Android One & Android Go
Mit Android Go und Android One schiebt Google zwei Software-Initiativen an, die das Ökosystem enorm bereichern und ein Stück näher an Apple heranrücken – zumindest auf dem Papier. Mittlerweile sind erste Smartphones erhältlich. Zeit für einen genaueren Bl
Googles Initiative für mehr Qualität: garantierte Updates und stabile Leistung.
Die Android-Plattform droht, ein Opfer ihres eigenen Erfolgs zu werden. Denn die zunehmende SmartphoneVerbreitung und die fast schon unheimlichen Wachstumsraten des Google-Systems – aktuell geht man von mehr als 2,3 Milliarden aktiven Androiden weltweit aus – führen zu einer immer stärkeren Fragmentierung. Viele Smartphones mit uralten AndroidVersionen stellen ein Sicherheitsrisiko dar, hinzu kommen zahllose Billigmodelle mit einer viel zu schwachen Hardware-Basis. Die Offenheit der Plattform ist einerseits ein Garant für den Erfolg, auf der anderen Seite kann Google Android nur schwer kontrollieren. Doch ein gewisses Maß an Kontrolle ist unabdingbar: Welchen Eindruck hat ein Android-Einsteiger von Google-Diensten, wenn das Smartphone mit Schadsoftware infiziert ist, ständig ruckelt oder abstürzt? Der Internetriese aus Mountain View hat daher ein vitales Interesse an einer gut auf die Software abgestimmten Hardware und an Smartphone-Updates, die die Software auf den Geräten beständig verbessern.
Für die nächsten fünf Milliarden
Nun werden zwei Initiativen in den Vordergrund geschoben, die es zwar schon länger gibt, die aber erst 2018 so richtig Fahrt aufnehmen. Das Android-One-Programm hat Google bereits 2014 vorgestellt, damals noch mit Fokus auf Einsteigermodelle in aufstrebenden Märkten wie Indien. Viele Smartphone-Hersteller, die Android One damals unterstützten, sind hierzulande völlig unbekannt, etwa Micromax, Spice und Karbonn in Indien sowie Mito oder Nexian in Indonesien.
Erst später wurden auch etablierte Firmen in den entwickelten Märkten auf Android One aufmerksam, eine wichtige Rolle spielte der japanische Netzgigant Softbank mit dem Sharp 507SH. HTC folgte Ende 2017 mit dem U11 Life, den endgültigen Durchbruch in Europa brachte Anfang 2018 die Ankündigung von HMD, bei seinen Nokia-Smartphones künftig ausschließlich auf Android One zu setzen.
Android One als Update-Garantie
Google wollte mit Android One ursprünglich einen Mindeststandard für Einsteiger-Smartphones etablieren, um sicherzustellen, dass die eigenen Dienste trotz Billig-Hardware eine positive Nutzererfahrung bieten. Mit der wachsenden Fragmentierung, der zunehmenden Relevanz von Sicherheitsupdates und dem aufkommenden Interesse von Herstellern in entwickelten Märkten verschob sich diese Zielsetzung allerdings. Heute spricht Google von „Android in seiner reinsten Form“und der „besten Android-Version“. Android One markiert also nicht mehr das Minimum, sondern das Optimum. Dazu passt auch die Tatsache, dass sich ein Hersteller bei Google für das Programm bewerben muss. Nur die Unternehmen dürfen mitmachen, denen die Amerikaner zutrauen, die Vorgaben zu erfüllen: – System-Updates über zwei Jahre und monatliche Sicherheitspatches über drei Jahre – eine native Android-Oberfläche mit allen Google-Diensten vorinstalliert – ein System, das schnell und ruckelfrei reagiert
Android One ist also eine Art Zertifikat, dessen Güteklasse von Google überwacht wird. Hier kann sich der Kunde darauf verlassen, einen Software-Support zu bekommen, der vergleichbar ist mit Apples iOS. Die damit einhergehende Software-Standardisierung führt allerdings dazu, dass die Systemoberfläche auf einem 200-Euro-Smartphone genauso aussieht wie auf einem teuren High-EndModell. Dem Hersteller und auch dem Käufer fehlen Differenzierungsmöglichkeiten, weshalb Android One vor allem für Einsteiger und Mittelklasse-Phones gedacht ist. Das kann sich allerdings schnell ändern. Sollte die Software-Initiative in diesem Jahr in Europa gut ankommen, könnte sie sich auch in der Oberklasse breitmachen. Momentan ist das Nokia 8 Sirocco das einzige High-EndPhone mit Android One.
Mindeststandard für Einsteiger
Die ursprüngliche Rolle von Android One hat unterdessen Android Go übernommen – eine stabile Performance auch bei schwacher Hardware zu garantieren. Google hat die speicheroptimierte Variante Mitte 2017 angekündigt und die Arbeit daran zum Jahresende abgeschlossen. Android Oreo (Go Edition) – so die korrekte Bezeichnung – soll auch dann flüssig laufen, wenn der Arbeitsspeicher nur 512 MB beziehungsweise 1 GB groß ist. Das gesamte System wurde so verschlankt, dass es nur halb so groß ist wie eine normale Android-Version. Die Folge: Auf einem Phone mit einem internen Speicher von 8 GB sind nicht mehr nur 4, sondern 6 GB nutzbar.
Erreicht wird das unter anderem mit der Optimierung der GoogleApps, die allesamt für Go neu geschrieben wurden. Viele Funktionen hat Google in die Cloud ausgelagert. Beispiel Google Maps: Im Prinzip handelt es sich um eine Browser-App, die ein Web-Interface der Kartensoftware öffnet. In der Praxis gewöhnt man sich schnell daran, zumal die Funktionalität kaum eingeschränkt ist.
Billig, aber sicher
Wir haben Android Go auf dem Nokia 1 getestet und waren positiv überrascht: Die grobe Darstellung auf dem 4,5-Zoll-Display ist zwar wenig ansprechend, aber das System war auf dem allerneuesten Stand (Patch-Level: Mai 2018) und reagierte trotz leistungsschwachem Mediatek-SoC mit einer akzeptablen Geschwindigkeit. Ein Smartphone für 100 Euro, das tatsächlich benutzbar ist und kein Sicherheitsrisiko darstellt – das ist neu und bemerkenswert. Da das Billiggerät mangels Ausstattung in unserem Testverfahren naturgemäß schlecht abschneidet, läuft es hier außer Konkurrenz. Doch dass die beiden Software-Initiativen eine enorme Bereicherung für das Android-Ökosystem darstellen, steht außer Frage. Wer bei der Kaufentscheidung auf das entsprechende Logo achtet, macht nichts verkehrt.