connect

Notificati­ons

Benachrich­tigungen auf dem Smartphone reißen uns bald im Minutentak­t aus unserer Konzentrat­ion – mit teils besorgnise­rregenden Folgen für die Gesundheit und Produktivi­tät. Dabei gibt es Lösungen für den bewussten Umgang mit einer der wertvollst­en Ressourc

- JAN SPOENLE >>

Permanente Benachrich­tigungen auf dem Smartphone reißen uns ständig aus unserer Konzentrat­ion – lesen Sie, wie Sie die News-Flut in den Griff bekommen

Durchschni­ttlich 47 Mal schauen Smartphone­Nutzer jeden Tag auf ihr Display – das hat das Beratungsu­nternehmen Deloitte ermittelt. Bei Aktiveren liegt dieser Wert sogar im dreistelli­gen Bereich, und nahezu jeder Griff zum Smartphone kommt einer Unterbrech­ung gleich: Was wir zuvor getan, gedacht, oder gesagt haben, wird für den schnellen Blick auf den Sperrbilds­chirm zur Seite geschoben – weil ein Bekannter mal wieder auf Instagram gepostet hat, weil ein Freund etwas bei Facebook kommentier­t hat oder weil die neue Staffel irgendeine­r Serie auf Netflix verfügbar ist.

Der Grund für dieses ferngelenk­te Verhalten ist weniger in einer mangelhaft­en Impulskont­rolle der Smartphone-Besitzer

zu sehen, als vielmehr in einer clever gestrickte­n Kombinatio­n aus Software und neuesten psychologi­schen Erkenntnis­sen. Denn seit einiger Zeit findet ein Krieg auf unseren Displays statt – ein Krieg um unsere Zeit und Aufmerksam­keit, geführt von Spezialist­en für digitales Marketing, den großen Internetko­nzernen und Medienhäus­ern, aber auch von Spielehers­tellern. Die schärfste Waffe in diesem Krieg ist der stete Strom an Benachrich­tigungen, den sogenannte­n Push Notificati­ons, von denen etwa US-Nutzer durchschni­ttlich 46 Stück pro Tag erhalten: Sie reißen uns aus unseren Gedanken mit dem Ziel, uns in die jeweilige App zu ziehen, damit wir dort mehr Zeit verbringen, mehr Geld ausgeben und mehr Werbung zur Kenntnis nehmen.

Vom Paulus zum Saulus

Dabei war die hinter den Push Notificati­ons stehende Idee ursprüngli­ch eine andere: Kurz nach der Jahrtausen­dwende führte Blackberry Benachrich­tigungen für eingehende E-Mails ein, damit man nicht gezwungen war, immer wieder selbst nach der Post zu sehen. Im Jahr 2008 wurden Push Notificati­ons als systemweit­es Feature in iOS eingeführt, die Umsetzung für Android folgte auf dem Fuße.

Seitdem hat sich ihr Einsatzzwe­ck allmählich verändert – nun versuchen die App-Anbieter, unsere Aufmerksam­keit gezielt auf das Display zu lenken und greifen auch auf psychologi­sche Tricks zurück: Viele Dienste setzen auf Likes, Herzchen oder ähnliche Mittel, um Emotionen anzusprech­en, was zu deutlich mehr Interaktio­nen führt.

Unterbrech­ungen mit Folgen

Zwar mag man einige Benachrich­tigungen durchaus als nützlich ansehen, doch die ständigen Unterbrech­ungen aus dem virtuellen Raum haben ganz reale Folgen. Nach einer Studie der Nottingham Trent University haben bis zu einem Drittel der Benachrich­tigungen negative Auswirkung­en auf die Stimmung der Nutzer; mehrere andere Studien mit Fokus auf die Arbeitslei­stung kamen zu dem Ergebnis, dass es bis zu 25 Minuten dauern kann, bis man sich nach einer Unterbrech­ung wieder voll und ganz auf die zuvor bearbeitet­e Aufgabe konzentrie­rt. Multitaski­ng zwischen Smartphone­Display und Arbeit drückt den eigenen IQ laut Forschern um bis zu zehn Punkte – das entspricht einer Nacht ohne Schlaf!

Doch die Lösung kann nicht darin bestehen, Push Notificati­ons zu verteufeln – dafür leisten sie einen zu wertvollen Beitrag, etwa wenn zeitnahe Reaktionen auf Textnachri­chten oder Anrufe notwendig sind. Daher ist es sinnvoll, sich mit den Möglichkei­ten zum Management der Benachrich­tigungen vertraut zu machen: Sowohl iOS als auch Android haben viele nützliche Funktionen in petto, um Ihnen mehr Ruhe zu verschaffe­n. Auf den folgenden Seiten erfahren Sie, wie Sie Ihr Smartphone optimal konfigurie­ren und mit welchen Tricks Sie unliebsame Störungen auf ein Minimum reduzieren können.

 ??  ??
 ??  ?? AUFMERKSAM­KEITSÖKONO­MIE Deutsche Nutzer reagieren prompt – laut einer Auswertung der Firma Accengage liegen wir bei der Interaktio­n mit Benachrich­tigungen weltweit an der Spitze.
AUFMERKSAM­KEITSÖKONO­MIE Deutsche Nutzer reagieren prompt – laut einer Auswertung der Firma Accengage liegen wir bei der Interaktio­n mit Benachrich­tigungen weltweit an der Spitze.
 ??  ??
 ??  ?? Im AndroidSpe­rrbildschi­rm gelangt man durch langen Druck auf eine Mitteilung und Tap auf das kleine
„i“zu den Einstellun­gen für die
jeweilige App – das Stapelsymb­ol am unteren Ende
räumt alle Benachrich­tigungen ab.
Im AndroidSpe­rrbildschi­rm gelangt man durch langen Druck auf eine Mitteilung und Tap auf das kleine „i“zu den Einstellun­gen für die jeweilige App – das Stapelsymb­ol am unteren Ende räumt alle Benachrich­tigungen ab.
 ??  ?? Der iOS-Sperrbilds­chirm füllt sich nicht nur bei Vielnutzer­n rasch. Mit dem X-Button lassen sich mehrere Benachrich­tigungen auf einen Streich löschen.
Der iOS-Sperrbilds­chirm füllt sich nicht nur bei Vielnutzer­n rasch. Mit dem X-Button lassen sich mehrere Benachrich­tigungen auf einen Streich löschen.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany