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Amazon Alexa

Skills sind das Erfolgsmod­ell der Sprachplat­tform Alexa. Über 15 000 der Mini-Apps gibt es. Doch Amazons Konzept kämpft mit Schwächen.

- MICHAEL RUPP

Mit Skills lässt sich der Funktionsu­mfang der Sprachsteu­erung erweitern

Aamazons Sprachsteu­erung Alexa ist aktuell in aller Munde – und soll zum Mittelpunk­t smarten Wohnens werden. Seine eigenen Boxen Echo und Dot will der Internethä­ndler seit geraumer Zeit mit Macht in den Markt drücken. Beide reagieren auf Zuruf, können von Haus aus aber nur vorgegeben­e Befehle entgegenne­hmen und Medien wie Musikstrea­mingDienst­e wiedergebe­n. Doch über sogenannte „Skills“von Fremdanbie­tern aus dem „Alexa Skills Shop“lassen sich die Fähigkeite­n ausbauen. Dabei wird das Thema Musik zunehmend zweitrangi­g. Die Gratis-Apps für Alexa kann man über eine kurze Wortkombin­ation aktivieren, ihr einfaches Dialogsche­ma soll der Schlüssel zum Erfolg sein.

Rosinen herauspick­en

15 000 Alexa-Skills zählte die Sprachsteu­erungsplat­tform Voicebot.ai im Juli 2017. Zum Vergleich: Google bringt es auf knapp 400 Home-Apps, Microsoft auf bescheiden­e 68 Cortana-Apps. Hierzuland­e backt Amazon allerdings kleinere Brötchen: Nur 1800 Skills ermittelt Voicebot.ai für Deutschlan­d; gegenüber knapp 7000 Skills im britischen Shop ist das wenig. Zudem schwankt die Qualität stark.

Schauen wir uns zunächst die Kategorien an: Mit „Info Skills“finden Sie auf Zuruf heraus, wann der nächste Bus fährt, welche Tonne die Müllabfuhr diese Woche leert oder was im Kino läuft. Taxis bestellen, Kochrezept­e vorlesen, anstehende Termine abfragen, Wörterbüch­er durchsuche­n oder Aufgabenli­sten führen – das alles geht mit Info-Skills.

„Flash Briefing Skills“arbeiten nach dem Motto „Hören statt Lesen“. Sie packen Schlagzeil­en aus Politik, Wirtschaft, Entertainm­ent und Sport in die tägliche Audiozusam­menfassung, sobald Sie zur Aktivierun­g „Alexa, was ist meine tägliche Zusammenfa­ssung?“sagen. Vorbildlic­h schaffen das die „Tagesschau in 100 Sekunden“, „ZDF heute Xpress“und der Deutschlan­dfunk mit eigenen Audiostrea­ms. Andere Flash Briefing Skills machen lediglich RSS-Inhalte über die Alexa-Sprachsynt­hese als News verfügbar. Ein guter Name ist dabei noch kein Qualitätsm­erkmal, wie die Skills des Sportmagaz­ins Kicker oder „Welt Aktuelle Nachrichte­n“zeigen. Flash Briefing Skills eignen sich aber auch zur Unterhaltu­ng, etwa die kurzen Duft-Statements der Parfümfach­leute hinter dem Skill von Parfumo.de.

Smartes Zuhause auf Zufruf

Ein Vorzeige-Skill im Bereich „Smarthome“ist Philips Hue. Hat man sich in der Alexa-App einmal durch die Hue-Geräte, Gruppen und Szenen gekämpft, wird man mit einer komfortabl­en und zuverlässi­gen Lichtsteue­rung belohnt. Ähnlich funktionie­ren die Skills zu „HomeMatic IP“, „Magenta SmartHome“der Telekom, Tado, Innogy/RWE, Rademacher, Devolo, Lupus und der KNX-Familie.

Um Smart-Home-Geräte zu steuern, aber auch um eine Pizza zu bestellen, muss man den jeweiligen Skill mit dem Nutzerkont­o des dahinterst­ehenden OnlineDien­stes verbinden. Alexa selbst ist fest mit der Amazon-Kennung verknüpft. Die für die Sprachsteu­erung nötige permanente Mikrofonau­fnahme, gepaart mit eigenem Amazon-Konto, Skills, Haushaltsg­eräten und Online-Diensten von Drittanbie­tern bringt Datenschüt­zer auf die Barrikaden.

Datenschüt­zer warnen

Das Problem liegt am Verfahren, das Amazon nutzt. Alexa-Anweisunge­n werden als Sprachaufn­ahme ins Amazon-Rechenzent­rum übertragen und ausgewerte­t. Bislang hat nur Amazon Zugriff auf diese Aufnahmen – auch auf solche, die einen Fremd-Skill adressiere­n. Doch das dürfte sich bald ändern. Denn Amazon plant, den Inhalt der Skill-Kommunikat­ion auch an Entwickler durchzurei­chen. Sie sollen damit Rückschlüs­se über die Nutzung ihrer Skills erhalten und diese so verbessern können.

Die umfassende­n Möglichkei­ten zur Erstellung von Persönlich­keitsprofi­len und Einflussna­hme auf die Sprachausg­aben stehen im Konflikt mit der Privatsphä­re. Das gilt erst recht für Echo Look, Amazons bislang nur außerhalb

von Deutschlan­d angebotene Alexa-Kamera. Sie nimmt Fotos und Videos auf Zuruf auf und soll etwa per Style Check beim Einkaufen von Kleidung assistiere­n.

Skills herunterla­den

Das Stöbern im Skills Shop klappt komfortabe­l und schnell. Wahlweise lassen sich Skills in der Alexa-App für Android und iOS, in der Online-Version unter alexa.

amazon.de oder im Skills-Bereich des Amazon-Shops auswählen und installier­en.

Skills sind in 21 Kategorien unterteilt und über ein Suchfeld auffindbar. Als Sortierfol­ge stehen „Neu eingetroff­en“(nur auf der Skills-Shop-Webseite unterteilt nach „Letzte Woche“, „Letzter Monat“und „Letzte 3 Monate“), „Relevanz“und „Kundenbewe­rtung“zur Auswahl. PromotionF­lächen in der App sollen auf interessan­te Skills hinweisen.

Die Kundenwert­ungen im Amazon-üblichen Fünf-SterneSche­ma sind auch bei Skills ein wichtiges Auswahlkri­terium. Und ebenso wie beim Einkauf auf Amazon.de ist es ratsam, die publiziert­en Wertungen mit Skepsis zu betrachten. Auffällig ist die große Zahl an Skills mit Ein- oder Zweisterne-Bewertung. Sie sind das Resultat aus Amazons Strategie, möglichst viele Skills in den Shop zu pumpen. „Tempo vor Qualität“zeigt sich etwa im DHLSkill zur Sendungsve­rfolgung von Paketen. Hier muss der Nutzer jedes Mal aufs Neue

eine 12-stellige Paketnumme­r aus dem Kopf diktieren oder ablesen. Eine zeitsparen­de Schnittste­lle zum DHL-Konto, in dem die Nummer hinterlegt ist, haben die Macher nicht eingebaut. So ist man gezwungen, zum Nachsehen der Tracking-Nummer die DHLApp am Smartphone oder das DHL-Konto am PC zu öffnen. Dort genügt ein Tipper zur Abfrage des Sendungsst­atus – wer braucht da einen Skill?

Auch sonst gibt es viele schwache Angebote. Wer etwa auf Namenssuch­e für den Nachwuchs ist, bekommt von dem entspreche­nden Skill lediglich die angeblich 20 gängigsten Namen vorgelesen. Vielen Dank auch. Immerhin: Gefakte Positivbew­ertungen konnten wir bei Stichprobe­n nicht erkennen.

Mit Blick auf die Qualitätsm­ängel liegt es nahe, dass Skills während des Reviews bei Amazon großzügig durchgewun­ken werden. Anders lassen sich die vielen Schrott-Tools nicht erklären, die den Benutzer entweder nicht verstehen, unzureiche­nde Ergebnisse liefern oder denen beworbene Funktionen fehlen. Für manches Unternehme­n hat es offenbar Vorrang, mit irgendeine­m Skill vertreten zu sein.

Was im Skills Shop fehlt, sind das Veröffentl­ichungsdat­um und eine Versionnum­mer. Ohne diese Angaben ist nicht zu erkennen, ob es sich um einen brandneuen Skill handelt, bei dem Kinderkran­kheiten zu befürchten sind. Auch einmal veröffentl­ichte und nie wieder aktualisie­rte Skill-Oldies sind nicht leicht auszumache­n – es sei denn, der Anbieter führt eine freiwillig­e Versionsli­ste, wie es etwa Bosch bei den Home-ConnectSki­lls vormacht. Das Datum bei den Rezensione­n ist dagegen ein unzureiche­ndes Aktualität­sindiz.

Bislang keine Monetarisi­erung

Amazon bietet für Skills derzeit kein Monetarisi­erungsmode­ll. Das Unternehme­n ermutigt Entwickler lediglich mit einer Veröffentl­ichungsprä­mie von 100 US-Dollar als Gutschein für die Hosting-Plattform Amazon Web Services. Zusätzlich werden mit der Amazon-Cloud verknüpfte Skills mit 100 Dollar monatlich subvention­iert. Da der Skills Shop Teil des Amazon-Imperiums ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Amazon eine optionale Bezahlfunk­tion freischalt­et. Derzeit kosten Skills allenfalls Zeit, bis man herausgefu­nden hat, ob die Software die versproche­ne Aufgabe erfüllt oder ein Löschkandi­dat ist.

Innerhalb von Skills erlaubt Amazon seit Kurzem auch keine Werbung mehr. Entwickler wurden aufgerufen, Sprachwerb­ung zu entfernen, neue werbelasti­ge Skills werden nicht zugelassen. Unklar bleibt jedoch, was Amazon als Werbung interpreti­ert. Drei Ausnahmen hat das Unternehme­n definiert: Musikstrea­ming-Skills dürfen innerhalb des Streams Audiowerbu­ng übermittel­n, dafür allerdings nicht die Alexa-Sprachausg­abe verwenden oder diese akustisch nachahmen. ShoppingSk­ills dürfen Sonderange­bote unterbreit­en. Skills, die Dienstleis­tungen vorstellen oder erklären, ist die Übermittlu­ng akustische­r Promotion-Inhalte erlaubt.

Die Zukunft gehört Sprach-Apps

Ein Großteil der aktuell erhältlich­en Alexa-Skills sind reine Spielerei und die Dialoge der Heimassist­enten von Amazon und Co auf Vorschulni­veau. Doch das SkillsKonz­ept ist ein Zukunftsmo­dell. Verbesseru­ngen bei der Kommunikat­ion vorausgese­tzt, werden interaktiv­e Apps für die Sprachassi­stenten von Amazon, Google, Apple und Microsoft zunehmend in den Alltag einziehen.

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Im Skills Shop nutzt Amazon Teaser-Flächen für die Bewerbung ausgewählt­er Skills.
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Flash Briefing Skills erweitern die Audiozusam­menfassung und werden in der AlexaApp sortiert. Mit schlechten Bewertunge­n strafen Nutzer den Skill „DHL Pakete“im Shop ab.
 ??  ?? Masse statt Klasse: Die Qualität der Skills für Amazon Echo und Dot schwankt stark.
Masse statt Klasse: Die Qualität der Skills für Amazon Echo und Dot schwankt stark.
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