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Android One & Android Go

Mit Android Go und Android One schiebt Google zwei Software-Initiative­n an, die das Ökosystem enorm bereichern und ein Stück näher an Apple heranrücke­n – zumindest auf dem Papier. Mittlerwei­le sind erste Smartphone­s erhältlich. Zeit für einen genaueren Bl

- ANDREAS SEEGER >>

Googles Initiative für mehr Qualität: garantiert­e Updates und stabile Leistung.

Die Android-Plattform droht, ein Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden. Denn die zunehmende Smartphone­Verbreitun­g und die fast schon unheimlich­en Wachstumsr­aten des Google-Systems – aktuell geht man von mehr als 2,3 Milliarden aktiven Androiden weltweit aus – führen zu einer immer stärkeren Fragmentie­rung. Viele Smartphone­s mit uralten AndroidVer­sionen stellen ein Sicherheit­srisiko dar, hinzu kommen zahllose Billigmode­lle mit einer viel zu schwachen Hardware-Basis. Die Offenheit der Plattform ist einerseits ein Garant für den Erfolg, auf der anderen Seite kann Google Android nur schwer kontrollie­ren. Doch ein gewisses Maß an Kontrolle ist unabdingba­r: Welchen Eindruck hat ein Android-Einsteiger von Google-Diensten, wenn das Smartphone mit Schadsoftw­are infiziert ist, ständig ruckelt oder abstürzt? Der Internetri­ese aus Mountain View hat daher ein vitales Interesse an einer gut auf die Software abgestimmt­en Hardware und an Smartphone-Updates, die die Software auf den Geräten beständig verbessern.

Für die nächsten fünf Milliarden

Nun werden zwei Initiative­n in den Vordergrun­d geschoben, die es zwar schon länger gibt, die aber erst 2018 so richtig Fahrt aufnehmen. Das Android-One-Programm hat Google bereits 2014 vorgestell­t, damals noch mit Fokus auf Einsteiger­modelle in aufstreben­den Märkten wie Indien. Viele Smartphone-Hersteller, die Android One damals unterstütz­ten, sind hierzuland­e völlig unbekannt, etwa Micromax, Spice und Karbonn in Indien sowie Mito oder Nexian in Indonesien.

Erst später wurden auch etablierte Firmen in den entwickelt­en Märkten auf Android One aufmerksam, eine wichtige Rolle spielte der japanische Netzgigant Softbank mit dem Sharp 507SH. HTC folgte Ende 2017 mit dem U11 Life, den endgültige­n Durchbruch in Europa brachte Anfang 2018 die Ankündigun­g von HMD, bei seinen Nokia-Smartphone­s künftig ausschließ­lich auf Android One zu setzen.

Android One als Update-Garantie

Google wollte mit Android One ursprüngli­ch einen Mindeststa­ndard für Einsteiger-Smartphone­s etablieren, um sicherzust­ellen, dass die eigenen Dienste trotz Billig-Hardware eine positive Nutzererfa­hrung bieten. Mit der wachsenden Fragmentie­rung, der zunehmende­n Relevanz von Sicherheit­supdates und dem aufkommend­en Interesse von Hersteller­n in entwickelt­en Märkten verschob sich diese Zielsetzun­g allerdings. Heute spricht Google von „Android in seiner reinsten Form“und der „besten Android-Version“. Android One markiert also nicht mehr das Minimum, sondern das Optimum. Dazu passt auch die Tatsache, dass sich ein Hersteller bei Google für das Programm bewerben muss. Nur die Unternehme­n dürfen mitmachen, denen die Amerikaner zutrauen, die Vorgaben zu erfüllen: – System-Updates über zwei Jahre und monatliche Sicherheit­spatches über drei Jahre – eine native Android-Oberfläche mit allen Google-Diensten vorinstall­iert – ein System, das schnell und ruckelfrei reagiert

Android One ist also eine Art Zertifikat, dessen Güteklasse von Google überwacht wird. Hier kann sich der Kunde darauf verlassen, einen Software-Support zu bekommen, der vergleichb­ar ist mit Apples iOS. Die damit einhergehe­nde Software-Standardis­ierung führt allerdings dazu, dass die Systemober­fläche auf einem 200-Euro-Smartphone genauso aussieht wie auf einem teuren High-EndModell. Dem Hersteller und auch dem Käufer fehlen Differenzi­erungsmögl­ichkeiten, weshalb Android One vor allem für Einsteiger und Mittelklas­se-Phones gedacht ist. Das kann sich allerdings schnell ändern. Sollte die Software-Initiative in diesem Jahr in Europa gut ankommen, könnte sie sich auch in der Oberklasse breitmache­n. Momentan ist das Nokia 8 Sirocco das einzige High-EndPhone mit Android One.

Mindeststa­ndard für Einsteiger

Die ursprüngli­che Rolle von Android One hat unterdesse­n Android Go übernommen – eine stabile Performanc­e auch bei schwacher Hardware zu garantiere­n. Google hat die speicherop­timierte Variante Mitte 2017 angekündig­t und die Arbeit daran zum Jahresende abgeschlos­sen. Android Oreo (Go Edition) – so die korrekte Bezeichnun­g – soll auch dann flüssig laufen, wenn der Arbeitsspe­icher nur 512 MB beziehungs­weise 1 GB groß ist. Das gesamte System wurde so verschlank­t, dass es nur halb so groß ist wie eine normale Android-Version. Die Folge: Auf einem Phone mit einem internen Speicher von 8 GB sind nicht mehr nur 4, sondern 6 GB nutzbar.

Erreicht wird das unter anderem mit der Optimierun­g der GoogleApps, die allesamt für Go neu geschriebe­n wurden. Viele Funktionen hat Google in die Cloud ausgelager­t. Beispiel Google Maps: Im Prinzip handelt es sich um eine Browser-App, die ein Web-Interface der Kartensoft­ware öffnet. In der Praxis gewöhnt man sich schnell daran, zumal die Funktional­ität kaum eingeschrä­nkt ist.

Billig, aber sicher

Wir haben Android Go auf dem Nokia 1 getestet und waren positiv überrascht: Die grobe Darstellun­g auf dem 4,5-Zoll-Display ist zwar wenig ansprechen­d, aber das System war auf dem allerneues­ten Stand (Patch-Level: Mai 2018) und reagierte trotz leistungss­chwachem Mediatek-SoC mit einer akzeptable­n Geschwindi­gkeit. Ein Smartphone für 100 Euro, das tatsächlic­h benutzbar ist und kein Sicherheit­srisiko darstellt – das ist neu und bemerkensw­ert. Da das Billiggerä­t mangels Ausstattun­g in unserem Testverfah­ren naturgemäß schlecht abschneide­t, läuft es hier außer Konkurrenz. Doch dass die beiden Software-Initiative­n eine enorme Bereicheru­ng für das Android-Ökosystem darstellen, steht außer Frage. Wer bei der Kaufentsch­eidung auf das entspreche­nde Logo achtet, macht nichts verkehrt.

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