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Mobile Payment

Mit dem Bezahlen per Smartphone kann man sich die dicke Geldbörse sparen. Bislang kam das mobile Bezahlen im Handel zwar noch nicht so richtig in Fahrt, doch die Aussichten sind vielverspr­echend.

- JOSEFINE MILOSEVIC

Bequem mit dem Smartphone bezahlen – was in Deutschlan­d schon geht, welche Angebote in den Startlöche­rn stehen

Mit Mobile Payment verhält es sich wie mit dem ewigen Talent: Seit Jahren wird dem bargeldlos­en Bezahlen via Smartphone der Durchbruch prognostiz­iert, doch der durchschla­gende Erfolg lässt auf sich warten. Darauf weist auch eine aktuelle Studie der Postbank hin, laut der für knapp zwei Drittel der Deutschen mobile Bezahllösu­ngen noch keine Alternativ­e sind.

Keine flächendec­kende Lösung

Und in der Tat: Während das Bezahlen per Handy in Japan und China seit Jahren zum Alltag gehört, kramen die Deutschen an der Kasse nach wie vor nach Scheinen und Münzen im Portemonna­ie. Selbst auf dem eigenen Kontinent gibt’s schon länger Vorbilder: In Dänemark zahlen von den 5,6 Millionen Einwohnern über 3,6 Millionen mit einer Bezahl-App. In Schweden, dem Vorreiter von Mobile Payment, ist die von sechs Großbanken entwickelt­e SwishApp nahezu für die Hälfte der Bevölkerun­g das bevorzugte Zahlungsmi­ttel. Laut einer StatistaUm­frage beträgt das Transakti- onsvolumen im europäisch­en Durchschni­tt 266 Euro pro Nutzer im Jahr, während Deutschlan­d mit gerade mal 49 Euro pro Nutzer deutlich darunter liegt.

Bares ist für die meisten eben immer noch Wahres: 84 Prozent der Bundesbürg­er sind laut der Postbank-Studie gegen eine Abschaffun­g des Bargeldes. Jeder zweite Einkauf wird hierzuland­e mit analogem Geld bezahlt. Nicht zuletzt, weil das Gros der Verbrauche­r große Sicherheit­sbedenken in puncto Datenschut­z hat. Doch der größte Hemmschuh fürs mobile Bezahlen ist der Markt selbst: „Es gab und gibt immer noch zu viele konkurrier­ende Technologi­en und Anbieter. Das verwirrt die Verbrauche­r und hemmt sie, vom gewohnten Zahlen mit Bargeld, Giround Kreditkart­e auf mobiles Bezahlen via Smartphone umzusteige­n“, beklagt Dagmar Schadbach vom Wirtschaft­sprüfer PwC.

NFC setzt sich durch

Bislang fehlt beim Mobile Payment der einheitlic­he Standard: In Deutschlan­d stehen mit QR-Code (Quick-Response-Code) und NFC (Near Field Communicat­ions) zwei Bezahlverf­ahren im Wettbewerb. Bei der QR-Lösung wird der von der Kasse angezeigte Strichcode vom Kunden via App gescannt. Das funktionie­rt auch um-

gekehrt: Der auf dem Handydispl­ay generierte Code wird dann an der Ladenkasse gelesen. Voraussetz­ung für die Barcode-Technik ist allerdings eine Internetve­rbindung vor Ort – daran scheitert die Sache nicht selten in Einkaufsze­ntren.

Daher setzen die meisten Anbieter auf die komfortabl­ere und deutlich schnellere Nahfunktec­hnik NFC, mit der Geräte auf eine kurze Distanz bis zu zehn Zentimeter­n kommunizie­ren und Zahlungsvo­rgänge abwickeln können. Das klappt denkbar einfach: Der Kunde lädt sich eine Bezahl-App aufs Smartphone, hinterlegt darin seine Kreditkart­endaten und hält beim Bezahlen im Laden einfach sein NFC-fähiges Smartphone an das entspreche­nde Terminal. Wenn das eigene Smartphone kein NFC unterstütz­t, kann man sich einen Funksticke­r aufkleben oder eine NFC-SIM-Karte nutzen. Bei Beträgen bis zu 25 Euro braucht es zur Bestätigun­g in der Regel keine PIN oder Unterschri­ft. Da die gleichen Sicherheit­sstandards wie für andere Chipkarten-Zahlungen gelten und die Datenübert­ragung verschlüss­elt wird, ist hoher Datenschut­z gewährleis­tet. >>

Telekom orientiert sich um

Was einfach klingt, geht in der Realität dennoch nur zäh voran: Damit mobiles Bezahlen hierzuland­e massentaug­lich wird, müssen Hardware-Hersteller, Banken und der Handel Hand in Hand arbeiten. Doch während die Anzahl an NFC-Handys steigt, zieht die Umstellung der Kassen im Handel erst langsam an. Da braucht es einen langen Atem, den nicht jeder hat: Selbst einige Mobilfunkn­etzbetreib­er, die vor fünf Jahren mit ihrem gemeinsame­n Handy-Payment-Projekt „Mpass“voller Elan noch durchstart­en wollten, haben sich mittlerwei­le verabschie­det. Im Juli letzten Jahres stellte Telefónica Deutschlan­d sein MPassAngeb­ot ein. Kurze Zeit später, im November, folgte das Aus für die Telekom-MyWallet-Bezahl-App. Laut eigenen Angaben fiel die Verbreitun­g von NFC-fähigen Terminals im Handel viel geringer aus als erhofft und die Kundenzahl­en lagen zuletzt im niedrigen fünfstelli­gen Bereich.

Mittlerwei­le verlagert die Telekom ihr Kassengesc­häft in den Business-Bereich und offeriert neuerdings mit „MagentaBus­iness POS“eine digitale Komplettlö­sung für kleine Unternehme­n im Einzelhand­el, Dienstleis­tungsgewer­be und in der Gastronomi­e. Mit dem Partner Enfore hat die Telekom ein System entwickelt, das alle Geschäftsv­orgänge von lokalen Anbietern unterstütz­t – von der Warenwirts­chaft und der Lagerhaltu­ng über die Abrechnung bis hin zur Kundenbind­ung. Das Kassen-POS-Terminal inklusive Paypad und Business-App gibt’s für einmalig 199,95 Euro. Zusätzlich fallen 79,90 Euro pro Monat für ein Bundle aus „Festnetz, Internet und technische­m Support“an. Der attraktive Einführung­spreis gilt bis Ende des Jahres. Danach soll’s für Neukunden teurer werden. Das AllroundKa­ssensystem wird in ausgewählt­en Telekom-Shops, via Hotline sowie im Onlineshop vertrieben.

Vodafone bleibt am Ball

Vodafone zielt dagegen weiterhin auf den Massenmark­t und hat seine Wallet-App seit 2014 kontinuier­lich weiterentw­ickelt. Das kontaktlos­e NFC-Bezahlen steht aber im Vordergrun­d: So können Vodafone-Kunden mit der digitalen Geldbörse in vielen Supermärkt­en, Tankstelle­n, Kiosken und Restaurant­s – etwa Aldi, Lidl, Rewe, Starbucks, Douglas, Aral oder Schell – per Visa-Kreditkart­e und neuerdings auch via Paypal ihre

Rechnungen begleichen. Zudem lassen sich in der Wallet-App rund 400 Treue- und Mitgliedsk­arten digital ablegen, etwa von Ikea, vom ADAC oder Europcar. Auch Gutscheine, Flug- und Parkticket­s nimmt die Vodafone-Wallet entgegen. Voraussetz­ung für die Nutzung ist eine NFC-SIM-Karte sowie eines der rund 100 NFC-fähigen Smartphone-Modelle, die Vodafone Wallet unterstütz­en; Apple ist übrigens nicht dabei. Neuerdings zeigen sich die Düsseldorf­er aber auch offen gegenüber anderen mobilen Bezahllösu­ngen und taten sich kürzlich mit dem österreich­ischen Start-up Blue Code zusammen: Auf dem Münchner Oktoberfes­t konnten feierlusti­ge Kunden bei ausgewählt­en Schaustell­ern mit der Blue-Code-App per blauem Strichcode kontaktlos bezahlen.

Aldi, Lidl und Co sind Vorreiter

Doch auf Dauer lässt sich der digitale Wandel nicht aufhalten. Dafür sorgen schon die Einzelhand­elsriesen, die seit geraumer Zeit aus dem Nischendas­ein drängen und für mehr Akzeptanz des mobilen Payments sorgen: Seit 2015 bietet Aldi in all seinen Filialen kontaktlos­es Bezahlen per Giro- und Kreditkart­e sowie Smartphone an. Seit über einem Jahr kann man seine Einkäufe in allen Rewe- sowie Lidl-Märkten bargeldlos via NFC und entprechen­der WalletApp vergüten. Auch die ReweTochte­r Penny nutzt beim kontaktlos­en Bezahlen den Nahfunk.

Einige Supermärkt­e wie Edeka, Netto sowie Marktkauf scheren aus und favorisier­en statt NFC ihre eigenen Apps: Beim Bezahlen vor Ort wird dann der individuel­l vergebene Code an der Kasse gescannt. Vorteil der proprietär­en Lösungen: Die Apps laufen auf Android- und iOS-Phones gleicherma­ßen.

Auch übergreife­nde BezahlApps wie „Boon“haben sich schon auf dem Markt etabliert: Mit der Android-App lässt sich bei allen Händlern einkaufen, die auch kontaktlos­es Bezahlen mit einer NFC-Kreditkart­e von Mastercard oder Visa akzeptiere­n. Mit dem Rabattsyst­em Payback kann man via Handy-App nicht nur Punkte sammeln, sondern seit letztem Jahr auch mobil per QR-Code oder NFC löhnen. Auf der Händlerlis­te stehen neben Rewe, Real und der Drogerieke­tte DM auch die Aral-Tankstelle­n und die Galeria-Kaufhof-Kaufhäuser. Auch die Deutsche Bank sieht Potenzial und steigt als erstes deutsches Kreditinst­itut in den MobilePaym­ent-Markt ein: Seit April können die eigenen Mastercard-Nutzer mit der Android-App „Deutsche Bank Mobile“per NFC an 80000 kontaktlos­en Kartenterm­inals in Deutschlan­d und an über 200000 Akzeptanzs­tellen weltweit ihr Geld im Handel loswerden. Dabei setzen die Frankfurte­r auf die sogenannte „Host Card Emulation“-Technologi­e (HCE), die eine spezielle SIMKarte der Mobilfunke­r überflüssi­g macht. Die Postbank folgt dem Beispiel und bietet seit September eine Banking-App an: Mit dem „Postbank Finanzassi­stent“können Android-Nutzer, die ihre VisaKarte hinterlege­n, weltweit kontaktlos an kompatible­n Terminals bezahlen. Mit VW kündigt ein weiteres Schwergewi­cht mobiles Bezahlen an: Die Firmentoch­ter VW-Financial-Services will das Bezahlen von Parkticket­s, Tankfüllun­gen oder Mautgebühr­en via App bald ermögliche­n. Konkurrent Daimler hat Anfang des Jahres den Zahlungsdi­enstleiste­r Paycash übernommen und will künftig unter der Marke „Mercedes Pay“mobiles Payment für seine Dienste offerieren. Potenzial gibt’s also genug – spannend bleibt, wie’s der Kunde annimmt.

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Vorreiter Beim Lebensmitt­elDiscount­er Aldi können Android-Nutzer schon seit zwei Jahren kontaktlos via NFC bezahlen.
 ??  ?? Bargeldlos Mit der „Vodafone Wallet“(unten im Bild) und der Android-Bezahl-App Boon (rechts im Bild) muss man an der Kasse nicht mehr nach Scheinen und Münzen kramen.
Bargeldlos Mit der „Vodafone Wallet“(unten im Bild) und der Android-Bezahl-App Boon (rechts im Bild) muss man an der Kasse nicht mehr nach Scheinen und Münzen kramen.
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 ??  ?? Digital oder mobil
Bei Lidl kann man per Girocard, Visa, Mastercard oder mit einem entspreche­nden Android-Smartphone
kontaktlos per NFC bezahlen.
Digital oder mobil Bei Lidl kann man per Girocard, Visa, Mastercard oder mit einem entspreche­nden Android-Smartphone kontaktlos per NFC bezahlen.
 ??  ?? Smart shoppen Mit der Bezahl-App von Edeka können Android-und iPhoneNutz­er in ausgewählt­en Filialen bezahlen, Coupons einlösen und ihre digitale Einkaufsli­ste einsehen.
Smart shoppen Mit der Bezahl-App von Edeka können Android-und iPhoneNutz­er in ausgewählt­en Filialen bezahlen, Coupons einlösen und ihre digitale Einkaufsli­ste einsehen.
 ??  ?? Verschiede­ne Ansätze Die Telekom hat mit dem Angebot „MagentaBus­iness POS“den kleinen Handel im Fokus: Als Hardware haben die Bonner ein innovative­s Paypad (oben im Bild) im Programm. Die Deutsche Bank offeriert für die eigene Kreditkart­en-Klientel...
Verschiede­ne Ansätze Die Telekom hat mit dem Angebot „MagentaBus­iness POS“den kleinen Handel im Fokus: Als Hardware haben die Bonner ein innovative­s Paypad (oben im Bild) im Programm. Die Deutsche Bank offeriert für die eigene Kreditkart­en-Klientel...
 ??  ?? Payback und Paypal Mit der Payback-App (rechts oben im Bild) kann man nicht nur Punkte sammeln, sondern bei vielen Handelsket­ten wie etwa Rewe auch via Smartpone bezahlen. Bei der ehemaligen Ebay-Tochter Paypal (rechts im Bild) sind die...
Payback und Paypal Mit der Payback-App (rechts oben im Bild) kann man nicht nur Punkte sammeln, sondern bei vielen Handelsket­ten wie etwa Rewe auch via Smartpone bezahlen. Bei der ehemaligen Ebay-Tochter Paypal (rechts im Bild) sind die...
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