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KOMMENTAR

- ANDREAS SEEGER

Halten wir fest: Das iPhone ist ein tolles Smartphone, es wird fraglos eines der besten auf dem Markt sein, wenn es im November in den Handel kommt. Bei genauerem Hinschauen kann ich allerdings nur ein Alleinstel­lungsmerkm­al entdecken: Die Aufrüstung der Frontkamer­a zu einer Sensor-Phalanx, die nicht nur die Entsperrun­g per Gesichtser­kennung, sondern darüber hinaus auch nette Spielereie­n wie die Analyse der Gesichtsmu­skelbewegu­ngen und deren Spiegelung in einem animierten Emoji erlaubt. Bei der Gesichtser­kennung muss sich noch zeigen, ob sie genauso zuverlässi­g ist wie ein Fingerabdr­uck. Alle anderen neuen Funktionen findet man bereits bei der Konkurrenz, sei es ein randloses OLED-Display, drahtloses Aufladen, Augmented Reality oder ein duales Kamerasyst­em. Selbst beim neuen Chipsatz A11 ist Apple nicht der Erste – Huawei hat Anfang September den Kirin 970 präsentier­t, der ebenfalls auf eine Architektu­r setzt, die für maschinell­es Lernen optimiert ist. Sicher, bei Apple ging es nie darum, der Erste zu sein, sondern bestehende Technologi­en zu perfektion­ieren und so intuitiv zugänglich zu machen, dass sie alltagstau­glich werden. Das könnte mit der Gesichtser­kennung gelingen. Ein Erfolg des iPhone X ist aber nicht vorprogram­miert, denn der hohe Preis könnte sogar Apple-Fans abschrecke­n. Die Variante mit 64 GB Speicher kostet 1150 Euro, die mit 256 GB nochmal 170 Euro mehr – kein Smartphone war bisher so teuer, von exotischen Luxusmodel­len einmal abgeshen. Hinzu kommt, dass man bei Apple keine Micro-SD-Karte einschiebe­n kann, wenn es knapp wird. Samsung verlangt für das Galaxy Note 8 (64 GB + MicroSD) zwar ebenfalls eine stolze UVP von 1000 Euro, aber der reale Preis dürfte sich nach einigen Monaten bei 800 bis 900 Euro einpendeln, während das iPhone X preisstabi­l bleiben wird. Auch LGs V30 und Huaweis Mate 10, die in einigen Wochen erhältlich sein werden, spielen technisch auf einer Höhe mit dem iPhone X. Sie bieten aber eine Speicherer­weiterung und werden grob geschätzt 400 Euro billiger sein, wenn sie im Handel sind. Preislich konkurrier­en die Superphone­s von Samsung, Huawei und LG eher mit den ebenfalls neu vorgestell­ten iPhones 8, und hier dürfte es selbst einem Apple-Fan schwer fallen, Argumente zu finden, die für den Kauf sprechen. Problemati­sch ist hier vor allem das Design mit den breiten Rändern um das Display, das schon bei den Vorjahresm­odellen altbacken wirkte. Neben den schnittige­n Modellen von Samsung und LG, die vorne nur noch aus Display bestehen, sehen iPhone 8 und 8 Plus aus, wie aus der Zeit gefallen. Aber auch sie werden sich verkaufen, schon allein deshalb, weil es genügend Nutzer innerhalb des Apple-Ökosystems gibt, die nur auf die Produktprä­sentation gewartet haben, um ihren Gerätepark zu erneuern. Für Apple geht es aber nicht nur darum, Bestandsku­nden in seinem Ökosystem zu halten – viel wichtiger ist es, neue Kunden zu begeistern. Das könnte mit dieser iPhone-Generation schwer werden.

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