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Nokia 8.3

Die Werbung inszeniert das Nokia 8.3 5G der finnischen Traditions­marke als ultimative­s Gadget. Wir klären, wie weit Wunsch und Wirklichke­it in einem rauen Marktumfel­d auseinande­rklaffen.

- Joachim Bley

Die Werbung inszeniert das Smartphone der finnischen Traditions­marke als ultimative­s Gadget. Wir klären, wie weit Wunsch und Wirklichke­it auseinande­rliegen.

Die Zeiten sind so hart, dass selbst James Bond mal klein beigeben muss. Da sich der Kinostart des jüngsten Thrillers um den Geheimagen­ten verzögert hat, feierte auch das erste 5G-fähige Nokia-Smartphone, das in „No Time to Die“eine Rolle spielt, seine Premiere erst später. Schon deshalb steht das 8.3er hier vor einer schwierige­n Mission.

Nach Größe und Gewicht zählt der Vertreter der gehobenen Mittelklas­se zu den „schweren Jungs“, der aber Charme hat. Polarlicht­er haben die Designer zur schwarz-petrolblau­en Farbgebung und den changieren­den Lichtrefle­xionen der dezent spiegelnde­n Rückseite inspiriert. Die Umsetzung ist gelungen und verleiht dem finnischen Phone Exklusivit­ät. Das Metall-(Gorilla-) Glasgehäus­e glänzt mit formidable­r Verarbeitu­ngsqualitä­t. Die Übergänge zwischen Displayfro­nt, dem monochrom beschichte­ten Rahmen und der Rückseite sind makellos. Tasten und die Abdeckung des Kartenscha­chts fügen sich perfekt ein. Ein Nachweis, der Wasser- und Staubdicht­heit attestiert, fehlt. Aber sonst ist dieses Smartphone für die Abenteuer des Alltags gewappnet.

Praxisgere­chte LCD-Anzeige mit 60-Hz-Bildwieder­holrate

Die stattliche Größe hat auch ihr Gutes: Man schaut auf ein leuchtstar­kes, vor allem in heller Umgebung kontrastre­iches IPS-Display mit beeindruck­ender 17-cm-Diagonale, praxisgere­chter Auflösung (1080 x 2400 Pixel) und guter Darstellun­gsqualität. Über den Verzicht auf die OLED-Technologi­e lässt sich so leichter hinwegsehe­n. Ein Modus mit höherer Bildwieder­holrate für flüssigere Übergänge beim Scrollen fehlt. Damit bleibt es hier bei den gängigen 60 Hertz.

Die getestete 8GB/128GB-Variante bietet rund 102 GByte frei verfügbare­n Speicherpl­atz. Die preisbezog­enen Erwartunge­n erfüllen auch die übrigen Ingredienz­ien: Der Snapdragon 765G liegt in unseren Benchmarkv­ergleichen zwar klar hinter Qualcomms Spitzenchi­p SDM865. Mobile Games und erst recht die Bedienung laufen dennoch richtig rund. Dass die vorhandene­n Leistungsr­eserven für die meisten Nutzer auch über einen längeren Zeitraum locker ausreichen dürften, liegt auch an dem schlanken, nahezu unbehandel­ten Android, das zum Testzeitpu­nkt noch in der Version 10 implementi­ert war.

Android One dokumentie­rt die enge Partnersch­aft mit Google. Deren Vorgaben verspreche­n die zeitnahe Bereitstel­lung der Sicherheit­supdates für drei Jahre sowie für zwei Systemaktu­alisierung­en. Der Rollout von Android 11 war bereits bis Ende 2020 angekündig­t.

Eine links platzierte Zusatztast­e zeigt ebenfalls die Verbundenh­eit mit Google. Ein Knopfdruck ruft deren Sprachassi­stentin auf den Plan. Wer ohne die freihändig­e Nutzung des Mobiltelef­ons über die Runden kommt, kann diese Funktion in den Systemeins­tellungen auch lahmlegen. Der Bildschirm wird per Gesichtser­kennung über die 24-Megapixel-Frontkamer­a freigegebe­n. Sobald aber eine Schutzmask­e das Gesicht bedeckt, empfiehlt sich die Verwendung des Fingerprin­tsensors, der praktische­rweise im Ein-/Ausschalte­r integriert ist. Letzterer wird häufiger zum Einsatz kommen, da das Display im Standby keine Informatio­nen anzeigt und das Nordlicht ohne Benachrich­tigungs-LED auskommt.

Die verbindung­stechnisch­en Optionen lassen kaum Wünsche offen: Zum vorinstall­ierten FM-Radio passt die ebenfalls vorhandene Kopfhörerb­uchse, die auch das mitgeliefe­rte Stereo-Headset aufnimmt. Via Bluetooth 5.0 können zudem True Wireless-in-Ears „Musik machen“. Bei der Medienwied­ergabe vor Publikum gibt nur ein Monolautsp­recher den Ton an.

Den Datendurch­satz begrenzen im Heimnetzwe­rk WLAN-ac und über den USB-C-Anschluss der ältere Standard 2.0. Umso schneller sind die Daten via Mobilfunk unter

wegs: Nominelle LTE-Downstream­raten bis maximal 1,2 Gbit/s und das im Systemchip integriert­e, vielfältig nutzbare 5G-Modem bescheren dem 8.3er eine starke Connectivi­ty, zu der auch mobiles Bezahlen via NFC zählt. Der Hybrid-Slot erlaubt entweder den Dual-SIM-Betrieb oder die Speicherer­weiterung um bis zu 512 GB.

Passable Vierfachka­mera

Bei der Kameraentw­icklung saß erneut Optikspezi­alist Zeiss im Boot. Hinter der Weitwinkel­linse werkelt ein 64-Megapixel-Sensor, der jeweils vier Bildpunkte bündelt und damit die Lichtausbe­ute steigert. Bei Bedarf speichert das Nokia 8.3 Fotos auch in Maximalauf­lösung sowie im RAW-Format. Den Bildaussch­nitt erweitert eine 16:9-Ultraweitw­inkelkamer­a. Da kein Tele vorhanden ist, holt nur ein verlustbeh­aftetes digitales 10-fach-Zoom Motive näher heran. Aufgrund ihrer mageren 2-Megapixel-Auflösung bietet die Makrokamer­a für anspruchsv­olle Nahaufnahm­en (zu) wenig. Für sehenswert­e Portraits sorgt unter anderem ein Tiefensens­or. Diese vierte Optikeinhe­it erleichter­t die Bokeh-Abgrenzung zwischen dem Motiv und dem unscharfen Hintergrun­d.

In der Praxis liefert die Weitwinkel­optik eine respektabl­e Bildqualit­ät, auch wenn – beispielsw­eise bei bewegten Objekten, in Randbereic­hen und im Hintergrun­d – häufiger mehr Details und Klarheit wünschensw­ert gewesen wären. Gleiches gilt für den ebenfalls vorhandene­n Nachtmodus. In unserem Labortest, dem Quality-Benchmark (QB), erreicht die Hauptkamer­a in heller und dunkler Umgebung die Note „gut“. Vergleichb­are Smartphone­s wie das Xiaomi Mi 10T Pro oder das Motorola Edge haben hier eine Note besser abgeschnit­ten. Im preisbezog­enen QB-Vergleich wiederum landet die Ultraweitw­inkelkamer­a ganz vorne.

Besonderes Augenmerk schenkt Nokia den Videoaufna­hmen, die maximal in 4K-Auflösung mit 30fps erfolgen. Neben den drei Linsensyst­emen steht ein „Action Cam“Programm mit 60 fps und elektronis­cher Bildstabil­isierung zur Wahl. Zwei Mikrofone und die sogenannte Ozo-Audio-Technologi­e liefern in Videoclips authentisc­he und opulente Rundum-Tonaufnahm­en. Weitere Extras wie ein Filter zur Minimierun­g von Windgeräus­chen, die

Dynamikerw­eiterung HDR und ein Kino-Modus vervollstä­ndigen das Videoangeb­ot. Neben dem leinwandge­rechten 21:9-Format bietet das Nokia 8.3, ähnlich wie im ProModus, auch hier zusätzlich­e manuelle Einstellop­tionen. Das H-LogFormat ermöglicht im Kino-Editor Farbkorrek­turen anhand von vorgegeben­en Settings. Wer möchte, kann seinen „Kinostreif­en“auch ZeissEffek­te wie Linsenrefl­exionen (Lens Flares) beimischen. Ungeachtet dieser Extras brachte die Kinovarian­te in der Bildqualit­ät kaum Verbesseru­ngen gegenüber herkömmlic­hen Videos, die ähnlich wie die Fotos ein solides Level erreichten.

Ups und Downs im Testlab

In den Messungen zeigte das Nokia 8.3 5G zwei Gesichter: Luft nach oben gab es bei den Funkeigens­chaften. Angesichts des 3G-Rückbaus fällt in der Praxis die Disziplin UMTS weniger ins Gewicht als die Bewertunge­n im GSM- und noch viel wichtigere­n LTE-Netz. Im 4GDurchgan­g waren vor allem die Sendeleist­ungen bei 800 MHz, über die die Netzbetrei­ber häufig ländliche Regionen versorgen, zu gering. Erfreulich: Die Akustik beim Telefonier­en war gut. Noch besser: die Ausdauer. Eine Akkuladung reicht unter Praxisbedi­ngungen für 10:25 Stunden aus. Das 18-Watt-Netzteil lädt die Batterie in rund 1,5 Stunden fast vollständi­g auf. Wireless Charging wird nicht unterstütz­t.

Am Ende fällt die Punkteausb­eute für ein „ultimative­s Gadget“zu gering aus. Die besten in Größe und Preis vergleichb­aren Smartphone­s wie das Xiaomi Mi 10T Pro bieten in Summe einfach mehr. Das darf aber nicht darüber hinwegtäus­chen, dass das Nokia 8.3 5G die Gesamtnote „gut“locker erreicht und mit wertigem Design, beeindruck­ender Displaygrö­ße, 5G, microSD-Erweiterun­g und Kopfhörerp­ort auch eine Menge Positives auf sich vereinen kann.

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Kinoaffini­tät: Für nachträgli­che Farbanpass­ungen der im H-LogFormat erstellten Videos stehen zehn Settings zur Wahl.
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Aber hallo: Googles Sprachassi­stentin bietet hier ihre Unterstütz­ung auf Knopfdruck an.
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