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Smartphone-Trends 2019

Das Smartphone-Jahr 2019 wird nicht einfach bestehende Entwicklun­gen fortschrei­ben. Es werden die Weichen für eine Zukunft gestellt, wie wir sie nur aus Science-Fiction-Filmen kennen.

- ANDREAS SEEGER

Das faltbare Display wird endlich Realität, Festkörper­akkus revolution­ieren die Energiever­sorgung und 5G den ganzen Markt – lesen Sie, was 2019 wichtig wird.

Um unsere Dekade zu beschreibe­n, zieht Toby Walsh gerne den Vergleich mit den Anfängen der industriel­len Revolution. Der Australier ist einer der führenden Experten für künstliche Intelligen­z und prophezeit für unsere Gesellscha­ft in den kommenden Jahren ähnlich dramatisch­e Veränderun­gen wie beim Sprung vom Agrar- ins Industriez­eitalter. Dabei blickt er optimistis­ch in die Zukunft. Seine Prognose: KI wird genauso viele Arbeitsplä­tze schaffen wie vernichten – auch die industriel­le Revolution habe den Menschen über mehrere Generation­en hinweg mehr Wohlstand gebracht. Man muss diesen positiven Glauben an Technologi­e nicht teilen, aber auch Skeptiker werden anerkennen, dass wir vor einer Zeitenwend­e stehen.

Neue Infrastruk­tur für das Netz

Künstliche Intelligen­z ist dabei nur ein Baustein der Entwicklun­g, wenn auch ein zentraler. Intelligen­te Software ist jetzt schon in vielen Lebensbere­ichen präsent, von der simplen Goog- le-Suche bis hin zur Optimierun­g der Verarbeitu­ngsprozess­e in der Industrie. Mindestens genauso wichtig ist aber die Netzwerk-Infrastruk­tur. Denn erst, wenn sich die Daten, die von einer Vielzahl neuer Sensoren gesammelt werden, ohne großen Aufwand und in Echtzeit in der Cloud auswerten lassen, kann KI seinen Effizienzv­orteil ausspielen. Der autonome Traktor, der den Acker zentimeter­genau und mit einem auf jede Bodenwelle angepasste­n Düngergemi­sch bewirtscha­ftet, fährt nur, wenn das Netz stabil ist. 5G ist hier das Schlagwort, das 2019 in aller Munde sein wird. Der neue Netzstanda­rd ist in vielerlei Hinsicht revolution­är, für Arndt Polifke von der GfK (Interview auf Seite 16) und andere Experten ist er die Basis für Technologi­en, die wir uns heute nur im Ansatz vorstellen können.

Im Hinblick auf die rasant fortschrei­tende Digitalisi­erung ist absehbar, dass das Smartpho-

ne in den nächsten Jahren noch wichtiger wird. Das Smart Home braucht eine Steuerzent­rale, das Car Sharing ein Interface, um ein Auto zu finden und abzurechne­n. Bezahlen werden wir auch in Deutschlan­d zunehmend mit dem Smartphone – der gerade gestartete Dienst Apple Pay zeigt exemplaris­ch die Vorteile. Denn über das iPhone wechseln nicht nur Geldbeträg­e den Besitzer. Auch Tickets für den FC Bayern, die man mit Apple Pay bezahlt, landen direkt in der Wallet. Andere werden folgen.

Das Zentrum der Vernetzung

Die wachsende Bedeutung des Smartphone­s spiegelt sich auch im Kaufverhal­ten wieder: Immer mehr Menschen greifen zu High-End-Modellen, sind also bereit, mehr Geld auszugeben. Für die Hersteller heißt das, dass sie ihre Technologi­en mit noch höherem Tempo weiterentw­ickeln müssen. „Innovation­en sind gefragter denn je und werden zudem durch die gesunde Wettbewerb­ssituation innerhalb des Smartphone-Markts begünstigt. Der Profiteur dieser Situation ist der Verbrauche­r“, erklärt Mario Winter, der bei Samsung Mobile Deutschlan­d das Marketing verantwort­et. Für ihn ist das Smartphone die „Universalf­ernbedienu­ng des digitalen Lebens“, das seine Bedeutung vor allem in Verbindung mit anderen vernetzten Geräten ausspielt. Für die Zukunft sieht er sein Unternehme­n gut aufgestell­t und verweist auf die breite Produktpal­ette: „Bis 2020 werden Geräte von Samsung nicht nur IoT-

fähig, sondern auch mit KI ausgestatt­et sein. So wird Bixby zur Informatio­nsplattfor­m für Smartphone­s, Smart TVs, Beleuchtun­g, Staubsaube­r, Kühlschrän­ke und Lautsprech­er im Smart Home.“

Bewegung nach zehn Jahren

Aber auch das Smartphone selbst wird sich weiterentw­ickeln, hier könnte das Jahr 2019 sogar einen Wendepunkt markieren. Denn mit dem faltbaren Smartphone (siehe Kästen Seite 12/13) hält endlich ein neuer Formfaktor Einzug in eine Branche, in der in Sachen Design seit zehn Jahren nicht viel passiert ist. Das wird sich auch auf die Software und Funktional­ität einzelner Komponente­n auswirken – die Unterteilu­ng zwischen Front- und Hauptkamer­a etwa fällt weg. Falt-Phones werden 2019 zwar noch ein teures Nischenpro­dukt sein. Der bereits angesproch­ene Innovation­sdruck dürfte aber dafür sorgen, dass sie relativ schnell zum Massenprod­ukt avancieren.

Parallel dazu entwickeln sich die aktuellen Displays weiter: Die „Notch“, die markante Einkerbung auf einer Frontseite, die ansonsten fast vollständi­g vom Display bedeckt ist, wird bis hinunter in den Einsteiger­bereich wandern. Gleichzeit­ig werden wir in der Oberklasse Smartphone­s sehen, die vorne nur noch aus Display bestehen. Für die Frontkamer­a und die Sensorik ist ein Loch in den oberen Bereich des Displays gestanzt. Die ersten „gelochten“Phones wurden bereits vorgestell­t. >>

Computer Vision und Interface

Bei den Kameras wird es ähnlich dynamisch weitergehe­n wie bei den Displays. Der Trend zu mehreren Optiken ist ungebroche­n. Hinzu kommt, dass die Kamera eng mit einem weiteren wichtigen Trendthema verknüpft ist: Maschinell­es Sehen (Computer Vision) ermöglicht es, dass das Smartphone mittels moderner KI-Algorithme­n und KI-Hardware Objekte selbststän­dig erkennt, segmentier­t und vermisst. Mit der Smartphone-Kamera ein Kleidungss­tück anzuvisier­en und im nächsten Schritt im Onlineshop zu bestellen, gehört noch zu den banaleren Anwendungs­szenarien. Für Richard Yu, den Chef der Smartphone-Sparte von Huawei, wird damit auch das Interface, die Kommunikat­ion zwischen Mensch und Maschine, grundlegen­d verändert: Das Phone erkennt die Stimmungen des Besitzers und kann darauf eingehen. Das wird aber noch ein paar Jahre dauern. 2019 werden wir zunächst präzisere Übersetzun­gs- und Erkennungs­dienste sehen, genauso wie neue kreative Möglichkei­ten bei Fotos und Videos. Auch Augmented Reality wird durch Computer Vision einen Sprung erleben.

Das Smartphone ist also längst nicht zu Ende entwickelt, vielmehr drängt es mit einer neuen Dynamik nach vorne. Was faltund rollbare Displays in Kombinatio­n mit 5G und kreditkart­endünnen Festkörper­akkus (siehe Seite 15) schon bald ermögliche­n, das macht Science Fiction zur Realität.

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