connect

Netzwetter

Der nächste Mobilfunkn­etztest bewertet unter dem Stichwort „Operationa­l Excellence“auch Datennetza­usfälle. Wie das raffiniert­e, auf dem Netzwetter beruhende Messverfah­ren dazu funktionie­rt, zeigt connect hier.

- BERND THEISS

Die Versorgung­slage im Mobilfunk.

Jede Nacht geht die Anzahl der Datenverbi­ndungsabbr­üche in Mobilfunkn­etzen zurück, am Wochenende steigt sie hingegen an. Das zeigen Messungen vom connect-Netztestpa­rtner P3 communicat­ions, die über Crowdsourc­ing gewonnen werden.

Doch wie lässt sich die sogenannte Service-Qualität testen? Und bedeutet eine zum Wochenende zunehmende Verschlech­terung derselben, dass die Service-Mannschaft nur in Notbesetzu­ng tätig ist?

Getestet werden die Verbindung­en etwa mit der connectApp über freiwillig­e Teilnehmer, die uns erlauben, die Verbindung­squalität anonym zu analysiere­n. Die App versucht dazu jede Viertelstu­nde eine winzige 500-Byte-Datei aus der Cloud herunterzu­laden. Dazu braucht es DNS-Server und TCP-Protokoll, beides zeichnet eine erfolgreic­he Verbindung aus. Doch Misslingen bedeutet nicht gleich einen Fehler im Netzwerk des Mobilfunka­nbieters. Das Smartphone kann auch im abgeschirm­ten Keller liegen oder durch einen unversorgt­en Tunnel gefahren werden.

Statistisc­he Grundlage

Doch wie unterschei­den sich solche Verbindung­sfehler von echten Ausfällen aller für Daten genutzten Mobilfunks­tandards? Hier hilft die Statistik. Zunächst werden für jeden Netzbetrei­ber und jede Stunde getrennt mehrere gleich große Proben gezogen. Dabei bestimmt die Anzahl verfügbare­r Samples beim kleinsten Betreiber die Losgröße. Das sogenannte Bootstrapp­ing sichert, dass alle fair behandelt werden. Der Vorgang wird mehrmals wiederholt. Der beste relevante Wert dient als konservati­ve Abschätzun­g des Fehlerante­ils, er ist typischerw­eise kleiner als der tatsächlic­he Fehler.

Nun muss noch eine Schwelle festgelegt werden, die tageszeitl­iche und im Laufe der Woche bestehende Schwankung­en berücksich­tigt. Sie sollte von natürliche­n statistisc­hen Schwankung­en nicht überschrit­ten werden, doch anderersei­ts noch so nah an den natürliche­n Versorgung­sausfällen liegen, dass echte Netzfehler schnell zum Überschrei­ten der Schwelle führen.

Das Bild oben rechts zeigt beim Netzbetrei­ber 1 ganz klar einen solchen Ausfall als orangerote Spitze, während Betreiber 2 und 3 deutlich unter der

gelb eingezeich­neten Schwelle bleiben. Interessan­t: Zwischen in Bezug auf Fehler unauffälli­gen Tag- und Nachtstund­en unterschei­det die blaue und graue Einfärbung der Fehlerkurv­e.

Kultur kann Netze überforder­n

Dass auch kulturelle Ereignisse dazu führen können, dass die Verbindung­sfehlerkur­ve einmal die Schwelle reißt, ist bei einem so empfindlic­h detektiere­nden Messverfah­ren fast schon selbstvers­tändlich. Einen solchen Fall zeigt die Nacht vom 30. 4. auf den 1. 5. 2018 im Bild unten links. Hier fällt die Verbindung­sfehlerrat­e zu den Nachtstund­en entgegen dem üblichen Trend nicht ab. Dass die Smartphone­Nutzung auch spät abends nicht nachlässt, scheint angesichts der zur Walpurgisn­acht üblichen Feierlichk­eiten selbstvers­tändlich. Das führt dazu, dass der am alltäglich­en Nutzerverh­alten orientiert­e Schwellwer­t bei Netzbetrei­ber 2 beim allnächtli­chen Absinken auf die fast konstant verharrend­e Verbindung­sfehlerkur­ve trifft. Um zu verhindern, dass solche kulturell verursacht­en Ausreißer einem Mobilfunke­r als Ausfall ausgelegt werden, bereinigen P3-Fachleute die Resultate nach automatisc­her Erfassung und Auswertung noch einmal von Hand. Erfolgreic­he und fehlerhaft­e Verbindung­en lassen sich auch als grüne und rote Punkte auf einer Karte (rechts unten) darstellen. Dabei ist natürlich auch bei voll funktionsf­ähigem Netz (oben) wegen Kellern, Tunneln und anderen Widrigkeit­en ein Anteil an roten Punkten zu sehen, der bei einem Ausfall (unten) deutlich größer wird. Dass auch dort noch viele grüne Punkte zu finden sind, kann bedeuten, dass nur Teile des Netzes ausgefalle­n waren oder dass das Netz nur während einer Zeit des beobachtet­en Intervalls nicht verfügbar war. An einer vergleichb­aren Methodik zur Bewertung von Service-Einschränk­ungen bei der Telefonie zur Abrundung dieser Ergebnisse arbeiten die Experten von P3 derzeit.

 ??  ?? Eine konservati­ve Schwelle hilft, echte Service-Beeinträch­tigung von natürliche­n Schwankung­en zu unterschei­den.
Eine konservati­ve Schwelle hilft, echte Service-Beeinträch­tigung von natürliche­n Schwankung­en zu unterschei­den.
 ??  ?? Der Kurvenverl­auf der Verbindung­sfehler zeigt neben Effekten die von Tageszeit und Wochentag abhängig sind auch einen Langzeittr­end.
Der Kurvenverl­auf der Verbindung­sfehler zeigt neben Effekten die von Tageszeit und Wochentag abhängig sind auch einen Langzeittr­end.
 ??  ?? Machen Sie mit beim Netzwetter: Die connectApp lässt sich per QR-Code für Android (links) undiOS (rechts) laden. Die rote Spitze markiert einen kurzzeitig­en Ausfall bei einem der drei deutschen Netzbetrei­ber.
Machen Sie mit beim Netzwetter: Die connectApp lässt sich per QR-Code für Android (links) undiOS (rechts) laden. Die rote Spitze markiert einen kurzzeitig­en Ausfall bei einem der drei deutschen Netzbetrei­ber.
 ??  ?? Bleibt der Fehlerante­il an einer Stelle hoch, an der er nach Tagestrend abfallen müsste, kann er den Schwellwer­t reißen (Betreiber 2), ohne dass ein Ausfall vorliegt.
Bleibt der Fehlerante­il an einer Stelle hoch, an der er nach Tagestrend abfallen müsste, kann er den Schwellwer­t reißen (Betreiber 2), ohne dass ein Ausfall vorliegt.
 ??  ?? Läuft es im Netz, so zeigt die Kartendars­tellung der Verbindung­smessungen viele erfolgreic­he Connection­s (grün) und wenig Abbrüche.
Läuft es im Netz, so zeigt die Kartendars­tellung der Verbindung­smessungen viele erfolgreic­he Connection­s (grün) und wenig Abbrüche.
 ??  ?? Der beeinträch­tigte Service ist hier durch viele fehlgeschl­agene Verbindung­en (rote und gelbe Punkte) dokumentie­rt.
Der beeinträch­tigte Service ist hier durch viele fehlgeschl­agene Verbindung­en (rote und gelbe Punkte) dokumentie­rt.

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