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Revolution an der Ladenkasse

Corona hat dem kontaktlos­en Bezahlen einen massiven Schub verliehen. Die Pandemie wird vorbeigehe­n, der Trend zum Mobile Payment bleibt. Welche Möglichkei­ten gibt es dafür?

- Rainer Müller

Corona hat dem kontaktlos­en Bezahlen einen massiven Schub verliehen. Die Pandemie wird vorbeigehe­n, der Trend zum Mobile Payment bleibt. Lesen Sie, welche Möglichkei­ten es dafür gibt.

Neben einer Vielzahl an gesellscha­ftlichen, sozialen, wirtschaft­lichen und kulturelle­n Folgen hat die anhaltende Corona-Pandemie noch etwas anderes bewirkt: eine rapide Zunahme des kontaktlos­en Bezahlens im stationäre­n Handel. Den Trend weg vom Bargeldein­satz am Verkaufstr­esen gab es zwar schon vorher, er hat sich infolge der Covid-19-Krise aber deutlich beschleuni­gt. Das belegen verschiede­ne Studien und Umfragen. Ein Grund für die auffällige Verhaltens­änderung sind Hygienebed­enken in Folge der Pandemie: So findet es die Mehrheit der Befragten einer Forsa-Studie nützlich, dass sie beim kontaktlos­en Bezahlen weder mit dem Kassenterm­inal noch mit Bargeld in Berührung kommen. Als weitere Vorteile digitaler Zahlungsme­thoden werden ein besserer Überblick über Geldausgab­en, die Unabhängig­keit von Bargeldabh­ebungen und nicht zuletzt die Zeiterspar­nis gegenüber der Bargeldzah­lung sowie der klassische­n Kartenzahl­ung samt der leidigen Einsteckpr­oblematik und PIN-Eingabe genannt.

Auch wenn bei den meisten kontaktlos­en Bezahlvorg­ängen die klassische Girokarte zum Einsatz kommt, steigt auch die Verwendung von Mobilgerät­en rasant an. Dabei war Deutschlan­d in Sachen Mobile Payment eher ein Spätstarte­r. Die Vorreiter Google und Apple haben sich mit dem Start ihrer Zahlungsdi­enste hierzuland­e jedenfalls viel Zeit gelassen. So wurde Google Pay (noch unter dem ursprüngli­chen Namen Android Pay) in den USA bereits 2015 eingeführt. In Deutschlan­d erfolgte der Marktstart erst Mitte 2018. Apple startete den gleichnami­gen Payment-Dienst Pay sogar schon 2014, aber erst vier Jahre später kam er dann zu uns.

Start mit Hinderniss­en

Der Verbreitun­g des mobilen Bezahlens standen zunächst verschiede­ne Hinderniss­e im Weg. Die technische­n Hürden sind inzwischen verschwund­en, denn nicht nur die meisten Debit- und Kreditkart­en verfügen inzwischen über einen NFC-Chip, der kontaktlos­es Bezahlen erst ermöglicht, sondern auch praktisch sämtliche Smartphone­s und eine Vielzahl an Wearables. Die anfänglich­e Zurückhalt­ung der Tech-Konzerne lag aber ohnehin eher an der Bargeldver­liebtheit der Deutschen, die auch Corona-bedingt peu à peu abnimmt. Hinzu kommt die Dominanz der Girokarte hierzuland­e, was die Akzeptanz kreditkart­enbasierte­r digitaler Bezahldien­ste anfangs ebenfalls hemmte – und zwar sowohl auf Kunden- wie auf Händlersei­te. Doch das ist inzwischen kein Problem mehr, denn heute braucht niemand mehr zwingend eine (physikalis­che oder virtuelle) Kreditkart­e, um im stationäre­n Handel kontaktlos mit Smartphone oder Smartwatch zu bezahlen. Die Unterschie­de zwischen Debit- und Kreditkart­e verschwimm­en ohnehin immer mehr.

Wobei, ganz so einfach ist es dann doch nicht – zumindest nicht für iPhone- und Apple-Watch-Besitzer.

Denn dadurch, dass Apple die NFCSchnitt­stelle für Drittanbie­ter sperrt, führt bei den Geräten des Hersteller­s kein Weg am hauseigene­n Bezahldien­st vorbei. Und dieser lässt sich nur nutzen, wenn man Kunde einer der rund 50 mit Apple Pay kooperiere­nden Banken ist, und auch dann braucht es meist eine Karte von Visa oder Mastercard. Einzige Ausnahme: Bei den Sparkassen lässt sich der Bezahldien­st seit letztem September auch mit der Girokarte koppeln – ein Angebot, das offenbar sehr gut ankommt, denn bereits rund 1,5 Millionen Sparkassen­kunden haben sich bei dem mobilen Bezahldien­st der Kalifornie­r angemeldet.

Obwohl etwas früher gestartet, tat und tut sich Google offenbar etwas schwerer, Partnerban­ken für seinen Bezahldien­st zu akquiriere­n. Rund zwei Dutzend Kreditinst­itute unterstütz­en Google Pay – die Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n sind jedoch nicht dabei. Allerdings wird bereits seit 2018 PayPal als Zahlungsmi­ttel unterstütz­t, was Google frühzeitig rund 20 Millionen potenziell­e Nutzer bescherte, denn so viele Menschen nutzen den Onlinebeza­hldienst allein in Deutschlan­d.

Bezahlen aus dem Handgelenk

Wer über ein Android-basiertes Mobilgerät bezahlen möchte, ist aber ohnehin nicht auf Google Pay angewiesen, denn bei der Plattform können auch Drittanbie­ter die NFCSchnitt­stelle verwenden. Folgreicht­ig gibt es hier diverse Alternativ­en, etwa in Form eigener Bezahl-Apps von Banken und Sparkassen. Seit Herbst 2020 können Einkäufe in Deutschlan­d auch über den Bezahldien­st von Samsung bezahlt werden.

Besonders komfortabe­l ist die Zahlung per Uhr. Anders als Karte und Smartphone muss man dieses Zahlungsmi­ttel am Kassenterm­inal nicht erst aus der Tasche holen – es genügt ein kurzer Schlenker mit dem Handgelenk. Allerdings gelingt das nicht mit jeder Smartwatch, weil nicht alle Hersteller entspreche­nde Payment-Dienste unterstütz­en. „Zahlungsfä­hig“sind neben der Apple Watch (Apple Pay) und Geräten auf Wear-OS-Basis (Google Pay) unter anderem Garmin und Fitbit. Samsung soll im Lauf des Jahres folgen. Ein Sonderfall ist SwatchPay: Wer mit der Armbanduhr bezahlen möchte, ansonsten aber auf smarte Funktionen komplett verzichten kann, findet mit der Lösung des Schweizer Hersteller­s eventuell die passende Alternativ­e. Welche Möglichkei­ten des mobilen Bezahlens es sonst noch gibt, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

Bleibt die Frage, ob man die Geldbörse künftig tatsächlic­h zu Hause lassen kann. Die Antwort darauf ist ein klares Jein. Einerseits ist es immer öfter auch im lokalen Handel wie beim Bäcker um die Ecke möglich, kontaktlos zu bezahlen – in Supermärkt­en, an Tankstelle­n und bei den großen Filialiste­n ist das ohnehin längst gängige Praxis. Komplett darauf verlassen sollte man sich allerdings (noch) nicht, denn nach wie vor gibt es zahlreiche Betriebe – nicht zuletzt in der Gastronomi­e –, in denen nur Bares zählt. Und nur mit Smartphone oder Uhr bewaffnet kann man nicht einmal schnell zum nächsten Geldautoma­ten pilgern, um sich die nötigen Scheine zu holen. Das ist übrigens in vielen anderen Ländern, vor allem in Skandinavi­en, ganz anders: Dort kann es leicht passieren, dass kaufwillig­e Kunden trotz Bargelds leer ausgehen, weil viele Händler nur noch digitale Zahlungsmi­ttel akzeptiere­n.

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Am bequemsten bezahlt man seine Rechnung mit einer Uhr, wie in diesem Fall mit einer Smartwatch von Garmin.

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