Mobile Payment
Mit dem Bezahlen per Smartphone kann man sich die dicke Geldbörse sparen. Bislang kam das mobile Bezahlen im Handel zwar noch nicht so richtig in Fahrt, doch die Aussichten sind vielversprechend.
Bequem mit dem Smartphone bezahlen – was in Deutschland schon geht, welche Angebote in den Startlöchern stehen
Mit Mobile Payment verhält es sich wie mit dem ewigen Talent: Seit Jahren wird dem bargeldlosen Bezahlen via Smartphone der Durchbruch prognostiziert, doch der durchschlagende Erfolg lässt auf sich warten. Darauf weist auch eine aktuelle Studie der Postbank hin, laut der für knapp zwei Drittel der Deutschen mobile Bezahllösungen noch keine Alternative sind.
Keine flächendeckende Lösung
Und in der Tat: Während das Bezahlen per Handy in Japan und China seit Jahren zum Alltag gehört, kramen die Deutschen an der Kasse nach wie vor nach Scheinen und Münzen im Portemonnaie. Selbst auf dem eigenen Kontinent gibt’s schon länger Vorbilder: In Dänemark zahlen von den 5,6 Millionen Einwohnern über 3,6 Millionen mit einer Bezahl-App. In Schweden, dem Vorreiter von Mobile Payment, ist die von sechs Großbanken entwickelte SwishApp nahezu für die Hälfte der Bevölkerung das bevorzugte Zahlungsmittel. Laut einer StatistaUmfrage beträgt das Transakti- onsvolumen im europäischen Durchschnitt 266 Euro pro Nutzer im Jahr, während Deutschland mit gerade mal 49 Euro pro Nutzer deutlich darunter liegt.
Bares ist für die meisten eben immer noch Wahres: 84 Prozent der Bundesbürger sind laut der Postbank-Studie gegen eine Abschaffung des Bargeldes. Jeder zweite Einkauf wird hierzulande mit analogem Geld bezahlt. Nicht zuletzt, weil das Gros der Verbraucher große Sicherheitsbedenken in puncto Datenschutz hat. Doch der größte Hemmschuh fürs mobile Bezahlen ist der Markt selbst: „Es gab und gibt immer noch zu viele konkurrierende Technologien und Anbieter. Das verwirrt die Verbraucher und hemmt sie, vom gewohnten Zahlen mit Bargeld, Giround Kreditkarte auf mobiles Bezahlen via Smartphone umzusteigen“, beklagt Dagmar Schadbach vom Wirtschaftsprüfer PwC.
NFC setzt sich durch
Bislang fehlt beim Mobile Payment der einheitliche Standard: In Deutschland stehen mit QR-Code (Quick-Response-Code) und NFC (Near Field Communications) zwei Bezahlverfahren im Wettbewerb. Bei der QR-Lösung wird der von der Kasse angezeigte Strichcode vom Kunden via App gescannt. Das funktioniert auch um-
gekehrt: Der auf dem Handydisplay generierte Code wird dann an der Ladenkasse gelesen. Voraussetzung für die Barcode-Technik ist allerdings eine Internetverbindung vor Ort – daran scheitert die Sache nicht selten in Einkaufszentren.
Daher setzen die meisten Anbieter auf die komfortablere und deutlich schnellere Nahfunktechnik NFC, mit der Geräte auf eine kurze Distanz bis zu zehn Zentimetern kommunizieren und Zahlungsvorgänge abwickeln können. Das klappt denkbar einfach: Der Kunde lädt sich eine Bezahl-App aufs Smartphone, hinterlegt darin seine Kreditkartendaten und hält beim Bezahlen im Laden einfach sein NFC-fähiges Smartphone an das entsprechende Terminal. Wenn das eigene Smartphone kein NFC unterstützt, kann man sich einen Funksticker aufkleben oder eine NFC-SIM-Karte nutzen. Bei Beträgen bis zu 25 Euro braucht es zur Bestätigung in der Regel keine PIN oder Unterschrift. Da die gleichen Sicherheitsstandards wie für andere Chipkarten-Zahlungen gelten und die Datenübertragung verschlüsselt wird, ist hoher Datenschutz gewährleistet. >>
Telekom orientiert sich um
Was einfach klingt, geht in der Realität dennoch nur zäh voran: Damit mobiles Bezahlen hierzulande massentauglich wird, müssen Hardware-Hersteller, Banken und der Handel Hand in Hand arbeiten. Doch während die Anzahl an NFC-Handys steigt, zieht die Umstellung der Kassen im Handel erst langsam an. Da braucht es einen langen Atem, den nicht jeder hat: Selbst einige Mobilfunknetzbetreiber, die vor fünf Jahren mit ihrem gemeinsamen Handy-Payment-Projekt „Mpass“voller Elan noch durchstarten wollten, haben sich mittlerweile verabschiedet. Im Juli letzten Jahres stellte Telefónica Deutschland sein MPassAngebot ein. Kurze Zeit später, im November, folgte das Aus für die Telekom-MyWallet-Bezahl-App. Laut eigenen Angaben fiel die Verbreitung von NFC-fähigen Terminals im Handel viel geringer aus als erhofft und die Kundenzahlen lagen zuletzt im niedrigen fünfstelligen Bereich.
Mittlerweile verlagert die Telekom ihr Kassengeschäft in den Business-Bereich und offeriert neuerdings mit „MagentaBusiness POS“eine digitale Komplettlösung für kleine Unternehmen im Einzelhandel, Dienstleistungsgewerbe und in der Gastronomie. Mit dem Partner Enfore hat die Telekom ein System entwickelt, das alle Geschäftsvorgänge von lokalen Anbietern unterstützt – von der Warenwirtschaft und der Lagerhaltung über die Abrechnung bis hin zur Kundenbindung. Das Kassen-POS-Terminal inklusive Paypad und Business-App gibt’s für einmalig 199,95 Euro. Zusätzlich fallen 79,90 Euro pro Monat für ein Bundle aus „Festnetz, Internet und technischem Support“an. Der attraktive Einführungspreis gilt bis Ende des Jahres. Danach soll’s für Neukunden teurer werden. Das AllroundKassensystem wird in ausgewählten Telekom-Shops, via Hotline sowie im Onlineshop vertrieben.
Vodafone bleibt am Ball
Vodafone zielt dagegen weiterhin auf den Massenmarkt und hat seine Wallet-App seit 2014 kontinuierlich weiterentwickelt. Das kontaktlose NFC-Bezahlen steht aber im Vordergrund: So können Vodafone-Kunden mit der digitalen Geldbörse in vielen Supermärkten, Tankstellen, Kiosken und Restaurants – etwa Aldi, Lidl, Rewe, Starbucks, Douglas, Aral oder Schell – per Visa-Kreditkarte und neuerdings auch via Paypal ihre
Rechnungen begleichen. Zudem lassen sich in der Wallet-App rund 400 Treue- und Mitgliedskarten digital ablegen, etwa von Ikea, vom ADAC oder Europcar. Auch Gutscheine, Flug- und Parktickets nimmt die Vodafone-Wallet entgegen. Voraussetzung für die Nutzung ist eine NFC-SIM-Karte sowie eines der rund 100 NFC-fähigen Smartphone-Modelle, die Vodafone Wallet unterstützen; Apple ist übrigens nicht dabei. Neuerdings zeigen sich die Düsseldorfer aber auch offen gegenüber anderen mobilen Bezahllösungen und taten sich kürzlich mit dem österreichischen Start-up Blue Code zusammen: Auf dem Münchner Oktoberfest konnten feierlustige Kunden bei ausgewählten Schaustellern mit der Blue-Code-App per blauem Strichcode kontaktlos bezahlen.
Aldi, Lidl und Co sind Vorreiter
Doch auf Dauer lässt sich der digitale Wandel nicht aufhalten. Dafür sorgen schon die Einzelhandelsriesen, die seit geraumer Zeit aus dem Nischendasein drängen und für mehr Akzeptanz des mobilen Payments sorgen: Seit 2015 bietet Aldi in all seinen Filialen kontaktloses Bezahlen per Giro- und Kreditkarte sowie Smartphone an. Seit über einem Jahr kann man seine Einkäufe in allen Rewe- sowie Lidl-Märkten bargeldlos via NFC und entprechender WalletApp vergüten. Auch die ReweTochter Penny nutzt beim kontaktlosen Bezahlen den Nahfunk.
Einige Supermärkte wie Edeka, Netto sowie Marktkauf scheren aus und favorisieren statt NFC ihre eigenen Apps: Beim Bezahlen vor Ort wird dann der individuell vergebene Code an der Kasse gescannt. Vorteil der proprietären Lösungen: Die Apps laufen auf Android- und iOS-Phones gleichermaßen.
Auch übergreifende BezahlApps wie „Boon“haben sich schon auf dem Markt etabliert: Mit der Android-App lässt sich bei allen Händlern einkaufen, die auch kontaktloses Bezahlen mit einer NFC-Kreditkarte von Mastercard oder Visa akzeptieren. Mit dem Rabattsystem Payback kann man via Handy-App nicht nur Punkte sammeln, sondern seit letztem Jahr auch mobil per QR-Code oder NFC löhnen. Auf der Händlerliste stehen neben Rewe, Real und der Drogeriekette DM auch die Aral-Tankstellen und die Galeria-Kaufhof-Kaufhäuser. Auch die Deutsche Bank sieht Potenzial und steigt als erstes deutsches Kreditinstitut in den MobilePayment-Markt ein: Seit April können die eigenen Mastercard-Nutzer mit der Android-App „Deutsche Bank Mobile“per NFC an 80000 kontaktlosen Kartenterminals in Deutschland und an über 200000 Akzeptanzstellen weltweit ihr Geld im Handel loswerden. Dabei setzen die Frankfurter auf die sogenannte „Host Card Emulation“-Technologie (HCE), die eine spezielle SIMKarte der Mobilfunker überflüssig macht. Die Postbank folgt dem Beispiel und bietet seit September eine Banking-App an: Mit dem „Postbank Finanzassistent“können Android-Nutzer, die ihre VisaKarte hinterlegen, weltweit kontaktlos an kompatiblen Terminals bezahlen. Mit VW kündigt ein weiteres Schwergewicht mobiles Bezahlen an: Die Firmentochter VW-Financial-Services will das Bezahlen von Parktickets, Tankfüllungen oder Mautgebühren via App bald ermöglichen. Konkurrent Daimler hat Anfang des Jahres den Zahlungsdienstleister Paycash übernommen und will künftig unter der Marke „Mercedes Pay“mobiles Payment für seine Dienste offerieren. Potenzial gibt’s also genug – spannend bleibt, wie’s der Kunde annimmt.