Revolution an der Ladenkasse
Corona hat dem kontaktlosen Bezahlen einen massiven Schub verliehen. Die Pandemie wird vorbeigehen, der Trend zum Mobile Payment bleibt. Welche Möglichkeiten gibt es dafür?
Corona hat dem kontaktlosen Bezahlen einen massiven Schub verliehen. Die Pandemie wird vorbeigehen, der Trend zum Mobile Payment bleibt. Lesen Sie, welche Möglichkeiten es dafür gibt.
Neben einer Vielzahl an gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Folgen hat die anhaltende Corona-Pandemie noch etwas anderes bewirkt: eine rapide Zunahme des kontaktlosen Bezahlens im stationären Handel. Den Trend weg vom Bargeldeinsatz am Verkaufstresen gab es zwar schon vorher, er hat sich infolge der Covid-19-Krise aber deutlich beschleunigt. Das belegen verschiedene Studien und Umfragen. Ein Grund für die auffällige Verhaltensänderung sind Hygienebedenken in Folge der Pandemie: So findet es die Mehrheit der Befragten einer Forsa-Studie nützlich, dass sie beim kontaktlosen Bezahlen weder mit dem Kassenterminal noch mit Bargeld in Berührung kommen. Als weitere Vorteile digitaler Zahlungsmethoden werden ein besserer Überblick über Geldausgaben, die Unabhängigkeit von Bargeldabhebungen und nicht zuletzt die Zeitersparnis gegenüber der Bargeldzahlung sowie der klassischen Kartenzahlung samt der leidigen Einsteckproblematik und PIN-Eingabe genannt.
Auch wenn bei den meisten kontaktlosen Bezahlvorgängen die klassische Girokarte zum Einsatz kommt, steigt auch die Verwendung von Mobilgeräten rasant an. Dabei war Deutschland in Sachen Mobile Payment eher ein Spätstarter. Die Vorreiter Google und Apple haben sich mit dem Start ihrer Zahlungsdienste hierzulande jedenfalls viel Zeit gelassen. So wurde Google Pay (noch unter dem ursprünglichen Namen Android Pay) in den USA bereits 2015 eingeführt. In Deutschland erfolgte der Marktstart erst Mitte 2018. Apple startete den gleichnamigen Payment-Dienst Pay sogar schon 2014, aber erst vier Jahre später kam er dann zu uns.
Start mit Hindernissen
Der Verbreitung des mobilen Bezahlens standen zunächst verschiedene Hindernisse im Weg. Die technischen Hürden sind inzwischen verschwunden, denn nicht nur die meisten Debit- und Kreditkarten verfügen inzwischen über einen NFC-Chip, der kontaktloses Bezahlen erst ermöglicht, sondern auch praktisch sämtliche Smartphones und eine Vielzahl an Wearables. Die anfängliche Zurückhaltung der Tech-Konzerne lag aber ohnehin eher an der Bargeldverliebtheit der Deutschen, die auch Corona-bedingt peu à peu abnimmt. Hinzu kommt die Dominanz der Girokarte hierzulande, was die Akzeptanz kreditkartenbasierter digitaler Bezahldienste anfangs ebenfalls hemmte – und zwar sowohl auf Kunden- wie auf Händlerseite. Doch das ist inzwischen kein Problem mehr, denn heute braucht niemand mehr zwingend eine (physikalische oder virtuelle) Kreditkarte, um im stationären Handel kontaktlos mit Smartphone oder Smartwatch zu bezahlen. Die Unterschiede zwischen Debit- und Kreditkarte verschwimmen ohnehin immer mehr.
Wobei, ganz so einfach ist es dann doch nicht – zumindest nicht für iPhone- und Apple-Watch-Besitzer.
Denn dadurch, dass Apple die NFCSchnittstelle für Drittanbieter sperrt, führt bei den Geräten des Herstellers kein Weg am hauseigenen Bezahldienst vorbei. Und dieser lässt sich nur nutzen, wenn man Kunde einer der rund 50 mit Apple Pay kooperierenden Banken ist, und auch dann braucht es meist eine Karte von Visa oder Mastercard. Einzige Ausnahme: Bei den Sparkassen lässt sich der Bezahldienst seit letztem September auch mit der Girokarte koppeln – ein Angebot, das offenbar sehr gut ankommt, denn bereits rund 1,5 Millionen Sparkassenkunden haben sich bei dem mobilen Bezahldienst der Kalifornier angemeldet.
Obwohl etwas früher gestartet, tat und tut sich Google offenbar etwas schwerer, Partnerbanken für seinen Bezahldienst zu akquirieren. Rund zwei Dutzend Kreditinstitute unterstützen Google Pay – die Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind jedoch nicht dabei. Allerdings wird bereits seit 2018 PayPal als Zahlungsmittel unterstützt, was Google frühzeitig rund 20 Millionen potenzielle Nutzer bescherte, denn so viele Menschen nutzen den Onlinebezahldienst allein in Deutschland.
Bezahlen aus dem Handgelenk
Wer über ein Android-basiertes Mobilgerät bezahlen möchte, ist aber ohnehin nicht auf Google Pay angewiesen, denn bei der Plattform können auch Drittanbieter die NFCSchnittstelle verwenden. Folgreichtig gibt es hier diverse Alternativen, etwa in Form eigener Bezahl-Apps von Banken und Sparkassen. Seit Herbst 2020 können Einkäufe in Deutschland auch über den Bezahldienst von Samsung bezahlt werden.
Besonders komfortabel ist die Zahlung per Uhr. Anders als Karte und Smartphone muss man dieses Zahlungsmittel am Kassenterminal nicht erst aus der Tasche holen – es genügt ein kurzer Schlenker mit dem Handgelenk. Allerdings gelingt das nicht mit jeder Smartwatch, weil nicht alle Hersteller entsprechende Payment-Dienste unterstützen. „Zahlungsfähig“sind neben der Apple Watch (Apple Pay) und Geräten auf Wear-OS-Basis (Google Pay) unter anderem Garmin und Fitbit. Samsung soll im Lauf des Jahres folgen. Ein Sonderfall ist SwatchPay: Wer mit der Armbanduhr bezahlen möchte, ansonsten aber auf smarte Funktionen komplett verzichten kann, findet mit der Lösung des Schweizer Herstellers eventuell die passende Alternative. Welche Möglichkeiten des mobilen Bezahlens es sonst noch gibt, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.
Bleibt die Frage, ob man die Geldbörse künftig tatsächlich zu Hause lassen kann. Die Antwort darauf ist ein klares Jein. Einerseits ist es immer öfter auch im lokalen Handel wie beim Bäcker um die Ecke möglich, kontaktlos zu bezahlen – in Supermärkten, an Tankstellen und bei den großen Filialisten ist das ohnehin längst gängige Praxis. Komplett darauf verlassen sollte man sich allerdings (noch) nicht, denn nach wie vor gibt es zahlreiche Betriebe – nicht zuletzt in der Gastronomie –, in denen nur Bares zählt. Und nur mit Smartphone oder Uhr bewaffnet kann man nicht einmal schnell zum nächsten Geldautomaten pilgern, um sich die nötigen Scheine zu holen. Das ist übrigens in vielen anderen Ländern, vor allem in Skandinavien, ganz anders: Dort kann es leicht passieren, dass kaufwillige Kunden trotz Bargelds leer ausgehen, weil viele Händler nur noch digitale Zahlungsmittel akzeptieren.