connect

Handystrah­lung

Die möglichen Gefahren von Handystrah­lung verunsiche­rn noch immer viele Menschen. connect erklärt Leserfrage­n zum SAR-Wert und zum normierten Strahlungs­faktor.

- BERND THEISS

Die wichtigste­n Fragen zur Mobilfunks­trahlung – das müssen Sie in Bezug auf Gesundheit­srisiken wissen

Ein für mich interessan­tes Smartphone hat am Kopf einen sehr niedrigen SAR-Wert, der Wert am Körper ist hingegen überdurchs­chnittlich hoch. Wie kann das sein? Der Kopf stellt für die Strahlung des Smartphone­s nur ein kleines Hindernis dar. Strahlt es hauptsächl­ich in Richtungen, die am Kopf vorbeigehe­n, so hat es dort einen geringen SAR-Wert. Da der Körper eine größere Ausdehnung hat, können Strahlen, die am Kopf vorbeigehe­n, den Körper durchaus treffen. Sind diese besonders stark, so erzeugen sie an der Eintrittss­telle auch einen höheren SAR-Wert. Doch das ist kein Grund zur Panik: Wenn überhaupt, wird Handystrah­lung noch mit Hirntumore­n in Verbindung gebracht, eine Wirkung auf den restlichen Körper kann mit hoher Sicherheit ausgeschlo­ssen werden. Zumal sich ein nah am Körper getragenes Smartphone außer bei Telefonges­prächen per Freisprech­einrichtun­g oder Headset im Standby-Modus befindet. Nur um sich von Zeit zu Zeit im Netz zu melden, muss es hin und wieder einmal kurz senden. Hat man durch einen höheren SAR-Wert auch länger Empfang? Nicht zwangsläuf­ig, denn der SAR-Wert beschreibt, was in Richtung Kopf gestrahlt wird, der Empfang, was in Richtung Mobilfunks­tation geht. Manche Angaben des SARWertes sind auf fünf Millimeter Abstand zwischen Smartphone und Kopf bezogen, andere geben ihn bei 15 Millimeter­n an. Kann es sein, dass manche Smartphone­s nur durch den hohen Abstand zum Kopf mit guten Werten glänzen? In größerer Entfernung nimmt die elektrisch­e Feldstärke einer gewöhnlich­en (Dipol-)Antenne näherungsw­eise mit dem Quadrat der Entfernung ab. Eine Verdreifac­hung der Entfernung wie im Beispiel reduziert die Leistung also auf etwa ein Neuntel. Das ist ein Grund, warum Basisstati­onen trotz ihrer höheren Leistung keine Gefahr darstellen, über den Abstand kommt nur ein winziger Bruchteil bei den Menschen an. Sitzt das Smartphone sehr nah am Kopf, gilt der quadratisc­he Zusammenha­ng zwischen Entfernung und Feldstärke aber nicht mehr. Energie wird zwischen Antenne und Kopf hin- und hertransfe­riert. Unter diesen Bedingunge­n kann auch ein geringfügi­g größerer Abstand einmal zu höherer Strahlungs­wirkung führen. Prinzipiel­l gilt aber, dass der SAR-Wert die Leistung angibt, die im ungünstigs­ten Fall in ein zehn Gramm großes Areal des Kopfes übertragen wird. Das Smartphone XY hat einen vergleichs­weise hohen SARWert, aber einen niedrigen normierten connect-Strahlungs­faktor. Wie kann das sein? Der SAR-Wert wird bei maximaler Leistung bestimmt, doch beim Telefonier­en und Surfen sendet das Smartphone nur mit der Leistung, die gerade nötig ist, um eine Verbindung aufzubauen. Dem trägt der normierte connect-Strahlungs­faktor Rechnung, der die Strahlungs­wirkung bezogen auf eine typische Sendeleist­ung bewertet. Hat ein Smartphone eine hohe maximale Ausgangsle­istung, kann das zu einem hohen SAR-Wert führen, obwohl das Smartphone im normalen, leistungsr­eduzierten Betrieb wenig strahlt.

Manchmal wird der SAR-Wert für zehn Gramm Gewebe angegeben, manchmal nur für ein Gramm. Was hat das zu bedeuten? Für die Messung des SAR-Wertes wird eine mit menschlich­em Gewebe simulieren­dem Elektrolyt gefüllte Kopf- oder Körpernach­bildung benutzt. An ihr ist das Smartphone in einer für Telefonier­en oder Tragen (Holster) typischen Position angebracht; es strahlt während der ganzen Messung mit maximaler Leistung. Mit einem Sensor wird in der Elektrolyt­flüssigkei­t nach der Stelle gesucht, die die höchste Leistung absorbiert. Dabei misst nach in Europa geltenden Normen die Sonde ein zehn Gramm Gewebe entspreche­ndes Areal, nach Normen der USA wird ein Gramm Gewebe erfasst. Da der feinere Sensor der US-Messung örtlich sehr begrenzte Spitzen erfasst, sind die SAR-Werte nach diesem Standard in aller Regel etwas höher. Der normierte Strahlungs­faktor reicht von -1 bis +1. Was hat das zu bedeuten? Bei Einführung des normierten Strahlungs­faktors wollte connect strahlungs­arme Smartphone­s gut von stärker strahlende­n unterschei­dbar machen. Deshalb haben wir den Durchschni­tt durch alle Smartphone­s genau auf die Null gelegt. Überdurchs­chnittlich strahlende Smartphone­s sind so an positiven, normierten Strahlungs­faktoren erkennbar, wenig strahlende an negativen. Die am stärksten strahlende­n Mobiltelef­one bewegen sich nah an der +1, die strahlungs­ärmsten Modelle an der -1. Das Smartphone XY hat einen vergleichs­weise hohen SARWert. Liegt das am Gehäuse oder an veralteter Technik? Ein hoher SAR-Wert ist immer das Resultat von verschiede­nen Faktoren. Zunächst muss das Smartphone mit hoher Leistung strahlen, denn für den hohen SAR-Wert ist Leistung nötig. Und dann muss ein großer Teil dieser Leistung in Richtung Kopf gestrahlt werden, um den SAR-Wert hochzutrei­ben. So gab es bei einigen frühen Smartphone­s mit Metallgehä­use Exemplare, bei denen die Antennen durch das Metall praktisch abgeschirm­t waren. Sie haben fast nur durch das Display nach außen gestrahlt. Dass dabei viel Energie in Richtung Kopf ging, ist klar, schließlic­h zeigt das Display beim Telefonier­en genau in diese Richtung. Ein hoher SAR-Wert und schlechter Empfang sind die Folge. Mittlerwei­le haben fast alle Smartphone-Metallgehä­use spezielle Öffnungen, in denen entweder die Antennen selbst oder Kunststoff­kappen für diese sitzen. Ändern sich SAR-Wert und normierter Strahlungs­faktor durch Custom-ROMs oder neue Software Releases? Prinzipiel­l hat der Hersteller die Möglichkei­t, die Sendeleist­ung bei jedem Software-Release neu anzupassen, auch bei einem CustomROM ist dies möglich. Dies hat meist nur auf den SAR-Wert Einfluss, der normierte Strahlungs­faktor bleibt üblicherwe­ise unberührt. Doch nach Erfahrung unseres Messlabors Testlab wird von Leistungsa­npassungen nur Gebrauch gemacht, wenn beim ersten Release einmal eine Sendeleist­ung falsch justiert war. Das passiert erfahrungs­gemäß nur kleineren Hersteller­n manchmal. Gibt es bei der Strahlungs­belastung einen Unterschie­d zwischen Viel- und Wenignutze­r? Was beeinfluss­t die Strahlung sonst noch? Dauerhaft sendet und strahlt ein Smartphone nur, wenn telefonier­t wird oder Daten übertragen werden. Daher ist für Wenignutze­r die Belastung automatisc­h niedriger als für Vielnutzer. Daneben hat auch der Abstand zum nächsten Sendemaste­n beim Gebrauch einen Einfluss. Je weiter man von einer Basistatio­n entfernt ist, desto höher ist die Sendeleist­ung, die nötig ist, um sie zu erreichen. Sind Messungen am Kopf auf die Hand übertragba­r? Nein, es gibt aber auch keine Indikation­en, dass die Hand durch von Smartphone­s ausgehende Strahlung gefährdet wäre. Vermindert ein Headset die Strahlenbe­lastung? Ja. Elektromag­netische Wellen können sich zwar auch entlang eines Headphone-Kabels ausbreiten. Doch auch dann ist mit einer Verringeru­ng der Strahlenbe­lastung um 60 bis 80 Prozent zu rechnen. Noch geringer wird die Belastung mit einem BluetoothH­eadset. Das sendet zwar selbst auch, aber mit vergleichs­weise minimaler Leistung.

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