Neue Prepaid-Verordnung
Guthabenkarten nur noch gegen Ausweis – das müssen Kunden jetzt wisen
Beim Kampf gegen den Terror nimmt der Gesetzgeber auch den Mobilfunk ins Visier: Seit 1. Juli gilt als Bestandteil des vergangenen Sommer verabschiedeten Anti-Terror-Pakets beim Kauf einer Prepaid-Karte die Ausweispflicht. Bislang gab es Guthabenkarten an nahezu jeder Supermarktkasse meist ohne Identitätsnachweis. Zwar waren die Verkäufer auch bis dato verpflichtet, Namen, Geburtsdatum sowie Anschrift des Prepaid-SIM-Käufers zu erfassen. Doch die Identitätsprüfung via Ausweis erfolgte meist nur sporadisch.
Zum Leidwesen der Politik: „Sie können heute unter dem Namen Donald Duck ein Prepaid-Handy kaufen“, beklagte noch im Sommer 2016 Innenminister Thomas de Maizière. Davon profitieren vor allem Kriminelle und Terroristen, die sich unter falschen Angaben mit Prepaid-Karten eindecken und anonym kommunizieren können. So geschehen in Ungarn: Dort wurden auf den Namen eines inzwischen verstorbenen Obdachlosen 200 000 Prepaid-Karten von vermutlichen IS-Anhängern geordert. Nach den Terroranschlägen in Brüssel und Paris sollen in den Taschen der Täter Prepaid-Karten aus dieser Serie aufgetaucht sein. Die meisten dieser Karten stammten wohl von der ungarischen Telekom-Tochter Magyar Telekom.
Fast die Hälfte nutzt Prepaid-Karten
Den Missbrauch mit aufladbaren Karten will das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz zumindest hierzulande vereiteln und hält seit Anfang Juli in § 111 des Telekommunikationsgesetzes fest, dass die Identität des Guthabenkarten-Besitzers eindeutig
via Personalausweis, Reisepass oder sonstigem gültigen amtlichen Ausweis, der ein Lichtbild des Inhabers enthält, nachgewiesen werden muss. Keine leichte Aufgabe für den Handel, der mit dem Vertrieb von PrepaidKarten seit Jahren ein gutes Geschäft macht: In Deutschland wurden Ende 2016 130 Millionen aktive SIM-Karten gezählt, davon 60 Millionen auf Prepaid-Basis.
Per Video-Ident zur SIM-Karte
Da der Prepaid-Käufer nicht nur identifiziert werden muss, sondern auch persönliche Daten wie Name, Anschrift, Geburtstag, Art des Ausweises, Ausweisnummer sowie die ausstellende Stelle des Identitätsdokuments registriert werden müssen, sind lange Schlangen an der Kasse nicht auszuschließen. Damit haben die Starter-Sets als schnelles Mitnahmeprodukt ausgedient, befürchtet vor allem der Einzelhandel, der mit enormen Umsatzeinbußen rechnet. Handelsriesen wie Aldi sehen die regulatorischen Vorgaben gelassener: Neukunden, die eine Aldi-Talk-Karte wie bislang an der Ladentheke kaufen, können sich bequem übers Internet, mit der neuen Aldi-Talk-Registrierungs-App oder per Hotline-Anruf unter 0211 68773-260 erfassen lassen. Abschließend erfolgt die Identitätsprüfung mittels gültigem Ausweis in über 10 000 bundesweiten Partnershops. Alternativ lässt sich die Identität des Käufers auch per Video-Ident in der AldiRegistrierungs-App oder am PC mit Webcam und Internetzugang überprüfen.
Auch Drillisch bietet für seine Onlinemarken wie WinSim, DeutschlandSim oder Simply eine Video-Identifizierung per App oder PC und nutzt dazu das Video-Ident-Verfahren der Deutschen Post. Optional kann die Identifizierung auch per gültigem Ausweis und vorab ausgedrucktem Registrierungs-Voucher in den 9000 Postfilialen erfolgen. Die Telekom bietet das Video-Ident-Verfahren via Smartphone-App oder Web schon seit März und macht laut eigenen Angaben nur positive Erfahrungen. Neue Xtra-Karten werden gegen Vorlage eines Ausweises auch im Shop freigeschaltet. Vodafone nutzt den gleichen Weg und aktiviert die Karten in Shops oder nach VideoIdent-Prüfung via Smartphone oder Internet. Auch die Prepaid-Klientel von Telefónica und deren Tochter Blau sollen es komfortabel haben: Je nachdem, wo Kunden ihre Karte kaufen, können sie im Shop, online mit dem Video-Ident-Verfahren oder in einer Postfiliale via Ausweis ihre Identität nachweisen. Bislang gilt die Ausweispflicht bei Prepaid nur in Deutschland. Bleibt zu hoffen, dass die anderen EU-Staaten mitziehen.