One-plus NORD
Geht beim Oneplus-Comeback in der gehobenen SmartphoneMittelklasse so viel, dass sich selbst erfolgsverwöhnte Topmodelle warm anziehen müssen?
Zumindest umgangssprachlich (Geografie-Experten mögen es uns nachsehen) führt der Weg Richtung Norden nach oben. Klar, dass dieser Mittelklassevertreter genau dahin möchte. Um es vorwegzunehmen: Das Nord hat diesen Aufstieg mit Bravour gemeistert. Unverzeihliche Schwächen? Fehlanzeige. Sicher gibt es auch hier Punkte, die noch wünschenswert wären. Zu nennen sind hier ein IP-Zertifikat, das dem glatten, dennoch gut in der Hand liegenden, von einem Kunststoffrahmen umfassten Gehäuse erhöhte Resistenz gegen Wasser, Schmutz und Staub attestiert, oder die Möglichkeit, den Akku drahtlos zu laden. Dazu verzichtet Oneplus auf „altbewährte“Features wie eine Klinkenbuchse für Kabel-Kopfhörer oder einen Steckplatz für eine Speichererweiterung. Doch diesem Trend folgen immer mehr Modelle – ohne allerdings zu Einstandspreisen ab 399 Euro in der 8 GB/128-GB-Version derzeit ein vergleichbares Gesamtpaket aufzufahren. Mangels microSD-Kartenslot empfiehlt sich die 100 Euro teurere, auf 12 GByte Arbeitsspeicher und 256 GB-Flashspeicher aufgebohrte Variante. Davon standen in unserem Testmodell rund 232 GB zur freien Verfügung.
Sommertaugliches 90-Hz-OLED
In dem beidseitig mit Gorilla Glass eingefassten, tadellos verarbeiteten Äußeren steckt eine eben ins Gehäuse eingebettete 6,4-Zoll-OLEDAnzeige. Das mit einer Schutzfolie beklebte Display löst mit 409 ppi fein auf und ist selbst draußen gut ablesbar. Für einen geschmeidigen
Flow beim Scrollen auf Webseiten oder der OxygenOS-10-Benutzeroberfläche sorgt die erhöhte Bildwiederholrate von 90 Hertz.
Ein Snapdragon 765, hier in der 100 MHz höher getakteten G-Version, hat ebenfalls entscheidenden Anteil daran, dass die Bedienung flott läuft und sich die Apps zügig öffnen. Der bislang meist in kostspieligeren Modellen wie dem Oppo Find X2 Neo oder dem Motorola Edge werkelnde Qualcomm-Systemchip kommt in puncto (Benchmark-) Leistungsvermögen freilich nicht an einen Spitzen-SoC wie den Snapdragon 865 des 8er-Modells heran.
Finessen wie der Oneplus-typische Alarmprofil-Schiebeschalter (AlertSlider), ein präziser Vibrationsmotor für die dezente Rückmeldung bei Touch-Eingaben, ein zuverlässiger, im Bildschirm integrierter Fingerabdrucksensor oder auch das „Inaktivitätsdisplay“, das nach einer Displayberührung unter anderem über neue Nachrichten informiert, erleichtern die Bedienung.
Daumen hoch im Testlab
Die Bewährungsproben in unserem Testlab meisterte das Nord souverän: Der 4115-mAh-Akku hält bei typischer Nutzung überzeugende 10:43 Stunden durch. Das 30 Watt-Netzteil betankt den erschöpften Akku in etwas über einer Stunde.
Die Ergebnisse in den für die Sprachqualität beim Telefonieren relevanten Akustikmessungen waren top. Ebenfalls stark: Die Sende-/ Empfangsleistungen im entscheidenden LTE-Durchgang lagen über denen des Oneplus 8. Das im Systemchip integrierte, im Vergleich zum Oneplus 8 etwas „langsamere“X52Modem unterstützt ebenfalls 5GMobilfunk in allen hierzulande aktuell wichtigen Frequenzbändern. Mit LTE für Download-Transferraten bis 1,2 Gbit/s, Bluetooth 5.1 und NFC fürs mobile Bezahlen via Funk liegt die Connectiviy – abgesehen von der fehlenden WiFi-6-Unterstützung – auf der Höhe der Zeit.
Vielseitige, gute Kamera
Die oben links platzierte, gut ein Millimeter hervorstehende Kameraeinheit enthält vier Optiken: Ein respektables 8-Megapixel (MP)-Ultraweitwinkel, das einen Bildbereich von 119 Grad abdeckt, eine 2-MPMakro-Optik, die gerade noch akzeptable Nahaufnahmen einfängt sowie ein Tiefensensor für Portraitaufnahmen erweitern die fotografischen Möglichkeiten. Das Herzstück bildet der bereits vom Oneplus 8 bekannte, optisch wie elektronisch stabilisierte 48-Megapixel-Sensor vom Typ Sony IMX586.
Damit erreicht das Nord bei Tageslicht die erwartet hohe Bildqualität. Unter schwachen Lichtbedingungen attestiert unser Testlab dem Nord die Note gut. In den meisten Aufnahmesituationen bringt der 12-MegapixelModus mit aktivem Dynamik-Enhancer HDR die besten Resultate. Mangels Teleoptik bleibt hier nur das Digitalzoom, das zumindest bei zweifacher Vergrößerung ebenfalls gute Fotoqualität bietet.
Den Selfie-Stock in Rente schickt Oneplus mit einer ins Display integrierten Dual-Front-Kamera. Die zusätzliche Ultraweitwinkel-Optik ist mit ihrem 105-Grad-Bildausschnitt für Gruppenaufnahmen vorgesehen. Gegenüber dem 8er bietet die Fixfokus-Frontkamera zudem die doppelte Auflösung. Die Bildqualität der Selbstportraits übertraf in den Praxistests mit vielen Details und einer natürlichen Darstellung ebenfalls die Erwartungen. Insgesamt verdient sich das Oneplus Nord eine klare Empfehlung und weist so den Weg nach oben. >>