Huawei P30 und P30 Plus
Mit den 2019er-Spitzenmodellen P30 und P30 Pro setzt Huawei Standards bei der SmartphoneFotografie. Mit seinem optischen Fünfach-Zoom stellt das Pro einen Rekord auf und ist die erste Wahl für alle Fotoliebhaber.
Huawei schwimmt auf einer Welle des Erfolges. Im letzten Jahr konnte man über 200 Millionen Smartphones verkaufen, davon allein 16 Millionen P20 und P20 Pro. Das entspricht einem Wachstum von mehr als 20 Prozent, was im SmartphoneMarkt eine Hausnummer ist. Die P-Serie bildet das Rückgrat des Portfolios, weil sie zum einen im margenstarken Hochpreissegment angesiedelt ist, zum anderen als technologisches Aushängeschild den Markenkern unterstreicht. Eine zentrale Rolle spielt die Fotografie. Selbst Profi-Fotografen zollen den von Huawei und Leica entwickelten Kamerasystemen Respekt, auch weil die Phones schon früh das RAW-Format unterstützt haben. Die 2019er-Spitzenmodelle P30 und P30 Pro stellen wieder die Kamera in den Vordergrund – und ziehen wieder an der Konkurrenz vorbei.
Die Kameras brauchen Platz
Das herausragende Kamerasystem hat allerdings einen Nachteil: Bei beiden Phones steht die Optik fast zwei Millimeter aus dem Gehäuse. Und weil Huawei sie nicht mittig auf der Rückseite positioniert (wie beim Mate 20), sondern in einem Streifen rechts, kippeln die Phones, wenn sie auf dem Tisch liegen. Bei Samsungs S10-Modellen harmoniert die Triple-Optik besser mit dem Gehäuse.
Bei Huawei schafft nur eine Schutzhülle Abhilfe. Die gehört allerdings nicht zum Lieferumfang. Bei der neuen P-Serie liegen nur wenige Zugaben im Karton: einfache Ohrstöpsel, Netzteil und USB-Kabel. Dem P30 Pro, das im Gegensatz zum P30 keine Klinkenbuchse hat, fehlt sogar ein USB-C-auf-KlinkeAdapter. Positiv: Beim P30 ist auf dem Display bereits ab Werk eine Schutzfolie aufgeklebt. Das Phone wird in Deutschland mit 128 GB für 749 Euro verkauft und bewegt sich damit auf einer Höhe mit dem Galaxy S10e. Das P30 Pro kostet 999 Euro mit 128 GB, für die uns vorliegende 256-GB-Variante muss man 1099 Euro berappen. Beide sind mit einem hybriden Steckplatz ausgestattet, der entweder eine zweite SIM-Karte oder eine Speicherkarte schluckt; allerdings keine MicroSD, sondern Huaweis proprietäre Nano Memory Card.
Die rechtsseitige Anordnung der Optik übernehmen die P30-Modelle von den Vorgängern, auch das übrige Design mit Glasrückseite und eloxiertem Aluminiumrahmen orientiert sich daran. Haptik und Verarbeitung sind einmal mehr exzellent. Beim Rahmen haben die Designer ganze Arbeit geleistet: Er ist an den langen Seiten ergonomisch gerundet. Die kurzen Seiten oben und unten wurden dagegen so plan geschliffen, dass man das Gerät senkrecht aufstellen kann. Im direkten Vergleich wirkt das Pro mit dem gerundeten Display moderner als das P30. Das ist im Gegenzug für einen 6,1-Zöller erfreulich kompakt, weil das Display überall an den Rand reicht. Huawei verzichtet beim P30 auf eine IP68-Zertifizierung, was wir für einen Fehler halten. In dieser Preisklasse kann der Kunde erwarten, dass sein Phone auch einen kurzen Tauchgang übersteht. Das P30 Pro ist entsprechend gerüstet.
Sensor im Display
Im Gegensatz zu Samsung und anderen bleibt Huawei der Notch treu, es gibt also eine Einkerbung am oberen Rand für die Frontkamera. Die ist allerdings tropfenförmig und so klein, dass wir gegenüber den direkt ins Display gestanzten Frontkameras (S10 oder Honor View 20) keine Nachteile erkennen können. Auch beim Wettlauf um die höchste Auflösung machen die Chinesen nicht mit. Beide Panels bieten mit 2340 x 1080 „nur“eine Full-HD-Auflösung im gestreckten 19,5:9-Format, während Samsung und LG in ihrer Oberklasse standardmäßig auf Quad HD setzen. Dabei ist der Unterschied zu
Full HD mit dem Auge nicht zu er kennen. Die von uns gemessene Dar stellungsqualität ist exzellent, beson ders beim Pro, wie auf der Folgesei te zu sehen. Unter dem Display wer kelt Huaweis TopProzessor Kirin 980, der mit seinem neuronalen Re chenkern für maschinelles Lernen zu den modernsten seiner Klasse ge hört. Er wird von 8 GB RAM (P30: 6 GB) flankiert – bei der Performan ce macht den beiden keiner was vor.
Der Fingerabdrucksensor ist di rekt im Display integriert, was Platz spart und eine geschlossenere Bau form erlaubt. Hier unterscheidet man zwei Technologien: Eine opti sche Abtastung der Haut per Licht sensor und eine per Ultraschall, bei der ein hochfrequenter Schallimpuls in Richtung Finger gesendet wird. Die Abtastung per Ultraschall gilt als sicherer, weil ein dreidimensio nales Abbild der Fingerkuppe er stellt wird. Sie funktioniert zudem auch mit nassen Händen. Samsung baut solche Sensoren im Galaxy S10 ein, während Huawei auf eine opti sche Abtastung setzt. Im Alltag ist ein S10 einen Tick schneller start klar als ein P30. Alternativ kann man die Phones auch per Gesicht entsper ren. Die Methode ist auf dem P30 (Pro) aber nicht so sicher wie auf Apples iPhones und Huaweis Mate 20 Pro, weil die Erkennung nur zweidimensional per Kamerasensor erfolgt. Aus diesem Grunde arbeitet sie auch nicht so zuverlässig wie auf dem Mate 20 Pro. Wer auf Sicherheit großen Wert legt, lässt den „Face Scan“deaktiviert. Für alle anderen ist die Kombination aus Gesicht und Fingerabdruck sehr bequem.
Nicht überall höchstes Niveau
Für Audiophile ist die PSerie mit MonoLautsprecher und vergleichs weise niedriger Ausgangsspannung für kabelgebundene Kopfhörer auch weiterhin nicht erste Wahl. Beim P30 Pro verzichtet Huawei zudem auf einen klassischen Telefonie Lautsprecher und versetzt stattdes
sen das Displayglas in Schwingung. Dabei funktioniert die Schallübertragung am besten, wenn direkter Kontakt zwischen Ohr und Displayglas besteht – das nennt sich Körperschallübertragung. Dass das keine gute Idee war, zeigen unsere Messungen, die eine relativ niedrige Lautstärke beim Telefonieren offenbaren. Das P30 präsentiert sich dagegen so, wie man es von Huawei kennt, vor allem die Unterdrückung von Nebengeräuschen überzeugt. Auch bei den Funkeigenschaften erlauben sich die Chinesen keinen Patzer. Die Akkulaufzeit ist mit 10:13 (P30) respektive 10:04 Stunden (P30 Pro) so gut, dass man auch einen langen Tag meistert. Beim P30 Pro liegt ein 40-Watt-Schnellladenetzteil bei, dass den Akku binnen 30 Minuten zu 70 Prozent füllt. P30-Nutzer müssen sich mit einem 22-Watt-Netzteil zufriedengeben, was aber wahrlich kein Beinbruch ist. Mehr bedauern wir den Verzicht auf den Drahtlos-Ladestandard Qi, der dem Pro vorbehalten bleibt. Der sehr gute Gesamteindruck wird dadurch aber nicht nachhaltig getrübt.