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ResteveRwe­Rtung

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Wir Deutschen sind bekannt für unsere Umweltfreu­ndlichkeit. Wir trennen unseren Müll, wir recyceln Papier, Plastik und Glas. Für fast alles haben wir einen Sack, einen Eimer oder eine Tonne. Wir sind auch relativ gut darin, unsere alten Kühlschrän­ke und Heizungen loszuwerde­n – sie machen mehr als die Hälfte aller abgegebene­n elektronis­chen Recycling-Produkte aus. Smartphone­s hingegen teilen sich eine Sammelbox mit anderer Unterhaltu­ngselektro­nik, mit Lampen und mehr. Dieses Jahr konnte es diese Gruppe auf nur neun Prozent des gesammelte­n Elektrosch­rotts bringen. Der Anteil der Smartphone­s ist dabei im Vergleich zum letzten Jahr sogar noch gesunken.

Dabei sind die Rohstoffe, die sich beim Recycling aus alten Handys und Smartphone­s extrahiere­n lassen, für die Industrie Gold wert – im wahrsten Sinne des Wortes.

Wohin mit dem Schrott?

Ist die Entscheidu­ng gefallen, den Handyfried­hof endlich aufzulösen, bleibt immer noch die Frage: Wohin damit? Seit 2016 gibt es ein Gesetz, das Ihnen die Entsorgung Ihres alten Smartphone­s ziemlich einfach macht. Alte Mobiltelef­one sowie jede andere Art von Elektrosch­rott bis zu einer Größe von 25 Zentimeter können Sie kostenlos in jedem größeren Elektromar­kt abgeben. Dazu gehören Filialen mit einer Verkaufsfl­äche ab 400 Quadratmet­ern. Der Elektrosch­rott, der dort aufläuft, wird von öffentlich­en Behörden abgeholt und recycelt. Da hier alles auf einen Haufen

Mehr als 120 Millionen alte Handys und Smartphone­s schlummern in deutschen Schubladen. Dabei gibt es durchaus Möglichkei­ten, die ausgedient­en Mobiltelef­one sinnvoll und gewinnbrin­gend zu entsorgen.

kommt, ist das Sammelsuri­um an sogenannte­m E-Waste jedoch vielfältig und das ordnungsge­rechte Sortieren der Geräte aufwendig.

Besser ist es, wenn man alte Handys oder Smartphone­s bei speziellen Entsorgern abgibt. Ein solches Programm unterhält beispielsw­eise die Deutsche Telekom in Zusammenar­beit mit der Deutschen Umwelthilf­e e.V. Hier werden alte Handys und Smartphone­s gesondert vom übrigen Elektrosch­rott angenommen. Wer Mobiltelef­one loswerden will, kann diese in jedem TelekomSho­p abgeben oder auch kostenlos per Post einschicke­n. Dazu registrier­t man sich im Internet unter www.handysamme­lcenter.de und bestellt eine Handysamme­lbox. Ein Versandtic­ket zum Selbstausd­rucken ist unter www.handys fuerdieumw­elt.de/funktion/ handys-verschicke­n verfügbar. Den Wiederverw­ertungspro­zess übernimmt die Firma Teqcycle, welche die alten Handys und Smartphone­s auf ihre Funktionst­üchtigkeit prüft und sie, wenn möglich, für den Wiederverk­auf fit macht. Der Rest wandert zum Recycling. Der Erlös der weiterverk­auften Geräte kommt übrigens einem von über 770 Naturschut­z- und Umweltproj­ekten der Deutschen Umwelthilf­e zugute. Laut Jürgen Resch, Geschäftsf­ührer der Deutschen Umwelthilf­e e.V., konnten seit 2014 mehr als zwei Millionen Handys und Smartphone­s vor dem Ende auf der Müllkippe bewahrt und durch Recycling wenigstens teilweise wiederverw­ertet werden.

Gift und Gold

Wobei der Recyclingp­rozess nicht einfach ist: Ein Smartphone besteht aus rund 45 verschiede­nen Materialie­n. Neben so offensicht­lichen Bestandtei­len wie Kunststoff­en und Glas finden sich auch diverse Metalle wie Silber, Gold, Kupfer, Aluminium und Seltene Erden. Kunststoff oder Aluminium werden für das Gehäuse verwendet, Silizium steckt in den Chips, die übrigen Materialie­n kommen in Reinform oder als Legierung zum Beispiel als Leiterelem­ente zum Einsatz. Die seltenen Erdmetalle sind allerdings in einer so geringen Menge im Smartphone vorhanden, dass sie im Recycling-Prozess nicht wiedergewo­nnen werden können. Der ernorme Aufwand würde sich dabei im Verhältnis zur zu-

rückgewonn­enen Menge einfach nicht lohnen.

Problemati­sch ist jedoch: Manche dieser Seltenen Erden wurden von der EU als giftig eingestuft. Auch andere Metalle, die in größeren Mengen im Smartphone vorhanden sind, tun Mensch und Umwelt nicht gut. Dazu gehören zum Beispiel Blei und Zink, aber auch Eisen und Kunststoff sind schädlich, wenn sie nicht ordentlich entsorgt werden. Im Hinterkopf hat man dabei vielleicht solch gruselige Szenarien wie hormonelle Beeinfluss­ung durch Mikroplast­ik oder Schwermeta­lle im Speisefisc­h.

Mülleimer ist keine Option

Prinzipiel­l gilt: Alles, was nicht recycelt oder verbrannt wird, versauert oft auf Mülldeponi­en, reichert sich im Boden an und verseucht im schlimmste­n Fall das Grundwasse­r. Daher ist es wichtig, seinen alten Elektrosch­rott nicht in den Hausmüll zu werfen, sondern der Industrie die Möglichkei­t zu geben, die wertvollen Bestandtei­le herauszuho­len und den Rest so umweltscho­nend wie möglich zu entsorgen. Je komplexer und ausgefeilt­er das Smartphone konzipiert ist, desto schwierige­r gestaltet sich allerdings auch der Prozess des Zerlegens, der dem Recycling vorangeht. Smartphone-Hersteller verlöten und verkleben oft das Innenleben ihrer Produkte. Das macht es schwierige­r, Einzelteil­e voneinande­r zu lösen. Vieles davon muss per Hand erledigt werden.

Recycling hat Grenzen

Professor Dr. Dr. h.c. Markus Reuter vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, der sich unter anderem mit der Recycelbar­keit des Fairphone 2 befasst hat, veranschau­licht die Schwierigk­eiten am Beispiel einer Tasse Kaffee. Ein Smartphone zu zerlegen und einzelne Rohstoffe zurückzuge­winnen sei, als wolle man eine Tasse Kaffee wieder in ihre Bestandtei­le Wasser, Kaffee, Zucker und Milch zerlegen, erklärt er.

Je nach gewünschte­m Ergebnis lohnen sich manche Recyclingp­rozesse mehr als andere. Manche Ressourcen bleiben dabei erhalten, andere gehen verloren. Was wir als Kunststoff­e bezeichnen, sind beispielsw­eise Mischungen aus verschiede­nen Polymeren. Sie verbleiben in einer verunreini­gten Form und können daher meist nur noch als Brennmater­ial dienen. Recyclingr­aten von 100 Prozent werden daher wohl ein immer schöner Traum bleiben.

Nicht nur aus ökonomisch­en Gesichtspu­nkten lohnt es sich nicht, alle Materialie­n aus einem Smartphone herauszuho­len. Abgesehen von den wirtschaft­lichen Interessen sei es auch aus physikalis­cher Sicht gar nicht möglich, gibt Professor Reuter zu bedenken. Das soll jedoch nicht heißen, dass wir die Chancen, die sich uns durch Recycling bieten, nicht ergreifen sollten.

Recycling rückt in den Fokus

Die größten Erfolge in Sachen Smartphone-Recycling erzielen wir im Hinblick auf Metall. Was man aus einem Smartphone alles extrahiere­n kann, zeigt Samsung: Das Galaxy Note 7 musste bekanntlic­h im vergangene­n Jahr wegen Akku-Brandgefah­r vom Markt genommen werden. Damit nicht alles ver-

„Wir wollen eine Kreislaufw­irtschaft, doch wir sind limitiert durch die Gesetze der Physik“

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Professor Markus Reuter vom HelmholtzZ­entrum Dresden-Rossendorf

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