Kostenfallen im Mobilfunk
Auch im Zeitalter von Flatrates und EU-Roaming gibt es immer noch teure Fallstricke und üble Methoden, die unbedarften Mobilfunknutzern das Leben schwer respektive teuer machen.
Worauf Sie bei Handyverträgen besonders achten sollten
Mit Tricks und harten Bandagen wird im Mobilfunk nach wie vor gekämpft. Bei einigen Anbietern steigen zwar erfreulicherweise die Kundenzahlen wieder, doch über satte Gewinne können sich die wenigsten freuen. Die Umsätze sind selbst bei den Netzbetreibern bestenfalls stabil. Deshalb dreht manch einer klammheimlich an der Preisschraube, andere locken mit falschen Versprechungen oder lassen Bestandskunden für ihre finanzielle Misere bezahlen. Noch übler sind die Abzockmethoden skrupelloser Betrügern, die schon seit geraumer Zeit Smartphone-Kunden im Fokus haben. connect stellt Ihnen in Zusammenarbeit mit dem „Marktwächter Digitale Welt“der Verbraucherzentrale SchleswigHolstein die schlimmsten Kostenund Abzockfallen vor.
UNGEWOLLTE VERTRÄGE WIDERRUFEN
Diese Masche ist besonders dreist: Nicht selten wird unbedarften Verbrauchern am Telefon von Betrügern mitgeteilt, dass ihr bisheriger Festnetzanbieter pleite sei und mit einem anderen Betreiber fusioniere. Dazu müsse die Telefonanlage überprüft werden. Stimmt der Kunde erschrocken einem Hausbesuch zu, erweckt der Betrüger den Eindruck, er sei ein Mitarbeiter des bisherigen Telefonanbieters und lässt den Verbraucher ein angebliches Beratungsprotokoll unterschreiben. In Wirklichkeit hat der Ahnungs- losen einen neuen Mobilfunkvertrag mit einem LTE-Router als Festnetzersatz unterzeichnet.
Auch mit anderen Methoden gehen fiese Gesellen auf Kundenfang: So wird bei Gewinnspielen vor Handyshops, Einkaufszentren oder Discount-Ketten Passanten gerne suggeriert, sie hätten etwas gewonnen und müssten nur noch „kurz unterschreiben“. Doch statt eines schönen Gewinns haben die Gutgläubigen hinterher nicht selten einen neuen Handyvertrag in der Tasche.
Wer sich ungewollt einen Mobilfunkvertrag einhandelt, sollte den Vertragsabschluss widerrufen. Dazu hat der geprellte Kunde 14 Tage Zeit, sobald er vom Anbieter per E-Mail oder in den Vertragsunterlagen über sein Widerrufsrecht informiert wurde. Wird der Kunde nicht oder falsch aufgeklärt, verlängert sich die Frist auf ein Jahr und 14 Tage. Der Widerruf kann per E-Mail, Brief, Fax oder mit dem vom Händler zur Verfügung gestellten Widerrufsformular erfolgen.
ÜBERDIMENSIONIERTE HANDYVERTRÄGE
Oft werden Shopmitarbeiter gezielt geschult, dem Kunden mehr zu verkaufen als der tatsächlich braucht: Vor allem Einsteiger und ältere Menschen, die sich eigentlich nur über einen Handytarif informieren wollten, gehen ihnen auf den Leim und verlassen den Laden mit einem teuren Komplett-Paket für Mobilfunk und Festnetz. Doch auch erfahrenere Handynutzer sind nicht gegen findiges Personal gefeit: Auch Normalnutzer werden zu Tarifen mit hohem Datenvolumen gedrängt, die deutlich über ihrem Bedarf liegen. Der Verkäufer freut sich über die satte Provision, der Kunde darf’s zwei Jahre lang teuer bezahlen.
Auch am Telefon werden einem gerne unnötige Zusatzleistungen aufgeschwatzt: So wird dem angerufenen Kunden etwa ein Internet-Sicherheits-Paket ans Herz gelegt, das vor einem angeblich aktuell sehr gefährlichen Handyvirus schützen soll. Doch nicht jeder teuere Virenscanner taugt was. Selbst namhafte Software-Spezialisten wie Antivir, Kaspersky oder Avast haben kostenlose Versionen ihrer Schutz-Apps im Programm. Grundsätzlich gilt: Bevor man schnell einem Angebot im Laden oder am Telefon zustimmt, sollte man sich vorab gründlich auf den entsprechenden Webseiten der Betreiber informieren.
ABZOCKE DURCH DRITTANBIETER
In Gratis-Apps poppen immer öfter Werbebanner von Drittanbietern auf, die mit kostenlosen Dreingaben locken. Klickt man darauf, wird man auf eine präparierte WAP-Seite geleitet, die sich von einer klassischen Webseite kaum unterscheidet – aber eine Abofalle enthält. Der Hinweis, dass es sich bei dem vermeintlichen Gratis-Download um eine kostenpflichtige Bestellung handelt, wird versteckt (siehe Grafik). Schließt man die Anzeige per Klick, hat man damit unbewusst ein gebührenpflichtiges Abo abgeschlossen. Die Kosten zwischen 4,99 und 9,99 Euro pro Woche werden über die Mobilfunkrechnung abkassiert. Bis dem geneppten Kunden die ungenehmigten Abbuchungen auffallen, kann das schon mal länger dauern. Rund 2,8 Millionen Bundesbürger wurden innerhalb von drei Jahren mit der sogenannten Clickjacking-Methode abgezockt. Die Schadenssumme beträgt über 71 Millionen Euro.
Das sogenannte „Redirect“Verfahren, das die drei Netzbetreiber Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland seit letztem Herbst praktizieren, soll dem Missbrauch vorbeugen: Dabei werden Verbraucher vor dem Abschluss eines kostenpflichtigen Abos auf eine Internetseite ihres Mobilfunkers umgeleitet, auf der sie den Zahlungsvorgang ausdrücklich bestätigen müssen. Zwar ist seit der Einführung dieses Schutzmechanismus ein deutlicher Rückgang der Beschwerden festzustellen, doch vollständig ausschließen lässt sich die Abzocke laut Verbraucherschützern nicht. Vor allem PrepaidKunden sind den ClickjackingBetrügern laut der MarktwächterStudie besonders ausgeliefert, da sie weder einen Anspruch auf eine Rechnungsstellung noch auf einen Einzelverbindungsnachweis haben und so die Kosten gar nicht oder erst spät bemerken.
Daher ist die Einrichtung der sogenannten Drittanbieter-Sperre Pflicht, die man bei seinem Mobilfunker per Hotline-Anruf oder auf dessen Webseite kostenlos beantragen kann. Einen Musterbrief können Sie auf der Webseite
www.verbraucherzentrale.de
herunterladen. >>
TELEFONICA O2 STELLT NICHT AUTOMATISCH UM
Seit Mitte Juni sind die RoamingGebühren in der EU vom Tisch. Urlauber plaudern, simsen und surfen zu gleichen Konditionen wie zu Hause. Die EU-Vorgabe haben die deutschen Netzbetreiber Telekom und Vodafone rechtzeitig vor Ferienbeginn beherzigt und ihre Kundschaft automatisch auf eine roamingfreie Nutzung umgestellt. Anders Telefónica Deutschland: O2-Kunden, die einen speziellen Roaming-Tarif gebucht haben, müssen von sich aus aktiv werden und den Wechsel in die roamingfreien Tarife per SMS oder in der O2-App beantragen. Wer das vergisst, zahlt die Zeche und nutzt sein Handy im EU-Ausland zu den Preisen des nicht regulierten Tarifs. Dagegen klagt derzeit der Verbraucherzentrale Bundesverband, der einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sieht.
IN DER LUFT UND AUF SEE HORRENDE KOSTEN
Die Roaming-Gebühren sind zwar abgeschafft, doch schlimme Kostenfallen lauern nach wie vor: Die EU-Vorgabe gilt nämlich nicht bei Fährüberfahrten und Flug- oder Schiffsreisen, da hier die Verbindung über Satellit erfolgt. Da kann Sie der Anruf vom Kreuzfahrtschiff schon mal über fünf Euro pro Minute kosten. Hier hilft auch der Datenkosten-Airbag von weltweit 59,90 Euro pro Monat nicht – denn der gilt nur für sogenannte terrestrische Verbindungen und greift nicht bei Satellitenanschlüssen vom Flugzeug oder vom Schiff aus. Wer da im Hintergrund automatische Updates auf seinem Smartphone laufen lässt oder nur ein paar Whatsapp-Bilder verschickt, kann arm werden: Nicht selten finden sich in den Verbraucherzentralen Smartphone-Urlauber mit einer Handyrechnung von über 2000 Euro ein. Wer bei einem Langstreckenflug oder auf einer Kreuzfahrt mit seinen Mobilfunkgeräten das Web nutzen will, sollte sich daher vor Reisebeginn bei Airlines, Schiffen, Fähren oder Reiseunternehmen genau informieren, was die Sache kostet und was zu beachten ist. Und: Schalten Sie ohne geeigneten Tarif Datenroaming ab!
WLAN-ANRUFE
Tolle Sache: Bei der Telekom, O2 und Drillisch können Kunden auch im Ausland WLANTelefonie nutzen, wenn Smartphone und Tarif das unterstützen. Wer in einem WLAN-Hotspot eingebucht ist, plaudert damit zum gleichen Tarif nach Deutschland wie im Inland. Haben Sie eine Flatrate, sind die Anrufe kostenlos – egal aus welchem Land. Doch aufgepasst: Das gilt nur für Gespräche nach Deutschland, nicht für Anrufe innerhalb des Urlaubslandes oder in weitere Länder – diese werden als Auslandsanrufe abgerechnet. Speziell mit dem Wegfall der Eu-Roaming-Gebühren lauert hier eine Kostenfalle. Wenn Sie in Italien weilen und bei der Pizzeria im Ort einen Tisch buchen, zahlen Sie mit einem WLAN-Telefonat Geld für den Anruf – übers Mobilfunknetz ist er kostenlos.
PREPAID-AUFLADUNG MIT TÜCKEN
Für Prepaid-Nutzer ist die automatische Aufladung komfortabel: Sie können bestimmen, ab welchem Betrag das Mobilfunkguthaben wieder aufgestockt werden soll. Doch die Komfortfunktion kann auch Tücken bergen: So bietet etwa Aldi günstige Smartphone-Bundles schon für rund acht Euro pro Monat. Für die Nutzung der Pakete ist aber ausreichendes Guthaben Voraussetzung. Wer die niedrigste Aufladeoption „unter fünf Euro“wählt, den kann das Sparangebot teuer zu stehen kommen: Wenn das Prepaid-Guthaben zwischen fünf und knapp unter acht Euro liegt, wird der Paketpreis nicht abgebucht. Das Konto wird aber auch nicht automatisch aufgeladen, weil das Guthaben nicht unter fünf Euro gesunken ist. Die Folge: Der Kunde wird in den teureren Basistarif umgestellt. Wenn er sein Smartphone weiter nutzt, fallen entsprechend höhere Gebühren an. Daher empfiehlt sich, die automatische Aufladung bei zehn Euro Restguthaben starten zu lassen.
VERKÜRZTER MONAT
Auch die etablierten Mobilfunker arbeiten mit allerlei Tricks: So haben alle Netzbetreiber und einige Discounter die Laufzeiten bei ihren neueren Prepaid-Bundles verkürzt: Statt nach 30 endet der Tarif nach 28 Tagen. Das heißt: Der Prepaid-Nutzer, der den Tarif übers ganze Jahr buchen will, zahlt statt zwölf 13 Monate, da abhängig vom Schaltjahr bis zu 30 Tage übrig bleiben. Das macht je nach Anbieter und Tarif bis zu 20 Euro mehr im Jahr.