Amazon Alexa
Skills sind das Erfolgsmodell der Sprachplattform Alexa. Über 15 000 der Mini-Apps gibt es. Doch Amazons Konzept kämpft mit Schwächen.
Mit Skills lässt sich der Funktionsumfang der Sprachsteuerung erweitern
Aamazons Sprachsteuerung Alexa ist aktuell in aller Munde – und soll zum Mittelpunkt smarten Wohnens werden. Seine eigenen Boxen Echo und Dot will der Internethändler seit geraumer Zeit mit Macht in den Markt drücken. Beide reagieren auf Zuruf, können von Haus aus aber nur vorgegebene Befehle entgegennehmen und Medien wie MusikstreamingDienste wiedergeben. Doch über sogenannte „Skills“von Fremdanbietern aus dem „Alexa Skills Shop“lassen sich die Fähigkeiten ausbauen. Dabei wird das Thema Musik zunehmend zweitrangig. Die Gratis-Apps für Alexa kann man über eine kurze Wortkombination aktivieren, ihr einfaches Dialogschema soll der Schlüssel zum Erfolg sein.
Rosinen herauspicken
15 000 Alexa-Skills zählte die Sprachsteuerungsplattform Voicebot.ai im Juli 2017. Zum Vergleich: Google bringt es auf knapp 400 Home-Apps, Microsoft auf bescheidene 68 Cortana-Apps. Hierzulande backt Amazon allerdings kleinere Brötchen: Nur 1800 Skills ermittelt Voicebot.ai für Deutschland; gegenüber knapp 7000 Skills im britischen Shop ist das wenig. Zudem schwankt die Qualität stark.
Schauen wir uns zunächst die Kategorien an: Mit „Info Skills“finden Sie auf Zuruf heraus, wann der nächste Bus fährt, welche Tonne die Müllabfuhr diese Woche leert oder was im Kino läuft. Taxis bestellen, Kochrezepte vorlesen, anstehende Termine abfragen, Wörterbücher durchsuchen oder Aufgabenlisten führen – das alles geht mit Info-Skills.
„Flash Briefing Skills“arbeiten nach dem Motto „Hören statt Lesen“. Sie packen Schlagzeilen aus Politik, Wirtschaft, Entertainment und Sport in die tägliche Audiozusammenfassung, sobald Sie zur Aktivierung „Alexa, was ist meine tägliche Zusammenfassung?“sagen. Vorbildlich schaffen das die „Tagesschau in 100 Sekunden“, „ZDF heute Xpress“und der Deutschlandfunk mit eigenen Audiostreams. Andere Flash Briefing Skills machen lediglich RSS-Inhalte über die Alexa-Sprachsynthese als News verfügbar. Ein guter Name ist dabei noch kein Qualitätsmerkmal, wie die Skills des Sportmagazins Kicker oder „Welt Aktuelle Nachrichten“zeigen. Flash Briefing Skills eignen sich aber auch zur Unterhaltung, etwa die kurzen Duft-Statements der Parfümfachleute hinter dem Skill von Parfumo.de.
Smartes Zuhause auf Zufruf
Ein Vorzeige-Skill im Bereich „Smarthome“ist Philips Hue. Hat man sich in der Alexa-App einmal durch die Hue-Geräte, Gruppen und Szenen gekämpft, wird man mit einer komfortablen und zuverlässigen Lichtsteuerung belohnt. Ähnlich funktionieren die Skills zu „HomeMatic IP“, „Magenta SmartHome“der Telekom, Tado, Innogy/RWE, Rademacher, Devolo, Lupus und der KNX-Familie.
Um Smart-Home-Geräte zu steuern, aber auch um eine Pizza zu bestellen, muss man den jeweiligen Skill mit dem Nutzerkonto des dahinterstehenden OnlineDienstes verbinden. Alexa selbst ist fest mit der Amazon-Kennung verknüpft. Die für die Sprachsteuerung nötige permanente Mikrofonaufnahme, gepaart mit eigenem Amazon-Konto, Skills, Haushaltsgeräten und Online-Diensten von Drittanbietern bringt Datenschützer auf die Barrikaden.
Datenschützer warnen
Das Problem liegt am Verfahren, das Amazon nutzt. Alexa-Anweisungen werden als Sprachaufnahme ins Amazon-Rechenzentrum übertragen und ausgewertet. Bislang hat nur Amazon Zugriff auf diese Aufnahmen – auch auf solche, die einen Fremd-Skill adressieren. Doch das dürfte sich bald ändern. Denn Amazon plant, den Inhalt der Skill-Kommunikation auch an Entwickler durchzureichen. Sie sollen damit Rückschlüsse über die Nutzung ihrer Skills erhalten und diese so verbessern können.
Die umfassenden Möglichkeiten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen und Einflussnahme auf die Sprachausgaben stehen im Konflikt mit der Privatsphäre. Das gilt erst recht für Echo Look, Amazons bislang nur außerhalb
von Deutschland angebotene Alexa-Kamera. Sie nimmt Fotos und Videos auf Zuruf auf und soll etwa per Style Check beim Einkaufen von Kleidung assistieren.
Skills herunterladen
Das Stöbern im Skills Shop klappt komfortabel und schnell. Wahlweise lassen sich Skills in der Alexa-App für Android und iOS, in der Online-Version unter alexa.
amazon.de oder im Skills-Bereich des Amazon-Shops auswählen und installieren.
Skills sind in 21 Kategorien unterteilt und über ein Suchfeld auffindbar. Als Sortierfolge stehen „Neu eingetroffen“(nur auf der Skills-Shop-Webseite unterteilt nach „Letzte Woche“, „Letzter Monat“und „Letzte 3 Monate“), „Relevanz“und „Kundenbewertung“zur Auswahl. PromotionFlächen in der App sollen auf interessante Skills hinweisen.
Die Kundenwertungen im Amazon-üblichen Fünf-SterneSchema sind auch bei Skills ein wichtiges Auswahlkriterium. Und ebenso wie beim Einkauf auf Amazon.de ist es ratsam, die publizierten Wertungen mit Skepsis zu betrachten. Auffällig ist die große Zahl an Skills mit Ein- oder Zweisterne-Bewertung. Sie sind das Resultat aus Amazons Strategie, möglichst viele Skills in den Shop zu pumpen. „Tempo vor Qualität“zeigt sich etwa im DHLSkill zur Sendungsverfolgung von Paketen. Hier muss der Nutzer jedes Mal aufs Neue
eine 12-stellige Paketnummer aus dem Kopf diktieren oder ablesen. Eine zeitsparende Schnittstelle zum DHL-Konto, in dem die Nummer hinterlegt ist, haben die Macher nicht eingebaut. So ist man gezwungen, zum Nachsehen der Tracking-Nummer die DHLApp am Smartphone oder das DHL-Konto am PC zu öffnen. Dort genügt ein Tipper zur Abfrage des Sendungsstatus – wer braucht da einen Skill?
Auch sonst gibt es viele schwache Angebote. Wer etwa auf Namenssuche für den Nachwuchs ist, bekommt von dem entsprechenden Skill lediglich die angeblich 20 gängigsten Namen vorgelesen. Vielen Dank auch. Immerhin: Gefakte Positivbewertungen konnten wir bei Stichproben nicht erkennen.
Mit Blick auf die Qualitätsmängel liegt es nahe, dass Skills während des Reviews bei Amazon großzügig durchgewunken werden. Anders lassen sich die vielen Schrott-Tools nicht erklären, die den Benutzer entweder nicht verstehen, unzureichende Ergebnisse liefern oder denen beworbene Funktionen fehlen. Für manches Unternehmen hat es offenbar Vorrang, mit irgendeinem Skill vertreten zu sein.
Was im Skills Shop fehlt, sind das Veröffentlichungsdatum und eine Versionnummer. Ohne diese Angaben ist nicht zu erkennen, ob es sich um einen brandneuen Skill handelt, bei dem Kinderkrankheiten zu befürchten sind. Auch einmal veröffentlichte und nie wieder aktualisierte Skill-Oldies sind nicht leicht auszumachen – es sei denn, der Anbieter führt eine freiwillige Versionsliste, wie es etwa Bosch bei den Home-ConnectSkills vormacht. Das Datum bei den Rezensionen ist dagegen ein unzureichendes Aktualitätsindiz.
Bislang keine Monetarisierung
Amazon bietet für Skills derzeit kein Monetarisierungsmodell. Das Unternehmen ermutigt Entwickler lediglich mit einer Veröffentlichungsprämie von 100 US-Dollar als Gutschein für die Hosting-Plattform Amazon Web Services. Zusätzlich werden mit der Amazon-Cloud verknüpfte Skills mit 100 Dollar monatlich subventioniert. Da der Skills Shop Teil des Amazon-Imperiums ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Amazon eine optionale Bezahlfunktion freischaltet. Derzeit kosten Skills allenfalls Zeit, bis man herausgefunden hat, ob die Software die versprochene Aufgabe erfüllt oder ein Löschkandidat ist.
Innerhalb von Skills erlaubt Amazon seit Kurzem auch keine Werbung mehr. Entwickler wurden aufgerufen, Sprachwerbung zu entfernen, neue werbelastige Skills werden nicht zugelassen. Unklar bleibt jedoch, was Amazon als Werbung interpretiert. Drei Ausnahmen hat das Unternehmen definiert: Musikstreaming-Skills dürfen innerhalb des Streams Audiowerbung übermitteln, dafür allerdings nicht die Alexa-Sprachausgabe verwenden oder diese akustisch nachahmen. ShoppingSkills dürfen Sonderangebote unterbreiten. Skills, die Dienstleistungen vorstellen oder erklären, ist die Übermittlung akustischer Promotion-Inhalte erlaubt.
Die Zukunft gehört Sprach-Apps
Ein Großteil der aktuell erhältlichen Alexa-Skills sind reine Spielerei und die Dialoge der Heimassistenten von Amazon und Co auf Vorschulniveau. Doch das SkillsKonzept ist ein Zukunftsmodell. Verbesserungen bei der Kommunikation vorausgesetzt, werden interaktive Apps für die Sprachassistenten von Amazon, Google, Apple und Microsoft zunehmend in den Alltag einziehen.