betreiben lässt. Umsetzen muss diese allerdings jeder selbst.
4. Wie grün sind Deine Daten?
Nicht nur auf den Softwarecode, auch auf den Umgang mit Daten sollte ein Auge geworfen werden. Bei sinkenden Speicherkosten ist die Versuchung groß, Daten nie zu löschen. Dabei fallen selbst bei ungenutzten Daten Verwaltungs- und damit Energiekosten an, etwa für Datensicherung und -indizierung sowie den Datenzugriff. Hier hilft der Grundsatz der Datensparsamkeit weiter, die Beantwortung der Frage also: Was darf und was muss ich unbedingt speichern?
Bei größeren und/oder sich häufig ändernden Datenbeständen kann eine Datenklassifizierung nach Zugriffshäufigkeit und Wichtigkeit hilfreich sein. So können Daten automatisiert auf günstigere und energieeffizientere Speichermedien verlagert werden. Am meisten lässt sich sparen, wenn ungenutzte Daten gelöscht werden – sofern das rechtlich möglich ist. Auch wenn Plattenspeicher-Kapazität günstig zu haben ist, fallen über den gesamten Lebenszyklus immer mehr Kosten an und es wird Energie verbraucht. In dieser Hinsicht sind auch viele Data-Lakehouse-Konzepte kritisch zu sehen, für die es keine klare Data Governance gibt.
5. Wie grün ist Deine Webseite?
Der Energieverbrauch einer Website selbst ist recht einfach zu messen. Der jährlich erscheinende Web-Almanach hat 2022 zur nachhaltigen Website-Gestaltung einige Empfehlungen zusammengestellt. Diese beginnen damit, ungenutzten Code oder Bilder nicht zu übertragen und kaputte Links zu entfernen. Die Verwendung von effizienten Übertragungsprotokollen und von Kompressionsalgorithmen bei größeren Medien führt zu einer schnellen und effizienten Kommunikation.
Generell ist es hilfreich, häufig verwendete Inhalte möglichst nah am Nutzer zu halten oder auf Bedarf nachladen zu können. Eine Orientierung an den Google Chrome Core Web Vitals und den in diesem Umfeld vorhandenen Werkzeugen helfen nicht nur, die Geschwindigkeit einer Website zu optimieren, sondern auch, diese energieeffizient zu gestalten.
6. Wie grün ist Deine Cloud?
Laut einer Bitkom-Studie lag der Energiebedarf von Rechenzentren in Deutschland 2020 bei 16 Milliarden Kilowattstunden. Das sind rund drei Prozent des gesamten Stromverbrauchs in Deutschland. Die meisten Rechenzentrumskapazitäten hierzulande befinden sich in Frankfurt am Main. Ihr Energieverbrauch macht inzwischen zirka 20 Prozent des Stromverbrauchs der ganzen Stadt aus.
Die Hessen sind bestrebt, die Abwärme von Rechenzentren zum Heizen von Gebäuden und Schwimmbädern zu verwenden. Noch besser ist es aber, weniger Abwärme zu erzeugen, bedeutet es doch, dass weniger Energie für Kühlung benötigt wird. Kein Wunder, dass Internetkonzerne wie Google neue Rechenzentren möglichst in Länder wie Finnland oder Island verlegen. Dort ist viel erneuerbare Energie vorhanden, ebenso ausreichend kalte Luft und Wasser für eine effiziente Kühlung.
Alternativ investieren die Cloud-Hyperscaler viel Geld in die eigene Erzeugung regenerativer Energien. Sie denken nicht nur an die Umwelt, sondern auch ans Portemonnaie, wenn sie Klimaneutralität anstreben. Die Cloud-Provider geben ihren Kunden über ihre Abrechnungen auch die Möglichkeit, ihren eigenen CO2-Fußabdruck zu berechnen und zu verkleinern. Noch fehlen aber standardisierte Metriken, um die Daten der Provider-Dashboards zu vergleichen und in firmeneigenen Klimaberichten weiterzuverarbeiten. Immerhin gibt es sowohl für Kubernetes-Cluster als auch für die drei großen Cloud-Anbieter Werkzeuge, die Aufschluss über den von einzelnen Diensten verursachten Energiebedarf geben.
Momentan sind die Cloud-Provider allerdings insgesamt noch auskunftsfreudig genug, damit
Kunden realistisch einschätzen können, wie effizient und umweltverträglich die jeweiligen Rechenzentren sind. Außerdem wird in den aktuellen Berichten über CO2-Fußabdrücke nur der Verbrauch einiger Hauptdienste abgedeckt, sodass es schwierig ist eine vollständige Übersicht zu bekommen. Noch komplexer ist es für Nutzer von Multicloud-Umgebungen, sich einen Gesamtbericht zu erstellen. Jeder Provider misst unterschiedliche Dinge und berichtet anders.
7. Wie grün ist Deine Architektur?
Wir haben uns daran gewöhnt, viele InternetDienste kostenlos zu nutzen. Tatsächlich steckt aber hinter vielen werbefinanzierten Geschäftsmodellen ein hoher, vielleicht auch in Teilen unnötiger Energieverbrauch. Gleiches gilt für unseren IT-Betrieb und den Wunsch nach Skalierbarkeit. Wir sollten wissen, wann wo wieviel Redundanz wirklich benötigt wird. Oft reicht es aus, bestimmte Dienste nur nach Bedarf oder zeitversetzt aufzurufen, statt sie immer mit hohen, aber nicht benötigten Pufferkapazitäten laufen zu lassen.
Ein Wechsel zu Containern oder serverlosen Anwendungen schafft die Möglichkeit, Dienste effizienter zu betreiben. Es geht um die Fähigkeit, Dienste je nach Bedarf dynamisch zu skalieren und schnell starten oder beenden zu können. Werkzeuge für die Kostenoptimierung helfen, die für die Arbeitslasten angemessene Ressourcen (Rightsizing) zu finden.
Wer seine Ressourcen durch mehr Virtualisierung besser auslasten will, darf jedoch keinesfalls auf eine starke Governance verzichten. Man muss sonst mit Jo-Jo-Effekten und einer steigenden Zahl an Zombie-VMs kämpfen, potenzielle Einsparungseffekte könnten schnell zunichtegemacht werden. In manchen Anwendungsfällen ist hier kritisch zu hinterfragen, ob energieintensive Blockchain-Verfahren oder Machine-Learning-Modelle noch vertretbar sind, zumal es oft passende Alternativen gibt.