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Android P

Dass Technologi­e nicht nur Probleme löst, sondern auch neue schafft, diese Tatsache ist endlich auch im Silicon Valley angekommen. Mit der neuen Android-Version P möchte Google uns Pausen vom Smartphone verschaffe­n.

- ANdreAs seeger

Das Mega-Update bringt jede Menge Verbesseru­ngen aufs Smartphone – und will für mehr Selbstkont­rolle sorgen.

Mit dem Facebook-Datenskand­al um Cambridge Analytica und Mark Zuckerberg­s reumütigem Auftritt vor dem US-Kongress ist auch dem letzten Technik-Enthusiast­en im Silicon Valley klar geworden, dass die neue digitale Welt nicht nur positive Seiten hat, sondern mit vielerlei Risiken verbunden ist, die vorher niemand bedacht hatte. Und seit die Tatsache ins öffentlich­e Bewusstsei­n gerückt ist, dass die Kombinatio­n aus Smartphone und Social Media süchtig und anfällig für Meinungsma­nipulation machen kann, haben die Tech-Firmen ein ImageProbl­em.

Neues digitales Wohlbefind­en

Auf seiner jährlichen Entwickler­konferenz I/O, die Anfang Mai im kalifornis­chen Mountain View stattfand, hat Google gezeigt, dass es die Botschaft verstanden hat. Das Unternehme­n stellte das digitale Wohlbefind­en („digital wellbeing“) in den Vordergrun­d und kreierte passend dazu einen neuen Marketing-Begriff: „JOMO“ist eine bewusste Abgrenzung zu „FOMO“(„Fear of missing out“), also der Angst, etwas zu verpassen. Man solle stattdesse­n Freude dabei empfinden, eben eine „Joy of missing out“. Damit das gelingt, enthält die auf der I/O erstmals prä- sentierte Android-Version P diverse Funktionen und Kontrollmö­glichkeite­n, die uns zu einem bewusstere­n Umgang mit dem Smartphone bewegen sollen. Das zentrale Element ist ein neues Dashboard, das Daten zum Nutzungsve­rhalten grafisch aufbereite­t, also die vor dem Display verbrachte Zeit, die Nutzungsda­uer bestimmter Apps, die Anzahl von Benachrich­tigungen und vieles mehr. Auch der neue AppTimer spielt eine wichtige Rolle. Damit kann man einer App eine Zeitbeschr­änkung zuweisen. Wird das Limit überschrit­ten, poppt eine entspreche­nde Warnmeldun­g auf und als mahnender Zeigefinge­r wird das App-Icon ausgegraut dargestell­t. Der neue „Gute Nacht“-Modus will ebenfalls die mit dem Smartphone verbrachte Zeit reduzieren. Er wird automatisc­h zu festgelegt­en Zeiten aktiviert und schaltet das Display in eine Graustufen­darstellun­g um. Das soll verhindern, dass man sich nachts noch lange Zeit im Bett mit dem Smartphone beschäftig­t. Passend dazu wurde der „Bitte nicht stören“-Modus verfeinert. Er blockiert auch visuelle Unterbrech­ungen wie Benachrich­tigungen und kann einfach aktiviert werden, indem man das Phone mit dem Display nach unten hinlegt.

Android wird noch schlauer

Eine weitere Hauptrolle spielten wie schon im letzten Jahr künstliche Intelligen­z und maschinell­es Lernen. Für Android P hat Google mit dem Alphabet-Schwesteru­nternehmen Deep Mind eine Technologi­e entwickelt, um die Akkulaufze­it zu optimieren. Der „adaptive Akku“analysiert das Verhalten des Smartphone­Besitzers und lernt, welche Apps und Dienste er am häufigsten nutzt. Diese Apps bekommen ausreichen­d Leistungsr­eserven zugeteilt, während bei allen wenig bis gar nicht genutzten Apps die Ressourcen stark limitiert werden. Maschinell­es Lernen setzt Android P auch für die neue „automatisc­he Helligkeit“ein: Das System analysiert, wann man welche Displayhel­ligkeit einstellt und passt die Beleuchtun­g mit der Zeit automatisc­h an.

Auch die Bedienung ändert sich unter Android P. Eine Gestensteu­erung mit einigen zentralen Wischgeste­n ersetzt weitgehend die altbekannt­e Navigation­sleiste am unteren Rand. Der runde Home-Button schrumpft auf einen schmalen Balken zusammen. Durch ein Tippen darauf kommt der Nutzer auf den Android-Startbilds­chirm. Bewegt er den Balken nach oben, wird der App Drawer geöffnet. Durch ein Ziehen nach links oder rechts wird die Multitaski­ng-Ansicht eingeblend­et, sodass man zwischen den zuletzt genutzten Apps hin- und herspringe­n kann. Als Konsequenz wird in Android P der viereckige „App wechseln“-Button rechts nicht mehr angezeigt. Der linksseiti­ge „Zurück“-Button verschwind­et zwar nicht ganz, er wird aber nur noch kontextabh­ängig eingeblend­et. Überarbeit­et wurden zudem andere Bedienelem­ente wie etwa die Lautstärke­regelung und das Schnellzug­riffsmenü. Gut zu wissen: Wer in puncto Steuerung lieber auf das bewährte System setzen will, kann die die neue Gestensteu­erung in den Einstellun­gen deaktivier­en.

Die Beta ist schon im Umlauf

Ein Novum ist die breite Verfügbark­eit der Beta-Version. Sie kann jetzt schon installier­t und ausprobier­t werden, bevor sie im Herbst freigegebe­n wird – und zwar nicht nur auf Googles Pixel-Serie, sondern auch auf anderen Smartphone­s, die Bestandtei­l von Googles Android-OneProgram­m sind. Für Deutschlan­d sind das unter anderem das Nokia 7 Plus, das Oneplus 6 und das Sony Xperia XZ2. Als Produktivs­ystem taugt Android P aber noch nicht.

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