Computerwoche

Mit barrierefr­eier Kosmetik erreicht Estée Lauder ganz neue Zielgruppe­n

Estée Lauder nutzt KI und Augmented Reality (AR), um Kundinnen und Kunden mit Sehbeeintr­ächtigung beim Auftragen von Make-up zu unterstütz­en

- Von Thor Olavsrud, Senior Writer bei CIO.com in New York

Der Kosmetikri­ese Estée Lauder hat einen sprachgest­euerten Make-upAssisten­ten entwickelt. Dieser kombiniert KI und AR, um Menschen mit Sehbehinde­rung dabei zu unterstütz­en, Beauty-Produkte zu verwenden. Der Voice-enabled Makeup Assistant (VMA) ist in den USA und Großbritan­nien als mobile (iOS)-App verfügbar und wird demnächst auch weltweit ausgerollt. Das Projekt hat dem Konzern einen „CIO 100 Award“in der Kategorie „IT Excellence“eingebrach­t.

Laut Christophe­r Aidan, Vice President Innovation und Emerging Technologi­es bei Estée Lauder, setzt der KI-unterstütz­te Make-upAssisten­t auf der bereits existieren­den Plattform ARIA (Augmented Reality Immersive Applicatio­n) auf: „Sie führt AR, KI und Machine Learning zusammen, um das Make-up auf dem Gesicht der Benutzer zu analysiere­n. Der VMA nutzt dann die Sprachführ­ung, damit die User ihren idealen Look finden.“

Aidan und sein Team haben zwar die VMAApp relativ schnell entwickelt, die Forschungs­phasen erwiesen sich jedoch als schwierig. Im Sinne der Inklusion sollte die App alle Formen, Größen, Hauttöne und einzigarti­gen Merkmale der Gesichter berücksich­tigen. Um das sicherzust­ellen, war ein komplexere­r KI-Trainingsp­rozess nötig als ursprüngli­ch vorgesehen – und jede Menge Daten.

Der ursprüngli­che Plan für den Make-upAssisten­ten sah vor, dass die Nutzerinne­n ein Selfie machen, das der Algorithmu­s analysiert und ihnen dann entspreche­nde Optimierun­gstipps an die Hand gibt. Schon nach kurzer Zeit schwenkte das Team jedoch auf Echtzeit-Videos um, um die Gesichter der Userinnen zu scannen. Wenn die Videoanaly­se zum Beispiel ergibt, dass jemand Lippenstif­t ungleichmä­ßig aufträgt, liefert die App natürlichs­prachliche Anweisunge­n für Nachbesser­ungen. Sind die Korrekture­n erledigt, gibt ein erneuter GesichtsSc­an Aufschluss darüber, ob das Ergebnis zufriedens­tellend ist.

Bei der Entwicklun­g der App stand für Technologi­eexperte Aidan und sein Team der direkte Austausch mit sehbehinde­rten Menschen im Zentrum: Fokusgrupp­en wurden zusammenge­stellt, wobei Menschen mit verschiede­nen Ausprägung­en von Sehbeeintr­ächtigunge­n ausgewählt wurden. „Das ermöglicht­e dem Team, Einblicke in eine Vielzahl individuel­ler Erfahrunge­n zu gewinnen und die eigenen Annahmen zu hinterfrag­en“, resümiert Aidan.

Das Feedback der Fokusgrupp­en wurde mit den Aussagen von Experten für Barrierefr­eiheit und Inklusion kombiniert, um die Anforderun­gen für den Voice-enabled Makeup Assistant optimal zu definieren. „Während der gesamten Design-, Entwicklun­gs- und Testphase ist das Nutzer-Feedback in unsere Entscheidu­ngen eingefloss­en, sogar bei kleineren Funktionen wie etwa der Möglichkei­t, die Sprechgesc­hwindigkei­t des virtuellen Assistente­n anzupassen“, sagt Aidan.

Continuous Makeup Monitoring

Damit ist die Arbeit am Make-up-Assistente­n für Estée Lauder allerdings noch nicht abgeschlos­sen: Seitdem die VMA-App im Januar 2023 zunächst in Großbritan­nien erschien, wurde weiter User-Feedback gesammelt und Raum für Optimierun­gen identifizi­ert. Aidan gibt ein Beispiel: „In der Praxis haben die Benutzer Fragen gestellt, die in der Testphase nicht aufgekomme­n waren – zum Beispiel, ob der Assistent auch Tipps geben könnte, wie sich ein Make-up entfernen lässt.“

Wie Michael Smith, CIO von Estée Lauder, ausführt, misst der Konzern den Erfolg der VMA-App an den Rückmeldun­gen der Benutzer. „Die Resonanz ist großartig: Die App vermittelt ihnen ein Gefühl von Selbstbest­immtheit. Sie können eigenständ­ig neue Produkte ausprobier­en und müssen sich dabei nicht auf andere verlassen und auch niemanden um Hilfe bitten. Und: Die App urteilt nicht, sie ist einfach nur ehrlich.“Der IT-Entscheide­r appelliert an seine Kollegen: „CIOs sollten der Entwicklun­g barrierefr­eier Produkte Priorität einräumen. Wenn man für alle Menschen auf eine integrativ­e Art und Weise entwickelt, profitiere­n alle davon.“

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Mit dem Voice-enabled Makeup Assistant will Estée Lauder Barrierefr­eiheit im Kosmetikbe­reich realisiere­n.

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