Kamera-Smartphone der Superlative
Das neue High-End-Flaggschiff von Nokia protzt mit einem Ensemble aus fünf Optiken auf der Rückseite. Das technische Know-how stammt von Zeiss und dem innovativen Start-up Light. Wie gut ist die Kamera?
Nokia (HMD) hat in den letzten zwei Jahren einen strammen Durchmarsch hingelegt. Bei Feature Phones ist man weltweit Nummer 1, bei Smartphones in Europa unter den Top 5. Doch der Erfolg beruht vor allem auf Einsteiger- und Mittelklassegeräten, wo es zunehmend schwerer wird, Marktanteile auszubauen. Und die hohen Margen warten ohnehin im High-End-Segment. Hier geht HMD nun mit dem Nokia 9 Pureview für vergleichsweise günstige 649 Euro in die Offensive. Das läuft wie gewohnt mit Android One, was schnelle Updates garantiert, aber überall gleich aussieht.
Das „Revolver-Phone“
Einzigartig ist die Rückseite mit fünf Kamera-Optiken, einem DualLED-Blitzlicht und einem dualen Farbsensor, die wie eine Revolvertrommel angeordnet sind. Das Kamerasystem besteht aus drei Monochromund zwei Farbsensoren, allesamt mit 12 Megapixeln und Smartphone-typischer WeitwinkelBrennweite. Knipst man ein Foto, sind immer alle Sensoren aktiv, per Software wird dann das Bild zusammengerechnet. Dieses Konzept verspricht einen für Smartphones bisher beispiellosen Dynamikumfang mit feinen Details auch in schattigen und hellen Bereichen des Bildes – Nokia zeigte bei der Präsentation natürlich entsprechend beeindruckende Beispiele. Die nötigen komplexen Algorithmen stammen von der Firma Light, die mit der L16 für 2000 Euro bereits eine zukunftsweisende Kompaktkamera mit 16 Optiken entwickelt hat.
Mit dem Nokia 9 geknipste Fotos sind immer 12 Megapixel groß, eine höhere Auflösung ist nicht vorgesehen. Die vielen von den fünf Sensoren gesammelten Bildinformationen werden stattdessen genutzt, um eine detaillierte Tiefenkarte des Raumes zu erstellen. Auf Fotos ist es möglich, nachträglich den Fokuspunkt zu verschieben. Das können fast alle Hersteller, Stichwort Bokeh, aber die Technologie von Light erfasst deutlich mehr Ebenen: Während man bei Huawei oder Samsung entweder die Blumenvase im Vordergrund oder die Wand im Hintergrund fokussieren kann, lassen sich beim Pureview auch die Objekte zwischen Wand und Vase anvisieren: Stuhl, Tisch, etc. Wie uns Nokia erklärte, wird der Raum im Abstand zwischen 7 Zentimetern und 40 Metern zum Objektiv in mehrere Hundert Ebenen unterteilt.
Design und technische Daten
Auch abseits der Kamera enttäuscht das Pureview nicht. Es liegt mit 172 Gramm und 8-Millimeter-Gehäuse exzellent in der Hand. Der Alurahmen besteht aus einer extraharten 7000er-Legierung, in die Rückseite aus Gorilla-Glas 5 sind die Optiken plan integriert. Das OLED-Display misst 6 Zoll und löst mit 2560 x 1440 Pixeln scharf auf. Oben und unten bleiben Ränder, unter anderem für eine hochauflösende Frontkamera (20 Megapixel). Den Takt gibt ein Snapdragon 845 mit 6 GB RAM vor. Man kann kritisieren, dass Nokia nicht randlos baut und auf die neueste Qualcomm-Generation 855 verzichtet. Doch sonst bewegt sich die Ausstattung mit dem ins Display eingelassenen Fingerprintsensor und drahtlosem Laden (Qi) auf der Höhe der Zeit. Wenn die Fotoqualität stimmt, kann das Nokia 9 ein Erfolg werden. (as)